Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Senat hält an der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs fest, daß die Grundsätze des Urteils VI A 712/30 vom 4. Februar 1931, Slg. Bd. 28 S. 95, über Baukostenzuschüsse entsprechend anzuwenden sind, wenn der Pächter im gemeinschaftlichen Interesse von Verpächter und Pächter ein Gebäude errichtet, wobei er seine Aufwendungen ratenweise auf die Pachtzahlungen innerhalb einer gewissen Zeit verrechnen kann (Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 375/38 vom 22. Juni 1938, Slg. Bd. 44 S. 274).

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 3 Ziff. 6, §§ 11, 21

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sich ein Einfamilienhaus befunden hat, das im Kriege zerstört worden ist. Mit Vertrag vom 21. Oktober 1947, der als Pachtvertrag bezeichnet wird, hat er dieses Grundstück unkündbar auf die Dauer von 10 Jahren bis zum 1. Juni 1958 einem Dritten überlassen. Letzterer baute das Einfamilienhaus vertragsmäßig wieder auf. Er braucht dafür für die ersten fünf Jahre des Vertrages keine, für die letzten fünf Jahre nur die Hälfte der ortsüblichen Pacht zu zahlen. Streitig ist, ob dem Bf. für die Jahre II/1948, 1949 und 1950 aus diesem Vertrag in Anrechnung auf die Baukosten Pacht- (Miet-) Einnahmen zugeflossen sind. Das Finanzamt bejahte dies. Es errechnete mit Rücksicht darauf, daß der Pächter auch Aufwendungen gemacht hat, die für den Bf. keinen Wert haben, die Pachteinnahmen aus dem gemeinen Wert des wiederaufgebauten Hauses, den es mit 20.000 DM annahm. Bei Verteilung dieses Betrages auf 10 3/4 Jahre kam es zu einem Betrag von jährlich 1.860 DM, für II/1948 die Hälfte davon = 930 DM.

Der Bf. war der Auffassung, daß ihm der Wert des Hauses erst bei der Beendigung der Pacht zugeflossen sei und stützte sich hierfür auf die Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 1050/33 vom 12. Dezember 1934 (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1935 S. 868). Die Berufung war nur teilweise von Erfolg. Das Finanzgericht begründete seine Entscheidung wie folgt:

Der Bf. sei wirtschaftlicher Eigentümer des neu errichteten Hauses geworden. Der Pachtvertrag gehe nicht nur über den Grund und Boden, sondern über das Einfamilienhaus. Der Pächter habe lediglich die Aufbaukosten vorgestreckt, um sie dann nach näherer Vertragsbestimmung mit der Pacht zu verrechnen. Genau genommen hätte der Bf. den Wert des Hauses schon mit seiner Errichtung voll zu versteuern gehabt. In diesem Zeitpunkt sei ihm der Wert im Sinne des § 11 des Einkommensteuergesetzes bereits zugeflossen. Das Finanzgericht sehe aber keine Veranlassung, die Verteilung auf die mutmaßliche Pachtdauer zu beanstanden. Das Finanzamt habe lediglich übersehen, daß dem Bf. als dem wirtschaftlichen Eigentümer die Absetzungen für Abnutzung an dem Hause zustünden. Das Finanzgericht schätze sie auf jährlich 1 % von 20.000 DM. Um diese Beträge seien die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu kürzen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) ist unbegründet.

Nach der Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 375/38 vom 22. Juni 1938 (Slg. Bd. 44 S. 274, RStBl. 1938 S. 879) sind die Grundsätze des Urteils VI A 712/30 vom 4. Februar 1931 (Slg. Bd. 28 S. 95, RStBl. 1931 S. 275) über Baukostenzuschüsse entsprechend anzuwenden, wenn der Pächter im gemeinschaftlichen Interesse von Verpächter und Pächter ein Gebäude errichtet, wobei er seine Aufwendungen ratenweise auf die Pachtzahlungen innerhalb einer gewissen Zeit verrechnen kann. Die Rechtsauffassung des Finanzgerichts entspricht den Grundsätzen dieser Entscheidung. Die Wiedererrichtung des Hauses wurde auch im Interesse des Bf. vorgenommen. Da er selbst die Gelder für den Wiederaufbau nicht zur Verfügung stellen konnte oder wollte, wurde der Wiederaufbau in der Weise finanziert, daß diese Kosten zunächst der Pächter übernahm. Wirtschaftlich liegt der Vorgang nicht anders wie bei Baukostenzuschüssen. Die Beträge wurden nur nicht über den Bf. geleitet, sondern gingen direkt an die Bauunternehmer. Es müssen die Grundsätze der Entscheidung des Reichsfinanzhofs vom 4. Februar 1931 angewandt werden, die in den Vorleistungen des Pächters ein unverzinsliches Darlehen sehen, das in Form der auf die einzelnen Miet- und Pachtjahre entfallenden anteiligen Miet- und Pachtbeträge getilgt wird. Wenn auch zahlenmäßig im Streitfall eine Pacht (Miete) nicht festgelegt ist, so wird sie doch wirtschaftlich durch die Höhe der Baukosten und die Zeit für die sogenannte "Pachtfreiheit" bestimmt.

Die Rb. muß deshalb als unbegründet zurückgewiesen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407778

BStBl III 1953, 317

BFHE 1954, 66

BFHE 58, 66

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