Leitsatz (amtlich)

Der Senat tritt dem Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs vom 19. Dezember 1949 III 39/49 S (Steuerblatt für die Hansestadt Hamburg 1950 S. 80 = Steuer und Wirtschaft 1950 Nr 42) über Rechtswirksamkeit der Vermögensteuerzahlungen im 2. Kalenderhalbjahr 1948 bei.

 

Normenkette

FDVO vom 17. Juli 1948 (WiGBl. 1948 S. 78 = StuZBl. 1948 S. 159); Gesetz des Wirtschaftsrats vom 3. Juni 1949 (WiGBl. 1949 S. 83 = StuZBl. 1949 S. 143)

 

Tatbestand

Das Finanzamt hat gemäß § 1 der Verordnungs des Direktors der Verwaltung für Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes (FDVO) über die Vermögensteuerzahlungen im zweiten Kalenderhalbjahr 1948 vom 17. Juli 1948 (Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebietes -- WiGBl. -- 1948 S. 78 = Steuer- und Zollblatt -- StuZBl. -- S. 159) in Verbindung mit dem Erlaß der Finanzbehörde vom 29. Juli 1948 die vom Beschwerdeführer (Bf.) am 10. August und 10. November 1948 zu leistenden Vermögensteuerzahlungen nach einem umgerechneten Vermögen von 60 000 DM und einem Steuersatz von 1,5 v. H. auf je 225 DM festgesetzt. Der Bf. fordert Umstellung der Vermögensteuerzahlungen für das zweite Kalenderhalbjahr 1948 auf DM nach den §§ 13 Absatz 3, 16 Absatz 1 des Dritten Gesetzes zur Neuordnung des Geldwesens (Umstellungsgesetz) im Verhältnis 10:1. Die Verordnung vom 17. Juli 1948 verstoße gegen das Umstellungsgesetz und sei aus diesem Grunde rechtsunwirksam. Im übrigen sei auch bei Unterstellung der Rechtsgültigkeit der Verordnung auf das in DM umgerechnete Vermögen nur ein Steuersatz von 1 v. H. anzuwenden statt des von den Vorbehörden zugrunde gelegten Steuersatzes von 1,5 %. Einspruch und Berufung des Bf. blieben insoweit erfolglos. Das Finanzgericht führt im wesentlichen aus: Der Einwand der Rechtsungültigkeit der Verordnung vom 17. Juli 1948 greife nicht durch. § 17 des Gesetzes des Wirtschaftsrates über die Vermögensteuerveranlagung für die Zeit ab 1. Januar 1949 und die Vermögensteuer für das zweite Kalenderhalbjahr 1948 vom 3. Juni 1949 (WiGBl. 1949 S. 83 = StuZBl. 1949 S. 143) bestimme, daß als Vermögensteuerzahlungen im zweiten Kalenderhalbjahr 1948 die Beträge zu entrichten seien, die nach der Verordnung des Direktors der Verwaltung für Finanzen vom 17. Juli 1948 und den dazu erlassenen Verwaltungsanordnungen zu leisten seien. Damit sei die umstrittene Verordnung vom 17. Juli 1948 sanktioniert. Für eine Prüfung der Rechtsgültigkeit der Verordnung sei daher kein Raum mehr. Auch habe der Oberste Finanzgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 19. Dezember 1949 III 39/49 S (Steuer und Wirtschaft -- StW -- 1950 Nr 42) ausgesprochen, daß die Zahlungen an Vermögensteuer vom 10. August und 10. November 1948 auf Grund der Verordnung vom 17. Juli 1948 sowie die Anforderungen der Finanzämter von derartigen Zahlungen nach dem Inkrafttreten des § 17 des Gesetzes des Wirtschaftsrates vom 3. Juni 1949 als rechtswirksam erfolgt anzusehen seien, selbst wenn die Verordnung des Direktors der Verwaltung für Finanzen zunächst der Rechtsgültigkeit ermangelt hätte. Ebenso könne hinsichtlich des anzuwendenden Steuersatzes dem Antrag des Bf. nicht stattgegeben werden. Dagegen spreche die Fassung des § 1 der Verordnung. Es komme hinzu, daß der Gesetzgeber im § 17 des Gesetzes vom 3. Juni 1949 gleichzeitig die zur Verordnung des Direktors der Verwaltung für Finanzen erlassenen Verwaltungsanordnungen bestätigt habe. Hierunter falle der Erlaß der Finanzbehörde über Vermögensteuerzahlungen im zweiten Kalenderhalbjahr 1948 vom 29. Juli 1948, der zum Ausdruck bringe, daß der bisherige höhere Steuersatz auch bei Unterschreitung der Staffelgrenze anzuwenden sei. Diese Anordnung sei damit auch für das Finanzgericht bindend. Inzwischen habe allerdings der Oberste Finanzgerichtshof die strittige Frage im Urteil vom 20. Januar 1950 III 8/49 S (StW 1950 Nr 46 = Finanzrundschau S. 73) anders entschieden. Dieses Urteil sei jedoch für ein Land ergangen, in dem keine entgegenstehende Anordnung erlassen worden sei, während eine solche vorliege.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.).

