Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Verwendet ein Kraftfahrzeughändler an Stelle des ihm zugeteilten und versteuerten roten Kennzeichens bei der Probe- oder überführungsfahrt eines Kraftfahrzeugs ein von ihm selbst beschafftes Schild mit der gleichen Nummer in roter Farbe, das nicht mit dem Dienststempel der Zulassungsbehörde versehen ist, so wird das Kraftfahrzeug auch dann widerrechtlich benutzt, wenn zur Zeit der Benutzung das dem Händler zugeteilte rote Kennzeichen nicht anderweitig zu einer Probe- oder überführungsfahrt verwendet wird.

 

Normenkette

KraftStG § 1 Abs. 2, § 1/1/3

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) ein Kraftfahrzeughändler, hatte für die Zeit ab 22. September 1952 für Probe- oder überführungsfahrten ein rotes Kennzeichenpaar von der Zulassungsstelle zugeteilt erhalten. Für diese Zuteilung hatte er die Kraftfahrzeugsteuer bis 20. März 1957 entrichtet. Nach der Feststellung der Vorinstanzen hat er in der Zeit vom 1. Mai 1956 bis zum 2. Februar 1957 Kraftfahrzeuge zu Probe- oder überführungsfahrten benutzt, wobei er nicht das ihm zugeteilte rote Kennzeichenpaar, sondern ein anderes, mit der gleichen roten Nummer versehenes Schilderpaar verwendete, das er sich selbst von einer Herstellungsfirma beschafft hatte, das also nicht den Dienststempel der Zulassungsstelle trug, und für das er auch keine Steuer entrichtet hat. Das Finanzamt forderte hierfür Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 1. Mai 1956 bis zum 5. Februar 1957 in Höhe von 297,25 DM.

Der gegen die Steuerfestsetzung eingelegte Einspruch des Bf. wurde damit begründet, daß dem Bf. das zugeteilte rote Kennzeichenpaar vorübergehend abhanden gekommen sei, der Bf. habe sich dann ein anderes Schilderpaar beschafft, das er mit der gleichen Nummer habe versehen lassen. Später habe sich das abhanden gekommene Kennzeichenpaar wiedereingefunden, er habe jedoch jeweils nur eines der beiden Schilderpaare benutzt. Das Finanzamt stellte fest, daß der Bf. Kraftfahrzeuge unter Verwendung des von ihm selbst beschafften Schilderpaares nur im Mai / Juni 1956 und am 2. Februar 1957 - an diesem Tage habe sich das ihm zugeteilte rote Kennzeichen zwecks Umtausches bei der Zulassungsbehörde befunden - benutzt habe. Es setzte daher in der Einspruchsentscheidung die Steuer anderweitig auf 91,80 DM (= 2 x je 45,90 DM) fest, wobei es davon ausging, daß die unter Verwendung des vom Bf. selbst beschafften Schilderpaares benutzten Kraftfahrzeuge einen Hubraum von 1200 ccm gehabt hätten. Im übrigen aber wies es den Einspruch als unbegründet zurück, da die Benutzung von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen widerrechtlich sei, wenn das Kraftfahrzeug bei der Benutzung nicht mit dem vorgeschriebenen von der Zulassungsstelle abgestempelten Kennzeichen versehen ist.

Das Finanzgericht wies die Berufung als unbegründet zurück.

 

Entscheidungsgründe

Auch der Rechtsbeschwerde (Rb.) muß der Erfolg versagt bleiben.

Unstreitig ist, daß der Bf. ein von ihm selbst beschafftes Schilderpaar, das keinen Dienststempel der Zulassungsbehörde trug, mindestens zweimal zu Probe- oder überführungsfahrten verwendet hat. Unstreitig ist ferner, daß die dabei benutzten Kraftfahrzeuge nicht zugelassen und nicht versteuert waren. Nach § 1 Abs. 2 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1955 unterliegt der Kraftfahrzeugsteuer die widerrechtliche Benutzung eines Kraftfahrzeugs auf öffentlichen Straßen. Die Entscheidung im Streitfalle hängt also davon ab, ob die Benutzung der in Betracht kommenden nicht zugelassenen und nicht versteuert gewesenen Kraftfahrzeuge eine widerrechtliche im Sinne dieser Vorschrift war.

