Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Anwendbarkeit des § 9 Abs. 1 Ziff. 2 GrEStG, wenn der sogenannte Gesamtaufwand den sogenannten Vergleichsbetrag nur unwesentlich übersteigt.

 

Normenkette

GrEStG § 9 Abs. 1 Ziff. 2

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im II. Rechtsgang.

Das Finanzgericht, an das die Sache zurückverwiesen war, hat die Anwendung des § 9 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) mit der Begründung abgelehnt, daß der "Gesamtaufwand" (27.730,83 DM) entgegen der Ziff. 2 a. a. O. den "Vergleichsbetrag" (27.350,83 DM) überstiegen habe. Das reiche, sagte das Finanzgericht, aus, um eine Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 GrEStG zu versagen. Daß der Gesamtaufwand den Vergleichsbetrag nur geringfügig übersteige, lasse eine andere Entscheidung nicht zu. Das könnte nur dann der Fall sein, wenn der Beschwerdeführer (Bf.) eine genaue Ermittlung des Vergleichsbetrags aus den am Tage der Zwangsversteigerung im geringsten Gebot aufgenommenen Beträgen und bestehenbleibenden Rechten nicht hätte vornehmen können, weil z. B. der Wert eines bestehenden Nießbrauchsrechts, Wohnrechts usw. nicht bestimmt gewesen sei.

In der Rechtsbeschwerde wendet sich der Bf. gegen die Annahme des Finanzgerichts, ihm sei eine genaue Ermittlung des Vergleichsbetrags am Tage der Zwangsversteigerung möglich gewesen. Dazu seien die Schwierigkeiten der Ermittlung zu groß gewesen. Die Größe dieser Schwierigkeiten ergebe sich aus den in diesem Streitverfahren ergangenen, sich widersprechenden Entscheidungen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

Dem Finanzgericht ist darin beizutreten, daß der Gesamtaufwand den Vergleichsbetrag nur unwesentlich überschritten hat. Andererseits war aber auch angesichts der stets voneinander abweichenden Berechnungen, die in dem vorliegenden Streitverfahren aufgestellt worden sind, von dem Bf. nicht zu verlangen, daß er im Versteigerungstermin selbst eine genaue Berechnung des Vergleichsbetrags zustande brachte. Es ist demnach dem Bf. aus der geringfügigen überschreitung des Vergleichsbetrags durch den Gesamtaufwand (um 1,4 %) kein Vorwurf zu machen. Der Senat erachtet deshalb die Voraussetzung der Ziff. 2 des § 9 Abs. 1 GrEStG als erfüllt. Daß das Gesetz nicht ausnahmslos die starre Begrenzung des Gesamtaufwands auf die Höhe des Vergleichsbetrags zur Norm hat erheben wollen, geht auch aus der Begründung des Gesetzes hervor. Nach ihr (vgl. Reichssteuerblatt 1940 S. 402 rechte Spalte) war auch zur Anwendung der früheren Vergünstigungsvorschrift erforderlich, daß das Meistgebot über den Gesamtbetrag der Rechte des Erwerbers und der diesen im Rang vorgehenden Rechte nicht oder nur unerheblich hinausging; eine sachliche änderung, bemerkt die Begründung werde somit durch die neue Vorschrift nicht herbeigeführt.

Da auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, ist § 9 Abs. 1 GrEStG auf den Streitfall anzuwenden. Dabei bejaht der Senat die Frage, ob ein Rettungserwerb auch dann möglich ist, wenn der Grundpfandgläubiger selbst in seiner Eigenschaft als Miteigentümer zwecks Aufhebung der Gemeinschaft das Zwangsversteigerungsverfahren betreibt, schon im Hinblick auf die Zinsrückstände.

Hiernach war der Rechtsbeschwerde stattzugeben. Diese Entscheidung hindert nicht die Nacherhebung der Steuer nach § 9 Abs. 2 GrEStG, wenn oder sobald die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.

Der Bf. bemängelt zu Unrecht die Feststellung des Streitwerts für die Berufungsinstanz. Das Finanzamt hatte die Steuer in der Einspruchsentscheidung von 3.882,25 DM auf 2.728,60 DM herabgesetzt.

 

Fundstellen

BStBl III 1956, 94

BFHE 1956, 254

BFHE 62, 254

StRK, GrEStG:9 R 3

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