Sie bestreitet unter Hinweis auf Enneccerus, Lehrbuch des BGB, Bd 1 Abt. 1, § 27, Fleiner; Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts § 5, 2a, S. 73, und Anschütz-Thoma, Handbuch des deutschen Staatsrechts, Bd. 2, § 77 S. 254, daß die Verordnung vom 17. Juli 1948 und die dazu erlassenen Verwaltungsanordnungen durch § 17 des Gesetzes vom 3. Juni 1949 geheilt worden seien. Sie hält auch an der Auffassung hinsichtlich des anzuwendenden niedrigeren Steuersatzes fest.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

Der Senat tritt der Auffassung des Urteils des Obersten Finanzgerichtshofs vom 19. Dezember 1949 III 39/49 S bei, wonach die Vermögensteuerzahlungen zum 10. August und 10. November 1948 nach dem Inkrafttreten des § 17 des Gesetzes des Wirtschaftsrates vom 3. Juni 1949 als rechtswirksam erfolgt anzusehen sind, selbst wenn die Verordnung des Direktors der Verwaltung für Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes zunächst der Rechtsgültigkeit ermangelt hätte. Die Hinweise des Bf. auf die Ausführungen von Enneccerus über unvollständige Rechtssätze und von Fleiner sowie Anschütz-Thoma über Nichtigkeit fehlerhafter Verordnungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Selbst wenn der Verordnung des Direktors der Verwaltung für Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes die Rechtsgültigkeit abzusprechen wäre, sind doch ihre Bestimmungen als solche tatsächlich vorhanden und können auch durch Verweisung Bestandteile eines Gesetzes und damit rechtlich existent werden. Es war also nicht erforderlich, daß der Gesetzgeber des Gesetzes vom 3. Juni 1949 statt des Verweises die Bestimmungen der umstrittenen Verordnung selbst in das neue Gesetz aufgenommen hat. Zur Frage des Vermögensteuersatzes hat der Oberste Finanzgerichtshof in dem Urteil vom 20. Januar 1950 III 8/49 S ausgesprochen, daß bei Ermittlung der Vermögensteuerzahlungen zum 10. August und 10. November 1948 nach der Verordnung des Direktors der Verwaltung für Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, wenn das steuerpflichtige Gesamtvermögen infolge der Umrechnung nach § 2 FDVO in eine niedrigere Steuerstufe gemäß § 8 des Vermögensteuergesetzes (VermStG) i. d. F. des Artikels III des Kontrollratgesetzes (KRG) Nr 13 falle, der entsprechend niedrigere Steuersatz anzuwenden sei. Die Ausführungen des Finanzgerichts, die das Urteil im Hinblick auf das Vorliegen des Erlasses vom 29. Juli 1948 nicht für anwendbar halten, vermögen zwar nicht, den Senat zu überzeugen. Die Frage braucht aber hier nicht abschließend entschieden zu werden, da auch bei Anwendung des Urteils des Obersten Finanzgerichtshofs kein niedrigerer Steuersatz als 1,5 v. H. in Frage käme. Bei der Vermögensteuerveranlagung 1946 betrug das steuerpflichtige Gesamtvermögen 223 000 RM, der anzuwendende Steuersatz gemäß § 8 VermStG i. d. F. des Artikels III KRG Nr 13 1 1/2 %. Das nach § 2 FDVO umgerechnete Vermögen des Bf. ergibt 60 000 DM, unterliegt also gemäß § 8 a. a. O. ebenfalls dem Steuersatz von 1 1/2 %.

Hiernach war die Rb. zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 307 Absatz 1, die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes auf § 320 Absatz 1, 4 der Reichsabgabenordnung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407173

BStBl III 1951, 32

BFHE 1952, 81

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