Leitsatz (amtlich)

1. Ein an einem einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren Beteiligter ist auch dann beschwert, wenn die von ihm erstrebte Herabsetzung des Gesamtgewinns zwangsläufig zugleich zu einer Erhöhung des auf ihn entfallenden Gewinnanteils führt.

2. Hält das FG im Fall der Nr. 1 die gegen die Höhe des festgestellten Gesamtgewinns erhobene Klage für unbegründet, so darf es, auch wenn nach seiner Auffassung der auf den Kläger entfallende Gewinnanteil zu niedrig festgestellt ist, wegen seiner Bindung an das Klagebegehren und aufgrund des Verböserungsverbots nicht den Gewinnanteil des Klägers erhöhen, sondern nur die Klage abweisen.

2. Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör greift nicht durch, sofern es ein Beteiligter trotz gegebener Möglichkeit unferlassen hat, den Verstoß bereits beim FG zu beanstanden (Anschluß an den BFH-Beschluß V B 29/67 vom 5. Oktober 1967, BFH 90, 452, BStBl II 1968, 179).

 

Normenkette

FGO § 40 Abs. 2, § 96 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, § 119 Nr. 3; AO §§ 215-216; GG Art. 20 Abs. 3, Art. 103 Abs. 1

 

Tatbestand

Laut Gesellschaftsvertrag waren im Streitjahr 1956 an der KG X die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1. (Steuerpflichtige - A -) als Komplementärin zu 73,5 % und ihre Mutter B als Kommanditistin zu 26,5 % beteiligt, während der Ehemann der Steuerpflichtigen C zum alleinigen Geschäftsführer bestellt war mit dem Recht zum Eintritt als Kommanditist; für diesen (nicht eingetretenen) Fall sollte sich an der ihm "daneben zustehenden Geschäftsführervergütung" nichts ändern. Mit dem ebenfalls abgeschlossenen notariellen Vertrag hatten die im gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung des Mannes lebenden Eheleute A-C vereinbart, daß der Ehemann "als Entgelt für die Führung der Verwaltung" der zum eingebrachten Gut seiner Frau gehörenden Beteiligung an der KG 2/3 vom darauf entfallenden Reingewinn erhalten und das restliche Drittel Vorbehaltsgut der Steuerpflichtigen bleiben solle. Der Ehemann machte nach Bedarf Entnahmen über die in der Buchführung der KG geführten Konten "sonstige kurzfristige Forderungen C" und "Privatkonto A". Erstmals zum Jahresende 1955 wurden 60 000 DM als "Vorabgehalt C", abgeschlossen über das Konto der Steuerpflichtigen, zu Lasten des betrieblichen Aufwands nachgebucht. 1956 wurde der gleiche Betrag einem neu errichteten "Separatkonto" gutgeschrieben; in diesem Jahre betrugen die "Entnahmen" insgesamt 86 915,38 DM.

Nachdem die Steuerpflichtige im Jahre 1958 ihren Ehemann als Geschäftsführer entlassen und die KG als Alleininhaberin übernommen hatte, erklärte sie in einem außergerichtlichen Vergleichsverfahren gegenüber einem Gutachter zu den Entnahmen ihres Ehemannes, "daß weder sie ... noch ihre am 10. Dezember 1957 verstorbene Mutter ... in irgendeiner Form von einer ... Gehaltsvergütung und des weiteren von der benannten Handhabung irgendetwas gewußt, geschweige denn diese veranlaßt oder genehmigt habe". Aufgrund eines Schiedsspruches erhielt der Ehemann von der Steuerpflichtigen zur Abgeltung aller Ansprüche, auch im Verhältnis zur KG, 326 000 DM und alle auf seinen Namen lautenden Sparguthaben und Wertpapierdepots.

Im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren 1956 rechnete das FA den auf 143 493 DM festgestellten Gewinn der KG zunächst den Gesellschafterinnen zu und erkannte ein Arbeitsverhältnis mit dem Ehemann nicht an. Nachdem die Steuerpflichtige den hiergegen eingelegten Einspruch zurückgenommen hatte, berichtigte das FA aufgrund einer Betriebsprüfung die Gewinnfeststellung dahin, daß es den auf die Steuerpflichtige entfallenden Gewinnanteil von 120 381 DM aufgrund des Ehevertrages von 1951 zu 2/3 dem Ehemann zurechnete.

