Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollwert für Datenträger mit eingespeicherter Software

 

Leitsatz (NV)

1. Bei im Jahre 1982 eingeführten Datenträgern mit eingespeicherter Software ist als Transaktionswert der vom Lieferer in Rechnung gestellte Gesamtpreis anzusehen.

2. Montagekosten können vom Zollwert nur abgezogen werden, wenn sie im Zeitpunkt der Anschreibung zum freien Verkehr getrennt von dem für die Waren tatsächlich zu zahlenden Preis ausgewiesen worden sind.

 

Normenkette

EWGV 1224/80 Art. 3 Abs. 1, 4 Buchst. a; ZG § 40 a a. F

 

Tatbestand

Gestritten wird darüber, ob Aufwendungen für bandgespeicherte Anwender-Software in den Wert einer computerunterstützten Konstruktionsanlage bzw. der Datenträger einzubeziehen sind, und über die Frage, unter welchen Voraussetzungen Montagekosten zollwertrechtlich vom Rechnungspreis abgezogen werden können.

Wegen des Sach- und Streitstandes im einzelnen wird auf den Vorlagebeschluß des Senats vom 13. Februar 1989 VII R 167, 168/85 (BFHE 156, 295) hingewiesen.

Die daraufhin ergangene Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) lautet wie folgt (Urteil vom 18. April 1991 Rs. C-79/89 Recht der Internationalen Wirtschaft / Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters 1991, 520; Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern 1991, 231, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1991, 439):

,,1. Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über den Zollwert der Waren war im Jahre 1982 dahin auszulegen, daß als Transaktionswert von eingeführten Datenträgern mit eingespeicherter Software, die der Lieferer dem Zollbeteiligten in einem Gesamtpreis in Rechnung gestellt hatte, dieser Rechnungspreis anzusehen war.

2. Zahlungen für die Montage müssen in der Zollwertanmeldung getrennt von dem für die Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis ausgewiesen sein, um nach Art. 3 Abs. 4 Buchst. a der Zollwertverordnung vom Zollwert ausgenommen werden zu können. Nach Art. 8 der Richtlinie 79/695/EWG des Rates vom 24. Juli 1979 zur Harmonisierung der Verfahren für die Überführung von Waren in den zollrechtlich freien Verkehr kann diese Anmeldung nicht mehr nach dem für die Ermittlung des Zollwerts maßgebenden Zeitpunkt, d. h. nach der zollrechtlichen Freigabe der Waren, berichtigt werden."

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) meint, der EuGH gehe in seinem Urteil von einem falschen Sachverhalt aus, weil er annehme, daß die Datenträger als solche Gegenstand eines Kaufgeschäfts gewesen seien. Dies stehe im Widerspruch zu den Feststellungen des Finanzgerichts (FG), wonach die Anwender-Software der Klägerin nur zur Nutzung überlassen worden sei. Das Vorabentscheidungsurteil des EuGH und seine Begründung ließen noch nicht den Schluß zu, daß in dem hier zu entscheidenden Fall der Wert der Anwender-Software zum Transaktionswert der Datenträger und die Montagekosten zum Transaktionswert der Maschinen gehört hätten. Das Urteil lasse Fragen zum Sachverhalt offen und sei keine ausreichende und geeignete Grundlage für ein abschließendes Urteil im Revisionsverfahren.

 

Entscheidungsgründe

1. Der Senat sieht in den Feststellungsbegehren der Klägerin keine formellen Anträge, sondern nur Ausdruck ihres Begehrens auf einen bestimmten Inhalt der Revisionsentscheidungsbegründung. Als Gegenstand eigenständiger Feststellungsklagen wären diese Begehren im übrigen unzulässig (vgl. §§ 121, 41 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Senat entnimmt den Ausführungen der Klägerin demnach, daß sie mit der Revision in der Hauptsache die Aufhebung der Vorentscheidung sowie der angefochtenen Änderungsbescheide begehrt.

2. Aufgrund der genannten Entscheidung des EuGH kommt der Senat allerdings zu dem Ergebnis, daß die Urteile des FG und die Änderungsbescheide des HZA im Ergebnis nicht zu beanstanden sind.

Der Senat ist bei der Auslegung der ZWVO 1980 an die Entscheidung des EuGH in den beiden streitigen Fragen dazu gebunden (EuGH-Urteil vom 16. März 1978 Rs. 135/77, EuGHE 1978, 855, 859, und Urteil vom 3. Februar 1977 Rs. 52/76, EuGHE 1977, 163, 183; Grabitz / Wohlfahrt, Kommentar zum EWG-Vertrag, 4. Ergänzungslieferung 1990, Art. 177 Rdnr. 70). Zwar könnte der Senat den EuGH erneut anrufen, um eine weitere Klärung herbeizuführen (vgl. EuGH-Urteil vom 10. Oktober 1978 Rs. 148/77, EuGHE 1978, 1787 i. V. m. EuGH-Urteil vom 26. April 1983 Rs. 38/82, EuGHE 1983, 1271). Dies ist jedoch nicht notwendig, weil die streitigen Rechtsfragen vom EuGH nach Auffassung des Senats eindeutig entschieden sind.

