Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Umsatzbesteuerung der Versicherungsvertreter.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 1, 2 Ziff. 1, § 4 Ziff. 17

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist seit Anfang 1951 Vertreter für zwei Versicherungsgesellschaften, deren Bezirksdirektor er bis dahin gewesen war. Ihm ist eine "Generalagentur" übertragen worden, die einer Filialdirektion der Versicherungsgesellschaften untersteht. Über die Filialdirektion wickelt der Bf. seinen gesamten Geschäftsverkehr mit den Hauptverwaltungen der Versicherungsgesellschaften ab.

Zufolge des zwischen dem Bf. und den Versicherungsgesellschaften abgeschlossenen Vertrages hat der Bf. die Aufgabe, den bisher von ihm aufgebauten Bestand durch Zuführung zahlreicher und guter Versicherungen weiter auszubauen. Für seine Tätigkeit erhält er Provisionen und bis auf Widerruf einen näher geregelten Leistungszuschuß. Aus seinen Provisionen hat der Bf. die Ansprüche etwaiger Untervertreter und stiller Vermittler zu befriedigen. Insoweit, als er die Untervertreter mit dem Inkasso betraut, hat er die Haftung zu tragen. Als hauptberuflicher Versicherungsvertreter ist er verpflichtet, den Versicherungsgesellschaften die Übernahme einer anderen regelmäßigen Tätigkeit sofort mitzuteilen. Nach den Vertragsbestimmungen gilt er als selbständiger Gewerbetreibender, der seine steuerlichen Verpflichtungen selbst zu erfüllen hat. Die Versicherungsgesellschaften kümmern sich auch nicht um die Entrichtung von Beiträgen zur Sozialversicherung.

Der Bf. hat am Tage des Vertragsabschlusses auch eine Agenturübernahmeerklärung unterschrieben, wonach er als selbständiger Handelsvertreter gemäß § 84 HGB Vermittlungsvertreter im Sinne des Reichsgesetzes über den Versicherungsvertrag vom 30. Mai 1908 (RGBl 1908 S. 263) ist. Neben seiner Aufgabe, die Ausbreitung des Geschäftes in seinem Arbeitsbereiche zu betreiben, ist er verpflichtet, alle sich aus dem Vertragsverhältnis ergebenden Obliegenheiten unter genauer Beachtung der von den Gesellschaften gegebenen Bestimmungen und Anleitungen gewissenhaft zu erfüllen. Seine Rechte und Pflichten ergeben sich im einzelnen aus § 43 des Reichsgesetzes über den Versicherungsvertrag. Der Bf. ist zur Verschwiegenheit verpflichtet, unterliegt einem Konkurrenzverbot und bedarf zu bestimmten Werbemaßnahmen, auch wenn er deren Kosten trägt, sowie zur Anfertigung eigener Briefbogen, Gummistempel usw. der Zustimmung der zuständigen Geschäftsstelle. Er darf keine Zahlungen der Versicherten in eigenem Namen annehmen. Vereinnahmte Zahlungen gelten als ihm anvertraute fremde Vermögenswerte, die er als unmittelbares Vermögen der Versicherungsgesellschaften zu behandeln und von eigenen Geldern getrennt zu halten hat. Die Versicherungsgesellschaften und die zuständigen Geschäftsstellen sind berechtigt, jederzeit die Kassenbücher und die gesamte Geschäftsführung des Bf. prüfen zu lassen. Er ist nicht berechtigt, über Annahme oder Ablehnung von Versicherungsanträgen zu entscheiden, Deckungszusagen zu erteilen oder Prämien zu stunden. Auch darf er im eigenen Namen keine Prämienklagen erheben. Bei Aufhebung des Vertragsverhältnisses muß er alle die Agentur betreffenden Unterlagen ohne Zurückbehaltungsrecht an die zuständigen Geschäftsstellen zurückgeben. Die Provisionen schließen die Vergütungen für die Portoauslagen und für eine etwaige Inanspruchnahme bei der Abwicklung von Schadensfällen in sich.

Innerhalb des hier in Betracht kommenden Veranlagungszeitraums 1952 hat der Bf. vereinnahmt an Verwaltungsprovisionen insgesamt 28 338,33 DM, davon 647,60 DM aus der Lebensversicherung, die übrigen Beträge aus der Sachversicherung, und an Abschlußprovisionen insgesamt 11 440,32 DM, davon 6 661,49 DM aus der Lebensversicherung, die übrigen Beträge aus der Sachversicherung.

