Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer verschmelzenden Umwandlung, auf die die Vorschriften des Gesetzes über Steuererleichterungen bei der Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften vom 11. Oktober 1957 (BStBl I 1957, 468) anzuwenden sind, darf die aufnehmende Gesellschaft die VA der umgewandelten Gesellschaft als Betriebsschuld berücksichtigen, ohne in gleicher Höhe einen Geschäftswert zu aktivieren. Soweit sich aus dem Urteil I 113/59 S vom 27. Juni 1960 (BFH 71, 274, BStBl III 1960, 351) etwas anderes ergibt, hält der Senat hieran nicht fest.

2. Vergütungen an ehemalige Mitglieder des Aufsichtsrates für eine beratende Tätigkeit fallen nicht unter das Abzugsverbot des § 12 Nr. 3 KStG.

 

Normenkette

UmwStG § 4 Abs. 1, 3; KStG § 12 Nr. 3

 

Gründe

Aus den Gründen:

V.

Die Rechtsbeschwerde des FA, die als Revision zu behandeln ist, ist in dem unter I genannten Streitpunkt unbegründet.

Die rechtliche Natur des Umwandlungsvorgangs ist streitig. Man kann in der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft eine Art Tauschgeschäft sehen, bei dem die Vermögensgegenstände der Kapitalgesellschaft gegen Anteile an ihr getauscht werden (so Brönner, a. a. O., Anm. 148; Veith-Börnstein, a. a. O., Anm. 4 zu § 4 UmwStG). Nach dieser Rechtsansicht liegt in der Übernahme der Wirtschaftsgüter der umgewandelten Gesellschaft eine Anschaffung vor, so daß bei einem Minderwert der Wirtschaftsgüter der umgewandelten Gesellschaft gegenüber dem Buchwert der Anteile ein Geschäftswert entstehen kann. Das Urteil I 113/59 S (a. a. O.) geht davon aus, daß die Umwandlung kein Tausch ist, sondern "ein gesellschaftsrechtlicher Vorgang, bei dem der Gesellschafter ... seine Beteiligung zum Erlöschen bringt". Die Umwandlung soll eine Liquidation des Unternehmens verhindern und tritt daher an die Stelle einer Liquidation (so auch Flume, Die "Steuerbegünstigung" der Umwandlung, Der Betrieb 1957, S. 804 f). Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob die eine oder die andere Meinung den Vorzug verdient oder ob es sich um einen tauschähnlichen Vorgang handelt (so Böttcher-Meilicke, a. a. O., Teil III Anm. 80), wobei die Tauschähnlichkeit nur als Konstruktion zur Erleichterung der Vorgänge bei der Umwandlung zu werten ist. Die hier streitigen Vorgänge haben im UmwStG ihre Regelung gefunden.

Ist in der DM-Eröffnungsbilanz (DMEB) eine Beteiligung gemäß § 10 Abs. 2 des 1. DMBEG bzw. des § 5 Abs. 3 und des § 4 Abs. 3 des 3. DMBEG mit 100 v. H. des in der DMEB der Tochtergesellschaft ausgewiesenen Eigenkapitals angesetzt worden, so ist dieser Ansatz um den Betrag zu hoch, um den die Tochtergesellschaft ihre Vermögensabgabe-Schuld nicht passiviert hatte. Nach §§ 12, 4 Abs. 3 UmwStG ist die Vermögensabgabe-Schuld der umgewandelten Kapitalgesellschaft unabhängig von ihrem bilanzmäßigen Ausweis mit ihrem Zeitwert am Umwandlungsstichtag als Betriebsschuld zu berücksichtigen. Ist unter Passivierung der Vermögensabgabe die Summe der Buchwerte der übernommenen Wirtschaftsgüter niedriger als der Wert, mit dem die Anteile an der umgewandelten Kapitalgesellschaft nach den steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung in einer Bilanz der übernehmenden Gesellschaft auf den Umwandlungsstichtag anzusetzen wären, so ist für die Gesamtheit der übernommenen Wirtschaftsgüter dieser Wert, höchstens jedoch die Summe der Teilwerte der übernommenen Wirtschaftsgüter als Ausgangswert zugrunde zu legen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 UmwStG). Sind die Buchwerte der Umwandlungsbilanz höher als der Buchwert der schwindenden Beteiligung, so gibt § 4 Abs. 1 Satz 3 UmwStG der übernehmenden Gesellschaft ein Wahlrecht, entweder die Summe der Buchwerte der Umwandlungsbilanz bis zum Buchwert der schwindenden Beteiligung abzustocken oder einen unmittelbaren Umwandlungsgewinn auszuweisen, der nach § 5 UmwStG zu versteuern ist. Werden die Buchwerte der Umwandlungsbilanz - unter Berücksichtigung der Vermögensabgabe-Schuld - abgestockt, so wird zwar kein unmittelbarer Umwandlungsgewinn ausgewiesen. Durch das Abstocken der Buchwerte der übernommenen Wirtschaftsgüter wird jedoch der künftige Gewinn erhöht (Minderung des AfA-Volumens, Bildung stiller Reserven), so daß sich auch in diesem Fall die Umwandlung in ihrer ertragsteuerlichen Wirkung nicht endgültig erfolgsneutral vollzieht. Sind die Buchwerte der Umwandlungsbilanz niedriger als der Buchwert der schwindenden Anteilsrechte, so gebietet das Gesetz, die Summe der Buchwerte der übernommenen Wirtschaftsgüter aufzustocken. Der Senat tritt darum der Ansicht des BdF bei, daß der im Urteil I 113/59 S (a. a. O.) für die Auslegung des § 45 DMBG vertretene Standpunkt, der Gesetzgeber habe eine erfolgsneutrale Auswirkung der Umwandlung sicherstellen wollen, für die Auslegung des UmwStG nicht gilt.