Der zunächst der KG zugestellte Gewinnfeststellungsbescheid wurde vom FG aufgehoben, da zum Zeitpunkt der Zustellung die KG nicht mehr existent gewesen sei (Hinweis auf die Entscheidung des BFH IV 429, 430/61 vom 5. Dezember 1963, HFR 1964, 170). Daraufhin stellte das FA den berichtigten Bescheid der Steuerpflichtigen als früheren Komplementärin und sämtlichen Erben der Kommanditistin zu.

Mit der vom FG als Klage behandelten Sprungberufung beantragte die Steuerpflichtige, den Gewinn für 1956 einheitlich auf 83 493 DM festzustellen und hiervon einen Anteil von 60 381 DM ihr sowie einen weiteren Anteil von 23 112 DM den Erben ihrer Mutter zuzurechnen. Denn ihr Ehemann hätte nicht als Mitunternehmer, sondern aufgrund des ernsthaft vereinbarten und durchgeführten Arbeitsverhältnisses als Arbeitnehmer behandelt werden müssen. Das FG, dessen Entscheidung in DStZ, B (Eildienst) 1969, 105, veröffentlicht ist, hielt die Klage im wesentlichen für unbegründet. Seine Entscheidung lautet im Tenor: "Der berichtigte Feststellungsbescheid für 1956 vom 16. März 1965 wird dahin abgeändert, daß von dem Gesamtgewinn aus Gewerbebetrieb von 143 493 DM ein Anteil von 120 381 DM auf Frau A und ein Anteil von 23 112 DM auf die Erben nach Frau B entfallen." Das FG lehnte die begehrte Herabsetzung des Gesamtgewinns ab, weil das Arbeitsverhältnis steuerlich nicht anerkannt werden könne. Die Zurechnung der Gewinnanteile sei nach § 100 Abs. 2 FGO zu ändern, weil der Ehemann an der KG nicht als Mitunternehmer oder Unterbeteiligter (vgl. BFH-Entscheidung IV R 5/67 vom 4. April 1968, BFH 92, 465, BStBl II 1968, 669) beteiligt gewesen sei.

Mit der Revision der Steuerpflichtigen wird in erster Linie Verletzung formellen Bundesrechts, hilfsweise auch materiellen Rechts gerügt. Die Revision sieht in der Änderung des Feststellungsbescheides durch die Vorinstanz eine gegen § 96 FGO in Verbindung mit Art. 20 GG verstoßende Verböserung. Zudem sei eine Verletzung rechtlichen Gehörs dadurch gegeben, daß die Vorinstanz es versäumt habe, die schriftliche Stellungnahme des FA zur Klage der Steuerpflichtigen zu übersenden. Am 20. April 1965 habe das FA mitgeteilt, daß die betreffenden Steuerakten mit einer Stellungnahme an das FG abgegeben worden seien. Ferner liege ein schwerer Verfahrensmangel darin, daß die Vorinstanz den bisher dem Ehemann zugerechneten Gewinnanteil ohne Anhörung der Beteiligten allein der Steuerpflichtigen zugerechnet habe.

Die Revisionskläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA bittet, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Der BdF hat zum Revisionsverfahren gemäß § 122 Abs. 2 FGO seinen Beitritt erklärt und zur Frage der Verböserung im wesentlichen ausgeführt: Das auf Art. 19 Abs. 4 GG und dem Grundsatz der Gewaltentrennung beruhende Verböserungsverbot besage, daß der angefochtene Verwaltungsakt nicht zum Nachteil des Klägers geändert werden dürfe. Eine Schlechterstellung des Steuerpflichtigen gegenüber der Klageabweisung als Folge der Klage sei deshalb unzulässig. Im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren könne zum einen die Höhe des zu verteilenden Gesamtbetrages und damit auch die Höhe der einzelnen Gewinnanteile, zum anderen auch nur die Aufteilung des festgestellten Gesamtgewinns angegriffen werden. Im letzteren Fall trete für den einzelnen Beteiligten eine unzulässige Verböserung schon dann ein, wenn dessen Anteil vom Gericht als Folge der Klage heraufgesetzt werde. Im vorliegenden Fall habe die Steuerpflichtige mit der Klage eine Erhöhung des eigenen Gewinnanteils nur dann begehrt, wenn das FG den Gesamtgewinn, wie beantragt, herabgesetzt hätte. Die Vorinstanz habe mithin das Verböserungsverbot verletzt.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist zulässig.