Dies ist zu bejahen. Nach § 28 Abs. 2 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) müssen auf Probefahrten oder überführungsfahrten an den Fahrzeugen rote Kennzeichen geführt werden, die nach § 28 Abs. 4 StVZO von der Zulassungsstelle auszugeben sind. Für diese Kennzeichen während der Probefahrten oder überführungsfahrten gelten nach § 28 Abs. 3 StVZO die Bestimmungen für allgemeine Kennzeichen entsprechend. Nach dem hiernach entsprechend anzuwendenden § 23 Abs. 4 StVZO müssen amtliche Kennzeichen mit dem Dienststempel der Zulassungsstelle oder einer von ihr beauftragten Behörde versehen sein. Diesem Dienststempel ist eine besondere Bedeutung beizumessen. Erst mit der Abstempelung wird das eine bestimmte Nummer tragende Blechschild eine öffentliche Urkunde (vgl. Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Bd. 72 S. 369), also zu dem roten Kennzeichen, mit dem allein nach § 28 StVZO ein nicht zugelassenes Kraftfahrzeug zu einer Probefahrt oder einer überführungsfahrt benutzt werden darf. Vor der Abstempelung ist nur ein - um den Ausdruck des Bf. zu gebrauchen - Stück Blech gegeben, das mit einer Nummer versehen ist. Das vom Bf. selbst beschaffte ungestempelte Schilderpaar war also kein rotes Kennzeichen im Sinne des § 28 StVZO. Daß es die gleiche Nummer trug wie das abhanden gekommene oder bei der Zulassungsstelle befindliche abgestempelte rote Kennzeichen und daß es nach dem Willen des Bf. einen Ersatz für dieses Kennzeichen bilden sollte, ist unerheblich. Es wird dadurch nichts daran geändert, daß die in Betracht kommenden Kraftfahrzeuge nicht mit einem im § 28 StVZO vorgeschriebenen roten Kennzeichenpaar benutzt worden sind. Damit ist die Benutzung dieser Kraftfahrzeuge eine widerrechtliche gewesen, die nach § 1 Abs. 2 KraftStG 1955 die Steuerpflicht ausgelöst hat.

Die Einwendungen des Bf. und das nur die Straffrage betreffende Urteil des Amtsgerichts vom 1. Oktober 1957, das den Bf. von der Anklage unter anderem wegen Steuerhinterziehung und wegen Verstoßes gegen § 25 Abs. 1 Ziff. 1 des Straßenverkehrsgesetzes freisprach, können zu keiner anderen Beurteilung führen. Insbesondere geht das Vorbringen des Bf., daß ein ordnungsmäßiges versteuertes Kraftfahrzeug nicht dadurch unversteuert werde, daß es ohne Kennzeichen benutzt wird, schon deshalb fehl, weil im Streitfall die benutzten Kraftfahrzeuge eben nicht versteuert waren. Auch schon wegen der Verschiedenartigkeit des Tatbestands und des Steuergegenstands läßt sich der vom Bf. angegebene Fall der Benutzung eines versteuerten zugelassenen Fahrzeugs ohne Kennzeichen mit dem Streitfall nicht vergleichen. Es mag sein, daß der Bf. in der Zeit, zu welcher er Kraftfahrzeuge mit den von ihm beschafften ungestempelten Nummernschildern auf öffentlichen Straßen zu Probe- oder überführungsfahrten benutzt hat, das ihm zugeteilte abgestempelte und versteuerte rote Kennzeichen nicht verwendet hat; es mag vielleicht auch sein, daß die Zulassungsstelle, wie der Bf. angibt, die vom Bf. selbst beschafften Schilder ohne weiteres auf sein Verlangen abgestempelt hätte oder ihm ein anderes rotes vorschriftsmäßiges Kennzeichen als Ersatz zugeteilt hätte. Dies kann aber nichts daran ändern, daß die Verwendung des vom Bf. selbst beschafften unabgestempelten Schilderpaares unzulässig war und damit die in Betracht kommenden Fahrten widerrechtlich waren. Bei der dem amtlich zugeteilten abgestempelten roten Kennzeichen innewohnenden Wesensart einer öffentlichen Urkunde liegt kein Irrtum des Finanzamts vor, wenn es davon ausgegangen ist, daß der Bf. bei Benutzung der in Betracht kommenden Fahrzeuge kein rotes Kennzeichen verwendet hat.

Hiernach ist Steuerpflicht gemäß § 1 Abs. 2 KraftStG 1955 gegeben. Die Frage, ob nicht eine höhere Kraftfahrzeugsteuer festzusetzen gewesen wäre, läßt der Senat ungeprüft, da er im Bejahungsfalle von einer Verböserung (ß 243 Abs. 3 AO) absehen würde.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409387

BStBl III 1959, 306

BFHE 1960, 116

BFHE 69, 116

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