Der Senat vermag aber dem BdF nicht in der Ansicht zu folgen, der durch die Passivierung der Vermögensabgabe entstehende Verlust werde dadurch ausgeglichen, daß in Höhe der Vermögensabgabe ein Geschäftswert zu aktivieren sei, der dem bei derartigen Beteiligungen in dem Wert des Eigenkapitals enthaltenen Paketzuschlag entspreche. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob der Wertansatz von solchen wesentlichen Beteiligungen stets einen Paketzuschlag enthält, denn keinesfalls könnte hierdurch ein Geschäftswert bei der Umwandlung entstehen.

Der BdF hat zutreffend darauf hingewiesen, daß der Inhalt der Begriffe "Paketzuschlag" und "Geschäftswert" nicht deckungsgleich ist. Wesen und Bedeutung von Paketzuschlag und Geschäftswert haben zwar gewisse Berührungspunkte, jedoch ist der Begriff des Geschäftswertes weiter. Während der Paketzuschlag regelmäßig die Einflußnahme auf die Geschäftsführung oder eine mehr oder weniger große Beherrschung der Gesellschaft, an der die Beteiligung besteht, wertmäßig zum Ausdruck bringen soll, verkörpert der Geschäftswert vor allem den Wert, der dem Unternehmen auf Grund seines Ansehens, des Rufes seiner Erzeugnisse und Leistungen, seiner Beziehungen zu Abnehmern und Lieferanten, seines Vertreterstabes und dergleichen zukommt. Der Geschäftswert bezieht sich danach auf den inneren Wert des Betriebes und besteht in dem Mehrwert des gesamten Unternehmens gegenüber der Summe der Teilwerte der ihm dienenden aktiven und passiven Wirtschaftsgüter. Hiernach könnte man, wenn überhaupt, aus dem Geschäftswert vielleicht einen Paketzuschlag herauskonstruieren, es dürfte aber schwer sein, den Paketzuschlag zu einem Geschäftswert zu machen, und diesem gleichzusetzen.

Auch wenn der Paketzuschlag mit dem Beherrschungsverhältnis verbundene wirtschaftliche Vorteile zum Ausdruck bringen soll und diese Vorteile nach der Umwandlung ihre Bedeutung behalten, so kann daraus ein aktivierungspflichtiger Geschäftswert nicht hergeleitet werden, weil ein Entgelt dafür nicht entrichtet worden ist (vgl. § 153 Abs. 5 AktG 1965); denn in der Umwandlung liegt kein entgeltlicher Erwerb, sondern eine Form der Kapitalrückgewähr.

Es kann aber auch nicht anerkannt werden, daß ein etwaiger Geschäftswert der Höhe der Vermögensabgabe-Schuld entsprechen könnte. Schon von der Entstehung her hat die Vermögensabgabe-Schuld nichts mit einem Geschäftswert gemeinsam; die Vermögensabgabe-Schuld verändert sich entsprechend ihrer Tilgung, während der Inhalt des Geschäftswertes unabhängig hiervon nach den oben genannten inneren Werten des Unternehmens bestimmt wird.

Die auf die aufnehmende Gesellschaft (Steuerpflichtige) übergegangene Vermögensabgabe-Schuld der GmbH ist darum nach § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwStG als Betriebsschuld zu berücksichtigen ohne Rücksicht darauf, daß sie in der Bilanz der GmbH nicht ausgewiesen war; die Aktivierung eines gleichhohen Geschäftswertes ist nicht zulässig.