Die Steuerpflichtige wird durch die Vorentscheidung jedenfalls insoweit beschwert, als ihr Gewinnanteil über ihr Klagebegehren hinaus auf 120 381 DM festgesetzt wurde. Auch ihre Klage war zulässig. Klägerin ist die Steuerpflichtige, nicht die KG, die erloschen ist, wie die Vorinstanz mit rechtskräftigem Urteil ausgesprochen hat. Die Steuerpflichtige ist durch den auch gegen sie gerichteten Bescheid beschwert, weil der einheitliche Gewinn auf 143 493 DM und ihr Anteil hieran auf 40 127 DM festgesetzt wurde. Ist der Gesamtgewinn zu hoch festgestellt, so kommt eine Rechtsverletzung nach § 40 Abs. 2 FGO auch in Betracht, wenn die begehrte Herabsetzung des Gesamtgewinns eine Erhöhung des der Steuerpflichtigen zuzurechnenden Gewinnanteils mit sich bringt. Ebenso wie die KG durch die Feststellung eines zu hohen Gesamtgewinns beschwert wird, muß dies auch für die früheren Gesellschafter der KG gelten, die in ihrer Gesamtheit die Personengesellschaft bildeten, dies jedenfalls dann, wenn es sich um einen Feststellungsbescheid handelt, der einen Zeitraum betrifft, in dem die KG noch bestanden hat. Im übrigen liegt bei der Steuerpflichtigen ein Rechtsschutzbedürfnis auch deshalb vor, weil sie mit der Klage zugleich eine Verminderung der Zahl der am einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsverfahren Beteiligten, zu denen nach ihrem Vorbringen der Ehemann nicht gehört, erstrebt. In solchen Fällen ist mit dem Klagebegehren notwendig eine Erhöhung des klägerischen Gewinnanteils verbunden, die das Rechtsschutzinteresse nicht ausschließt.

Die Revision ist auch begründet.

Das FG hat den Gewinnanteil der Steuerpflichtigen von 40 127 DM auf 120 381 DM erhöht. Das war unzulässig.

Auch im Finanzprozeß ist das Gericht an das Klagebegehren in mehrfacher Weise gebunden. Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO darf das FG über das Klagebegehren nicht hinausgehen. Damit ist ihm verboten, dem Kläger mehr zuzusprechen, als er mit der Klage beantragt hat (vgl. Entscheidung des BFH Gr.S. 3/68 vom 16. Dezember 1968, BFH 94, 436 [439, 440], BStBl II 1969, 192; Ziemer-Birkholz, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl. 1970, § 96 Rdnr. 49). Ebensowenig ist das Gericht unter der Herrschaft der FGO befugt, den Kläger über die Abweisung seiner Klage hinaus schlechterzustellen als im angefochtenen Bescheid; ständige Rechtsprechung (vgl. V 200/63 vom 21. April 1966, BFH 86, 178 [180, 181], BStBl III 1966, 415; Gr.S. 1/66 vom 17. Juli 1967, a. a. O.; VI R 292/67 vom 23. Februar 1968, BFH 91, 523 [524], 525, BStBl II 1968, 415; VI R 52/67 vom 22. November 1968, BFH 94, 310 [311], BStBl II 1969, 169). Ferner ist es unzulässig, über etwas anderes als das vom Kläger Begehrte zu erkennen (vgl. v. Wallis-List in Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 96 FGO, Rdnr. 60). Gegen ihre Bindung an das Klagebegehren hat die Vorinstanz in zweifacher Hinsicht verstoßen, indem sie über einen anderen als den von der Steuerpflichtigen durch ihre Klage begrenzten Streitgegenstand befunden und außerdem die Steuerpflichtige zugleich schlechtergestellt hat, als wenn ihre Klage abgewiesen worden wäre.