Das Finanzgericht hat die Versicherungsgesellschaften veranlaßt, sich zur Sache zu äußern. Sie haben ausgeführt, dem Bf. liege es ob, den Gesellschaften in den von ihnen betriebenen Versicherungszweigen ein möglichst zahlreiches Neugeschäft zuzuführen und die von ihm für die Gesellschaften vermittelten Versicherungen nach den Richtlinien der jeweiligen Versicherungsunternehmung zu verwalten. Hierunter falle die Vornahme des Prämieninkassos, die Abrechnung der vereinnahmten Prämiengelder mit den Gesellschaften und insbesondere die Pflege des Kundenstammes, wozu auch die Anpassung der Versicherungen an den neuesten Stand gehöre. Für seine Tätigkeit erhalte der Bf. Abschlußprovisionen und vom zweiten Versicherungsjahre ab Inkassoprovisionen nach den Sätzen der Provisionstabelle. Er verwalte überwiegend den im wesentlichen von ihm selbst aufgebauten Bestand. Die Filialdirektion, der er unterstehe, habe vorwiegend organisatorische und beaufsichtigende Aufgaben. Er sei nicht an Weisungen hinsichtlich der Art, des Ortes und der Zeit seiner Tätigkeit gebunden, sondern nur verpflichtet, die allgemeinen für selbständige Vertreter geltenden Geschäftsanweisungen einzuhalten. Die Bestimmung von Zeit und Ort seiner Tätigkeit unterliege seinem freien Ermessen und richte sich in erster Linie nach den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden. Der Bf. habe aus eigenem Entschluß und auf eigene Rechnung, aber mit Zustimmung der Versicherungsgesellschaften, gegen Ende des Jahres 1952 auch noch an einem anderen Orte ein Büro eingerichtet. Die bei ihm tätigen Bürokräfte habe er eingestellt und bezahle sie. Er arbeite mit mehreren Untervertretern, deren Zahl und Art ihrer Tätigkeit den Versicherungsgesellschaften jedoch nicht bekannt sei. Die Untervertreter ständen nicht im Vertragsverhältnis zu den Versicherungsgesellschaften. In einer bestimmten Versicherungssparte habe der Bf. Vollmacht gehabt, Sachschäden zu regulieren.

Der Bf. selbst hat bei dem Finanzgericht angegeben, daß für ihn 13 Untervertreter für das Vermittlungsgeschäft tätig gewesen seien, während das Inkassogeschäft von ihm und seinen Bürofachkräften erledigt worden sei. Seine beiden Büros seien mit je einer eingearbeiteten Fachkraft besetzt.

Die Sprungberufung des Bf., der umsatzsteuerlich als Generalvertreter mit gemischter Tätigkeit angesehen werden und nur wegen der Vermittlungsprovisionen der Umsatzsteuer unterliegen wollte, ist erfolglos geblieben. Das Finanzgericht hat den Bf. weder hinsichtlich des Lebens- noch hinsichtlich des Sachversicherungsgeschäftes als beruflich unselbständig angesehen. Der Bf. beschäftige als seine Erfüllungsgehilfen 13 Untervertreter, er sei in der Orts- und Zeiteinteilung seiner Tätigkeit nicht an die Weisungen der Versicherungsgesellschaften gebunden, er sei auch weitgehend frei bei der Gestaltung seiner Arbeitsweise, er habe im Jahre 1952 rund 26 800 DM Betriebsausgaben gehabt, also ein sehr erhebliches Unternehmerwagnis getragen, er sei einer Filialdirektion unterstellt und von den Versicherungsgesellschaften als Vermittlungsvertreter (Spezialvertreter) bezeichnet worden, so daß demgegenüber die von ihm erledigten Verwaltungsaufgaben, trotz des Überwiegens der Inkassoprovisionen über die Vermittlungsprovisionen, weit zurückträten. Der Bf. sei sonach als Vermittlungsvertreter tätig gewesen und mit seinen gesamten Umsätzen zur Umsatzsteuer heranzuziehen.