Im vorliegenden Falle hat die Steuerpflichtige den Unterschied zwischen dem Buchwert der Beteiligung und dem Buchwert der Wirtschaftsgüter der aufgelösten Gesellschaft ohne Berücksichtigung eines nicht zu Buch stehenden Geschäftswertes auf die aktiven Wirtschaftsgüter anteilmäßig verteilt. Infolgedessen ist für den Ansatz eines Geschäftswertes kein Raum. Soweit sich aus dem Urteil I 113/59 S (a. a. O.) etwas anderes ergibt, hält der Senat hieran nicht fest. Wie zu verfahren ist, wenn nach Aufstockung der Aktivwerte noch ein Verlust verbleibt, insbesondere ob diese Lücke durch den Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwertes zu schließen ist (vgl. Hohrmann-Rau, a. a. O., Anm. 106), kann nicht entschieden werden, weil ein solcher Fall hier nicht vorliegt.

Die Revision des FA ist deshalb in diesem Punkt unbegründet.

VI.

Die Anschlußbeschwerde der Steuerpflichtigen, die als Anschlußrevision zu behandeln ist, ist begründet.

Das FG geht von der rechtsirrtümlichen Auffassung aus, daß sowohl die Vergütung für eine Funktion des ehemaligen Aufsichtsratsmitgliedes wie auch ein Beitrag zur Altersversorgung gleichermaßen nach § 12 Nr. 3 KStG zu behandeln seien. Nach dem Gesetz sind Vergütungen jeder Art an Mitglieder des Aufsichtsrats und dergleichen von der Abzugsfähigkeit ausgeschlossen. Da die Fassung "Vergütungen jeder Art" eine weite Auslegung gebietet, sind auch Beiträge zur Altersversorgung vom Abzug ausgeschlossen. Nicht hierunter fallen aber Vergütungen an ehemalige Aufsichtsratsmitglieder für eine beratende Tätigkeit - gleich welcher Art diese ist -. Denn nach dem Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat gehörte Dr. J. nicht mehr zu dem Personenkreis, dem die Überwachung der Geschäftsführung obliegt. Er konnte darum auch eine derartige Tätigkeit nicht mehr ausüben. Beratung und Überwachung einer Gesellschaft bzw. des Vorstandes sind unterschiedliche, voneinander abgrenzbare Funktionen, die im Hinblick auf § 12 Nr. 3 KStG unterschiedlich zu beurteilen sind. Das FG wird darum in tatsächlicher Hinsicht feststellen müssen, ob die streitige Vergütung für eine beratende Funktion gezahlt worden und daher nicht nach § 12 Nr. 3 KStG zu behandeln ist - oder als Beitrag zur Altersversorgung und damit auf Grund der Aufsichtsratstätigkeit gezahlt worden ist und infolgedessen unter das Abzugsverbot fällt.

VII.

Der Antrag des FA auf Änderung des Streitwertes und der Kostenentscheidung ist nicht begründet. Dem FA kann nicht in der Ansicht gefolgt werden, die Steuerpflichtige habe mit ihren Ausführungen vom 18. Juni 1963 die Festsetzung der Körperschaftsteuer auf 0 DM beantragt. Wenn in diesem Schriftsatz von einem "steuerlich anzuerkennenden Verlust" gesprochen wird, so ist durch die Steuererklärung und den Schriftsatz vom 18. Januar 1963 hinreichend klargestellt, daß sie keinen Einkommensbetrag von 0 DM meint, da der Passivierung der Vermögensabgabe die Aktivierung stiller Reserven gegenüberstehen soll; streitig war nur, welche stillen Reserven zu aktivieren sind. Wenn darum von diesem "Verlust" gesprochen wurde, so bezog sich dieser auf die Anerkennung der Passivierung der Vermögensabgabe; für die Berechnung des Streitwertes ist aber der sich ergebende Steuerbetrag maßgebend. Dieser ist vom FG in Übereinstimmung mit dem Antrag vom 11. September 1962 auf 103 098 DM bei der Veranlagung und 96 728 DM lt. Antrag ermittelt worden. Da die Steuer lt. Urteil 97 125 DM betrug, hatte die Steuerpflichtige mit 5 973 DM Erfolg, also zu 94/100 obgesiegt. Die Kostenentscheidung, daß die Steuerpflichtige die Kosten zu 1/20 zu tragen hat, ist darum nicht zu beanstanden, da es nicht erforderlich ist, die Kosten genau zu verteilen, das FG vielmehr einen gewissen Spielraum hat und runde Zahlen wählen darf.

 

Fundstellen

BStBl II 1969, 147

BFHE 1969, 228

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