Entsprechend der durch den Großen Senat zu Klagen gegen einen Steuerbescheid gegebenen Begriffsbestimmung des Streitgegenstands (Gr.S. 1/66 vom 17. Juli 1967, BFH 91, 393, BStBl II 1968, 344) ist Streitgegenstand bei Klagen gegen einen einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheid dessen Rechtmäßigkeit (vgl. Entscheidungen IV R 222/66 vom 20. Juni 1968, BFH 93, 365, BStBl II 1968, 804; IV R 209/67 vom 6. November 1969, BFH 97, 407, BStBl II 1970, 188). Wie der BdF zutreffend ausführt, ist hierbei die Feststellung des Gesamtgewinns zu unterscheiden von der Verteilung des Gewinns auf die einzelnen Beteiligten. Es kann mit der Klage angegriffen werden sowohl die Höhe des festgestellten Gesamtgewinns - und damit auch die Höhe der einzelnen Gewinnanteile - als auch lediglich die Gewinnzurechnung im einzelnen. In welcher Hinsicht der Feststellungsbescheid angegriffen werden soll, ergibt sich aus dem Klagebegehren. Die Steuerpflichtige hat mit der Klage Herabsetzung des festgestellten Gesamtgewinns von 143 493 DM auf 83 493 DM beantragt. Eine Änderung der Gewinnverteilung hat sie nach Wortlaut und Sinn ihres Antrags allein für den Fall erstrebt, daß das Gericht ihrem auf Minderung des Gesamtgewinns zielenden Begehren stattgeben würde. Denn nur für diesen Fall kam die von ihr in Kauf genommene Erhöhung des eigenen Gewinnanteils in Betracht. Eine andere Auslegung ihres Klagebegehrens widerspäche auch, worauf der BdF richtig hinweist, wegen der damit verbundenen steuerlichen Mehrbelastung den Interessen der Steuerpflichtigen und ihres Ehemannes.

Die vom FG verletzte Bindung an das Klagebegehren rechtfertigt sich nicht etwa aus § 100 Abs. 2 Satz 1 FGO. Wenn das Gericht nach dieser Vorschrift bei einer gegen einen der in § 229 AO bezeichneten Verwaltungsakte gerichteten Klage einen anderen Betrag festsetzen kann, so wird damit lediglich die Frage geregelt, welchen Inhalt die Entscheidung in den durch den Streitgegenstand gesetzten Grenzen haben kann, nicht dagegen der Umfang des Streitgegenstandes selbst (vgl. Barske-Woerner, Finanzgerichtsordnung, 1966, S. 55).

Der Auffassung, daß sich das Verböserungsverbot im Gewinnfeststellungsverfahren nur auf den Gesamtgewinn beziehe (so das FG Düsseldorf in der Entscheidung VII 819-820/66 F vom 10. Oktober 1969, EFG 1970, 22; Ziemer-Birkholz, a. a. O., § 100, Rdnr. 103 a; wohl auch Mayr, BB 1968, 1318), vermag der Senat nicht zu folgen. Wird für den an der Gewinnfeststellung Beteiligten der ihm zugerechnete Gewinn infolge seiner Klage vom Gericht höher als im Feststellungsbescheid des FA festgestellt, so verstößt solche Schlechterstellung gegen das Verböserungsverbot, weil dieses entsprechend der Art. 19 Abs. 4 GG zugrunde liegenden Auffassung vom Verhältnis des Bürgers zum Staat vom Rechtsschutzbegehren her zu interpretieren ist. Ist dem Steuerpflichtigen ein Rechtsschutzinteresse für eine auf Änderung der festgestellten Gewinnverteilung gerichtete Klage zuzubilligen, so muß auch das aus dem Grundsatz der Gewaltentrennung und dem Rechtsschutzgedanken entwickelte allgemein geltende Verbot der sogenannten reformatio in peius Platz greifen. Bei gesonderten Feststellungsbescheiden schließt mithin das Verbot, den angefochtenen Verwaltungsakt zum Nachteil des Klägers zu ändern, die Änderung der Besteuerungsgrundlage aus (Koch, Handbuch für den steuerlichen Rechtsschutz, 2. Aufl., 1970, S. 86 Tz. 249). Besteuerungsgrundlage ist nicht nur der festgestellte Gesamtgewinn, sondern auch dessen Zurechnung auf die einzelnen Beteiligten. Der Senat schließt sich der Auffassung des BdF an, daß das Verböserungsverbot den Kläger vor etwaigen nachteiligen Folgen der eigenen Klageerhebung schützen soll. Der Senat neigt allerdings auch zu der Annahme, daß das Verböserungsverbot nicht eingreift, wenn die für den Kläger nachteilige Folge nicht auf seiner Klageerhebung beruht. Diese Frage bedarf jedoch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil hier die Verböserung Folge der Klage der Steuerpflichtigen gewesen ist.

