Leitsatz (amtlich)

Die Änderung eines Vergütungsbescheids oder die Rückforderung von Umsatzsteuervergütungen nach § 16 UStG ist in der Regel nicht mehr möglich, wenn das Finanzamt nach Abschluß des Berichtigungsverfahrens den Vergütungszeitraum bereits geprüft und sich diese Prüfung ausdrücklich auf die den Gegenstand der Änderung oder Rückforderung bildende Streitfrage erstreckt hat.

 

Normenkette

UStG § 16; UStDB 1951 § 70 Abs. 2 Ziff. 4, § 73 Abs. 1, § 76 Abs. 2, § 80

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) betreibt den Export von Stahlwaren. Streitig ist, ob die den amtlichen Devisenkurs übersteigenden zusätzlichen DM-Erlöse, die bei Gegenseitigkeitsgeschäften durch die mit behördlicher Zustimmung erfolgte Überlassung des Devisen- und Ausfuhrgegenwerts an Einfuhrländer erzielt werden, der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuervergütungen des § 16 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zuzurechnen sind.

Die Vorinstanzen haben dies verneint. Das Finanzgericht beruft sich für seine Auffassung auf § 73 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) 1951 in der bis zum 30. Juni 1953 vor Erlaß der Fünften Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 5. August 1953 geltenden Fassung, wonach bei der Bemessung der Umsatzsteuervergütung von dem Entgelt auszugehen ist, das der Antragsteller für den ausgeführten Gegenstand vereinnahmt und durch Vorlage der Gutschriftanzeige der den Devisenbetrag abrechnenden Stelle nachgewiesen hat (§ 70 Abs. 2 Ziff. 4 UStDB 1951). Bemessungsgrundlage sei also grundsätzlich der in DM umgerechnete Wert des durch das Ausfuhrgeschäft erzielten Devisenerlöses. Diese Umrechnung erfolge zu dem amtlichen Kurs. Glaube der Ausfuhrhändler mit diesem Erlös nicht auskommen zu könne, so erhalte er durch das Gegenseitigkeitsgeschäft zwar die Möglichkeit, den Preis aufzubessern, und zwar auf Kosten zunächst des Einfuhrhändlers, der in der Lage sei, auch bei einer Verrechnung zu einem höheren als dem amtlichen Kurs noch günstig genug einzukaufen. Die Kosten des DM-Erlöses würden also auf die Einfuhr abgewälzt. Dies bedeute jedoch nicht, daß ein besonderer Verrechnungskurs für die vom Bf. hereingebrachten Devisen festgesetzt worden sei, der an die Stelle des amtlichen Kurses trete. Vor allem sei aber daran festzuhalten, daß das Devisenentgelt auch durch das sogenannte Gegenseitigkeitsgeschäft der Höhe nach unverändert geblieben sei.

 

Entscheidungsgründe

Die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Der Bf. hat in verfahrensrechtlicher Hinsicht gerügt, daß er unter dem 24. Januar 1953 gegen die Nichtanrechnung der im Gegenseitigkeitsgeschäft vereinnahmten Entgelte Einspruch eingelegt und daß er diesen Einspruch nach Prüfung durch das Finanzamt zurückgenommen habe, nachdem das Finanzamt seiner Auffassung zugestimmt habe, so daß es jetzt hieran gebunden sei. Der Akteninhalt bestätigt (Vermerk des Prüfers vom 20. Februar 1953), daß eine "nochmalige Nachprüfung" bei dem Bf. ergeben habe, daß es sich um ein Gegenseitigkeitsgeschäft gehandelt, daß eine Nachprüfung bei der ... Bank, Filiale ..., stattgefunden habe, und daß nach Ansicht des Prüfers die hier streitigen Beträge vergütungsfähig seien. In einem Vermerk vom 2. März 1953 hat sich das Finanzamt der Auffassung des Prüfers angeschlossen und bei gleichzeitiger Rücknahme des Einspruchs unter Übernahme der Rechtsmittelkosten auf die Staatskasse die Einsprüche im Sinne des Bf. für erledigt erklärt.