a) Es trifft nicht zu, daß der EuGH bei seiner Entscheidung von einem anderen als dem vom FG festgestellten und dem EuGH mit dem Vorlagebeschluß des erkennenden Senats unterbreiteten Sachverhalt ausgegangen ist. Zwar hat das FG festgestellt, daß der Klägerin die Anwender-Software nur zur Nutzung überlassen worden war. Es hat aber auch festgestellt, daß die Softwarenutzung nicht besonders zu vergüten, sondern durch die ,,Kauf"-Preise abgegolten war. Ferner waren der Klägerin nach den Feststellungen des FG die Einzelpreise der bestellten Gegenstände weder bei Vertragsschluß noch bei Abgabe ihrer Einzelbestellungen bekannt. Hiervon ist auch der EuGH bei Beantwortung der ersten Vorlagefrage ausgegangen.

b) Davon ausgehend spielt der ,,materielle" Wert des Datenträgers selbst keine Rolle, wenn mit diesem Software übermittelt wird. Vielmehr kommt es in einem solchen Fall nur auf den Gesamtpreis an, der für Datenträger und die darauf übermittelte Software verlangt wird; Datenträger mit Software sind insoweit - anders als auch das FG meinte - insgesamt eine Ware. Auf die Art der Software und ihre Nutzung kommt es nach der eindeutigen Entscheidung des EuGH (Tz. 22 der Urteilsgründe) für die Ermittlung des Transaktionswerts nicht an. Der Wert der Software ist als Bestandteil des Zollwerts der eingeführten Ware anzusehen (a. a. O., Tz. 21 Satz 3). Deshalb braucht der Senat seinen im Vorlagebeschluß zum Ausdruck gebrachten Zweifeln hinsichtlich der Feststellung von Preisen für Magnetbänder mit eingespeicherter Software nicht weiter nachzugehen, weil es nach der Entscheidung des EuGH ohnehin nur auf den Gesamtpreis für Datenträger und Software ankommt. Das HZA hat demnach zu Recht die Kürzung des Transaktionswerts um den angeblichen Wert für die Anwender-Software verweigert und den in den Rechnungen angegebenen Gesamtpreis - gekürzt um die inländischen Beförderungskosten - zugrunde gelegt. Die Änderungsbescheide des HZA sind insoweit rechtsfehlerfrei.

Der Senat brauchte nicht zu prüfen, ob im Fall der Einfuhr von Hardware und Datenträgern mit Software die Datenträger derselben Tarifstelle hätten zugeordnet werden müssen wie im Fall der Einfuhr - lediglich - von Datenträgern mit Software. Wäre dies nämlich der Fall, so wäre der Zollsatz 6,6 % statt der berechneten 6,2 % gewesen, die Klägerin also ungünstiger gestellt. Der Berücksichtigung dieses Umstandes steht das ,,Verböserungsverbot" im finanzgerichtlichen Verfahren entgegen (vgl. dazu Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18. Dezember 1970 VI R 313/68, BFHE 102, 202, BStBl II 1971, 591; Gräber / von Groll, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 96 Rn. 5).

c) Das HZA hat im übrigen auch zu Recht den Transaktionswert nach Art. 3 der ZWVO 1980 nicht um die erst im Einspruchsverfahren geltend gemachten Montagekosten vermindert. In Übereinstimmung mit der Vorabentscheidung des EuGH, wonach die Zahlungen für die Montage in der Zollwertanmeldung getrennt von dem für die Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis ausgewiesen sein müssen, um vom Zollwert ausgenommen werden zu können (Tz. 35 der Urteilsgründe), ist das HZA davon ausgegangen, daß die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt hat, weil sie die Montagekosten nicht getrennt angemeldet hat. Die stillschweigende Reduzierung des Gesamtrechnungspreises um die Montagekosten ist nicht als getrennte Anmeldung in diesem Sinne anzusehen. Während das FG es dahingestellt sein ließ, ob erst im Einspruchsverfahren nachgereichte Unterlagen noch geeignet sind, den getrennten Ausweis der Montagekosten darzutun, hat der EuGH hierzu eindeutig Stellung genommen. Danach kann die Zollwertanmeldung nach dem für die Ermittlung des Zollwerts maßgebenden Zeitpunkt, d. h. nach der Anschreibung der Waren zum freien Verkehr (§ 40 a des Zollgesetzes in der damals geltenden Fassung), nicht mehr berichtigt werden (Tz. 29 der Urteilsgründe). Auf die abzuziehenden Montagekosten hätte ausdrücklich in der Anschreibung hingewiesen werden müssen, selbst wenn die dafür erforderlichen Unterlagen noch nicht vorlagen (Tz. 30, 31 der Urteilsgründe). Dies ist aber nicht geschehen. Das HZA hat es daher im Ergebnis zu Recht abgelehnt, die erst im Einspruchsverfahren getrennt geltend gemachten Montagekosten bei der Berechnung des Transaktionswerts zu berücksichtigen. Auch insofern ist daher der Änderungsbescheid des HZA nicht zu beanstanden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418058

BFH/NV 1992, 352

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