Die Verfahrensrüge der Verletzung des Verbots der reformatio in peius ist mithin begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils insoweit, als es den angefochtenen Bescheid geändert hat. Im übrigen tritt der Senat der Vorentscheidung bei.

Die von der Steuerpflichtigen beantragte Zurückverweisung war nicht auszusprechen. Der BFH kann gemäß § 126 Abs. 3 FGO nach seinem Ermessen in der Sache selbst entscheiden oder das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen. Er ist also an das Revisionsbegehren insoweit nicht gebunden. Wenn eine Sache spruchreif ist, so muß er im Zweifel darüber entscheiden (BFH-Entscheidung IV 413/60 S vom 18. März 1964, BFH 79, 497, BStBl III 1964, 413; v. Wallis-List, a. a. O., § 126 Rdnr. 12; Ziemer-Birkholz, a. a. O., § 126 Rdnr. 13). Die Sache ist spruchreif, da die weiteren Revisionsrügen unbegründet sind.

Die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das FG greift schon deshalb nicht durch, weil es die Steuerpflichtige trotz gegebener Möglichkeit unterlassen hat, den angeblichen Verfahrensverstoß schon beim FG zu beanstanden. Wie der V. Senat in dem Beschluß V B 29/67 vom 5. Oktober 1967 (BFH 90, 452, BStBl II 1968, 179) im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt hat, ist diese Rüge ohne Angaben zur Frage der Beanstandung in der Vorinstanz gemäß § 120 Abs. 2 FGO prozessual unzureichend erhoben, weil alsdann gemäß §§ 155 FGO, 295 ZPO der Verzicht auf ihre Erhebung unterstellt wird. Nach dem eigenen Vorbringen der Steuerpflichtigen hat das FA mit Schreiben vom 20. April 1965 ihren Prozeßbevollmächtigten mitgeteilt, daß es die den Streitfall betreffenden Steuerakten mit einer Stellungnahme dem FG vorgelegt habe. Hat das FG die Übermittlung dieser Stellungnahme an die Steuerpflichtige versäumt, so wäre es zuvorderst Sache der Steuerpflichtigen gewesen, das FG hierauf rechtzeitig hinzuweisen. Als Prozeßbeteiligte hatte auch sie die Pflicht zur Mitwirkung an der Erarbeitung einer gerechten und alsbaldigen Entscheidung, so daß sie den mit der Revision gerügten Verfahrensmangel spätestens bei der mündlichen Verhandlung vor dem FG am 16. Oktober 1968 hätte geltend machen müssen. Im übrigen liegt eine Versagung rechtlichen Gehörs auch der Sache nach nicht vor, weil die Vorinstanz ihrer Entscheidung keine Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt hat, zu denen sich die Steuerpflichtige nicht hätte äußern können. Denn das FA hat mit seiner Stellungnahme lediglich auf die Stellungnahme in dem beim selben FG mit denselben Beteiligten anhängigen Rechtsstreit Bezug genommen. Da diese letztere Stellungnahme ausweislich der Akten der Steuerpflichtigen bereits bekannt war, ist nicht ersichtlich, inwiefern ihre prozessuale Stellung in dem vorliegenden Prozeß durch die unterlassene Übersendung der Äußerung des FA beeinträchtigt worden sein könnte. Entgegen der Ansicht der Steuerpflichtigen war das FG nicht gehalten, ihr seine aus dem unstreitigen Sachverhalt gewonnene Rechtsansicht vor der Urteilsverkündung zu offenbaren. Das rechtliche Gehör bezieht sich nach § 96 Abs. 2 FGO grundsätzlich nur auf Tatsachen und Beweismittel, nicht auf Rechtsausführungen (BFH-Urteil II 73/63 vom 20. Juni 1967, BFH 90, 82, BStBl III 1967, 794; Ziemer-Birkholz, a. a. O., § 96 Rdnr. 58). Daß der Vorsitzende der Vorinstanz seine Pflicht, die Streitsache in der mündlichen Verhandlung auch in rechtlicher Hinsicht mit den Beteiligten zu erörtern (§ 93 Abs. 1 FGO), verletzt habe, läßt weder der Revisionsvortrag noch das Sitzungsprotokoll erkennen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69501

BStBl II 1971, 591

BFHE 1971, 202

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