Der Senat hält zwar an der im Urteil V 27/54 U vom 1. Juli 1954 (Slg. Bd. 58 S. 118, Bundessteuerblatt -- BStBl. -- 1954 III S. 254) vertretenen Auffassung fest, daß dem Bewilligungsverfahren der Charakter des Vorläufigen anhafte, so daß eine anderweite Festsetzung des Vergütungsbetrags durch das Finanzamt grundsätzlich auch nach Rechtskraft des Bescheids zulässig sein muß. Der Senat ist aber darüber hinaus der Auffassung, daß dies nicht mehr möglich ist, wenn das Finanzamt, wie hier, und wie der Bf. in der mündlichen Verhandlung eingehend dargelegt hat, einen Vergütungszeitraum geprüft hat und bei dieser Prüfung die streitige Frage ausdrücklich behandelt worden ist. Der durch das erwähnte Urteil den Finanzämtern eingeräumten, weitgehenden Möglichkeit, ausgezahlte oder bereits bewilligte Vergütungen trotz Rechtskraft des Bescheids zurückzufordern, muß dann eine Grenze gesetzt werden, wenn das Verfahren infolge einer Prüfung durch das Finanzamt nicht mehr als vorläufig angesehen werden kann (vgl. auch Wauer, Steuer und Wirtschaft 1954 Spalte 640). Insbesondere muß dies dann gelten, wenn der Steuerpflichtige, wie im Streitfalle, wegen der Streitfrage ein Rechtsmittel eingelegt hat, und dieses Rechtsmittel in Anwendung des § 94 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) zurückgenommen worden ist. Eine andere Beurteilung wäre im Streitfalle nur möglich, wenn der Steuerpflichtige durch bewußt irreführende Angaben die Unterstellung eines unrichtigen Tatbestands veranlaßt hätte. Hierfür bietet der Sachverhalt jedoch keinen Anhaltspunkt.

Der weiteren Verfahrensrüge gegenüber sei bemerkt, daß das Finanzamt durch Vorschriften der AO ebensowenig gehindert war, im Einspruchsverfahren mehrere Vergütungszeiträume zur einheitlichen Entscheidung zu verbinden, wie das Finanzgericht nach seinem nicht zu beanstandenden Ermessen seine Entscheidung auf einen Vergütungszeitraum beschränken konnte, der aus dem Urteilstenor ersichtlich ist (vgl. § 243 Abs. 2 AO und Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 505/35 vom 27. Mai 1936, Reichssteuerblatt -- RStBl. -- 1936 S. 687). Auf diesen Vergütungszeitraum zweites Vierteljahr 1952 hatte sich auch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu beschränken. Die hier ausgesprochenen Grundsätze werden jedoch auch auf die Vergütungszeiträume anzuwenden sein, die bei der Prüfung im Februar 1953 miterfaßt worden sind und über die zu dieser Zeit bereits ein Vergütungsbescheid erteilt worden ist. Dagegen ist das Finanzamt nicht gehindert, für spätere Vergütungszeiträume eine andere Auffassung zu vertreten, über deren Berechtigung in diesem Verfahren nicht zu befinden ist, da der Rechtsbeschwerde schon aus verfahrensrechtlichen Gründen zu entsprechen war.

Bei der erforderlich werdenden Zurückverweisung wird das Finanzamt für den streitigen Vergütungszeitraum die Vergütung unter Einbeziehung der streitigen Entgeltteile zu berechnen haben und dabei über die im Schriftsatz des Bf. vom 19. Oktober 1954 angebene, bisher nicht aufgeklärte Differenz von 46,56 DM zu entscheiden haben, die sich nach der Aktenlage nicht eindeutig klären ließ.

Die Sache war deshalb unter Aufhebung der Vorentscheidungen zweckmäßigerweise an das Finanzamt zurückzuverweisen. Dem Finanzamt war auch die Kostenentscheidung und die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes zu übertragen (§§ 318 Abs. 2 und 320 Abs. 3 AO).

 

Fundstellen

BStBl III 1955, 217

BFHE 1956, 52

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