Die Rechtsbeschwerde des Bf. stützt sich im wesentlichen auf zwei Gutachten, denenzufolge beantragt wird, die Verwaltungsprovisionen als aus unselbständiger Tätigkeit herrührend für umsatzsteuerfrei zu erklären und dann die Abschlußprovisionen nach § 4 Ziff. 17 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) von der Umsatzsteuer freizustellen. Die Gutachten führen darüber hinaus in der Hauptsache aus:

Die Rechtsprechung, wonach beim Vorliegen einer gemischten Tätigkeit die Einnahmen eines Generalvertreters aus der verwaltenden Tätigkeit nicht umsatzsteuerbar seien und nur die Einnahmen aus der vermittelnden Tätigkeit der Steuer unterlägen, müsse auch für den Vermittlungsvertreter (Spezialvertreter) gelten. Eine unterschiedliche Behandlung bei den beiden Vertreterarten sei nicht mehr zeitgemäß. Die Verkehrsanschauung müsse insoweit maßgebend sein. Es liege ein wesentlicher Verfahrensmangel darin, daß das Finanzgericht die Verkehrsanschauung nicht ermittelt habe; das Finanzgericht habe vielmehr den Auskünften der Versicherungsgesellschaften eine besondere Bedeutung zugemessen. Gerade diese Äußerungen dürften aber nur mit Vorbehalt bewertet werden, weil die Versicherungsgesellschaften ein Interesse daran hätten, die Vertreter als selbständige Handelsvertreter zu bezeichnen. Es komme nicht auf die lohnsteuerliche Behandlung des Bf. an, nicht auf dessen Untervertreterstab und darauf, daß die Versicherungsgesellschaften diese Vertreter nicht gekannt und nicht angestellt hätten, und nicht auch auf die Unterstellung des Bf. unter eine Filialdirektion. Entscheidend für die Unselbständigkeit des Bf. hinsichtlich seiner Verwaltungstätigkeit sei es, daß er insoweit weisungsgebunden sei, daß seine Inkassoprovisionen die Höhe der Vermittlungsprovisionen bei weitem übertroffen hätten und daß er eine Altersversorgung habe. Die Beschäftigung fremder Personen mache eine unselbständige Tätigkeit, auf die insbesondere die Schadensregulierung hindeute, nicht zu einer selbständigen Tätigkeit. Was zu den gewerblichen oder beruflichen Tätigkeiten im Sinne des § 2 UStG gehöre, dürfe nicht nach Zivilrecht entschieden werden, sondern nur nach Umsatzsteuerrecht, weshalb es auf § 87 Abs. 4 (früher § 86) HGB nicht ankomme. Das Finanzgericht habe auch nicht beachtet, daß das Unternehmerwagnis nicht mit dem Inkassogeschäft zusammengehangen habe. Es müsse anerkannt werden, daß ein Vermittlungsvertreter im Laufe der Zeit zu einem Generalvertreter werden könne.

In der mündlichen Verhandlung hat der Bf. insbesondere noch geltend gemacht, daß die unterschiedliche umsatzsteuerliche Behandlung der Generalvertreter mit gemischter Tätigkeit und der Vermittlungsvertreter mit Inkassotätigkeit gegen Artikel 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) verstoße, weil in beiden Fällen die gleiche Tätigkeit entfaltet werde. Auf die Tätigkeit aber komme es nach § 2 UStG an. Der Bf. habe weiterhin kein Unternehmerwagnis getragen; er sei auch in Wirklichkeit nicht einer Filialdirektion unterstellt gewesen, wenn ihm auch die Versicherungsgesellschaften am 17. Januar 1951 mitgeteilt hätten, daß seine Agentur zum Arbeitsbereiche jener Filialdirektion zähle, über die sich der gesamte Geschäftsverkehr zwischen ihm und den Versicherungsgesellschaften abwickele. Insoweit sei der Sachverhalt noch nicht genügend aufgeklärt worden. Aber auch hinsichtlich der mancherlei Bindungen, denen der Bf. unterworfen gewesen sei, müsse der Tatbestand noch mehr geklärt werden, weil sich dann ergeben werde, daß das Vertreterverhältnis ein unselbständiges gewesen sei. Die Untervertreter hätten überdies zu ihm in einem nur ganz losen Verhältnis gestanden.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde kann keinen Erfolg haben.

