Leitsatz (amtlich)

Es ist nicht erforderlich, den rechtsmittelführenden Vorsteher des Finanzamts vor Ergehen des Urteils darauf hinzuweisen, daß mit einer Entscheidung zum Nachteil der Verwaltung zu rechnen ist, wenn sich die Entscheidung bereits aus der Anwendung des Gesetzes ergibt.

 

Normenkette

AO § 243

 

Gründe

Der Entscheidung zum Nachteil der Verwaltung, für die der Vorsteher des Finanzamts die Rb. eingelegt hat, steht nicht entgegen, daß der Vorsteher auf die Möglichkeit eines zu seinen Ungunsten ergehenden Urteils nicht hingewiesen worden ist. Ist über das Rechtsmittel eines Steuerpflichtigen zu entscheiden, so erfordert das dem Rechtsmittelführer zu gewährende rechtliche Gehör, ihn von der Gefahr einer Verböserung so rechtzeitig in Kenntnis zu setzen, daß er entweder sein Rechtsmittel zurückziehen oder Einwendungen gegen die Verböserung noch vorzubringen vermag (Urteile des Bundesfinanzhofs III 286/57 U vom 4. September 1959, BStBl 1959 III S. 472, Slg. Bd. 69 S. 569, und I 28/60 vom 20. April 1960, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Reichsabgabenordnung, § 243, Rechtspruch 21). Ist dagegen der Vorsteher des Finanzamts der Rechtsmittelführer, der nach § 205 Abs. 1 Satz 2 AO verpflichtet ist, auch seinerseits die Angaben des Steuerpflichtigen zu dessen Gunsten zu überprüfen, so besteht dann keine Veranlassung für das Gericht, ebenso zu verfahren, wenn die Verböserung sich bereits aus der Anwendung des Gesetzes ergibt. Eine Beeinträchtigung des auch der Finanzverwaltung in gleicher Weise wie dem Steuerpflichtigen zustehenden Anspruchs auf rechtliches Gehör würde es dagegen bedeuten, wenn dem Vorsteher des Finanzamts vor dem Ergehen einer der Verwaltung nachteiligen Entscheidung nicht Gelegenheit gegeben würde, sich zu neuem tatsächlichem Vorbringen des Steuerpflichtigen zu äußern, da es für die in Frage stehende Verböserung bedeutsam wäre. Auf Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung, Anm. 11 zu § 243, und die dort angeführten Entscheidungen des Reichsfinanzhofs wird verwiesen.

 

Fundstellen

BStBl III 1963, 390

BFHE 1964, 200

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