Nach § 2 Abs. 2 Ziff. 1 UStG kann eine natürliche Person beruflich teils selbständig und teils unselbständig sein. Bei beruflich Unselbständigen führt das dazu, daß ihre Einnahmen aus der unselbständigen Tätigkeit zwar nach wie vor nicht umsatzsteuerbar sind, daß Einnahmen aber, die ihnen aus einer selbständigen Nebentätigkeit zufließen, der Umsatzsteuer unterliegen. Anders ist die durch die Rechtsprechung entwickelte Betrachtungsweise, wenn ein Unternehmer eine Nebentätigkeit ausübt, die die Merkmale einer unselbständigen Tätigkeit aufweist. Hier wird die Nebentätigkeit als Ausfluß der selbständigen Tätigkeit behandelt (vgl. auch Deutsche Steuer-Zeitung - DSTZ - 1940 S. 352 ff.). Bei einem Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts besteht grundsätzlich die Vermutung, daß seine gesamte auf Einnahmeerzielung gerichtete Tätigkeit in den Rahmen seiner Unternehmertätigkeit fällt, weil ein Unternehmer gewöhnlich in seiner Unternehmereigenschaft an jede berufliche Einnahmeerzielung heranzugehen pflegt.

An dieser Betrachtungsweise hält der Bundesfinanzhof fest. Der (beruflich unselbständige) Generalvertreter ist daher stets mit seinen Einnahmen aus vermittelnder Tätigkeit, der (beruflich selbständige) Vermittlungsvertreter mit allen seinen Einnahmen, auch wenn sie aus Tätigkeiten mit Merkmalen unselbständiger Art herrühren - es sei denn, die Unselbständigkeit sei einwandfrei feststellbar -, zur Umsatzsteuer heranzuziehen. Von dieser aus den Erfahrungen des Lebens gewonnenen typischen Betrachtungsweise als "nicht mehr zeitgemäß" abzugehen, wie es eines der eingereichten Gutachten vorschlägt, besteht kein Anlaß.

Diese Auffassung führt auch nicht zu einem Verstoße gegen Art. 3 GG. Sie beruht vielmehr auf dem Unternehmerbegriffe des § 2 Abs. 1 UStG. Es ist sehr häufig festzustellen, daß jemand dieselbe Tätigkeit wie ein anderer entfaltet, aber mit seinen Einnahmen der Umsatzsteuer unterliegt, der andere hinsichtlich seiner Einnahmen dagegen nicht; man denke nur an einen frei praktizierenden Arzt im Gegensatz zu einem Arzt im Anstellungsverhältnis.

Für einen Versicherungsvertreter kommt es daher in Fällen der hier vorliegenden Art darauf an, ob er Generalvertreter oder Vermittlungsvertreter (Spezialvertreter) ist. Der Bundesfinanzhof hat in einigen Urteilen ausgeführt, daß dabei zu beachten sei, "von welcher Ebene her" ein Versicherungsvertreter an seine Tätigkeit herankomme. Das ist dahingehend mißverstanden worden, als sei damit gemeint, ein Vermittlungsvertreter könne niemals zu einem Generalvertreter werden. Das sollte damit in jenen Fällen, bei denen keine derartigen Änderungen festzustellen waren, nicht gesagt werden. Insoweit sei vielmehr bemerkt:

Es kann natürlich vorkommen, daß sich die Tätigkeit eines Vermittlungsvertreters in die eines Generalvertreters umwandelt. Geschieht das, so muß die an die tatsächlichen Verhältnisse gebundene umsatzsteuerliche Beurteilung der Veränderung Rechnung tragen. Eine solche Veränderung kann aber nicht lediglich dadurch eintreten, daß bei einem Vermittlungsvertreter im Laufe der Zeit oder schon bei Beginn seiner Tätigkeit die Inkassoprovisionen (Verwaltungseinnahmen) die Vermittlungsprovisionen übersteigen; denn sonst würde der Vermittlungsvertreter zu irgendeinem Zeitpunkte in eine Angestelltenstellung einrücken, ohne daß die Versicherungsgesellschaft etwas davon wüßte. Ein Angestelltenverhältnis setzt aber einen Arbeitgeber voraus, der bereit ist, die Stellung eines Arbeitgebers einzunehmen und die Folgerungen daraus zu ziehen. Eine beruflich unselbständige Stellung ist ohne einen Arbeitgeber grundsätzlich nicht denkbar (jedoch wird hierzu später noch auf den Fall eingegangen werden, bei dem ein Arbeitgeber tatsächlich vorhanden ist, sich aber weigert, für sich die Folgerungen daraus zu ziehen). Der Bundesfinanzhof hat darum dem zahlenmäßigen Überwiegen der Verwaltungsprovisionen über die Vermittlungsprovisionen niemals ein besonderes Gewicht beigemessen, insbesondere auch deswegen, weil die Inkassotätigkeit, wie aus § 87 Abs. 4 HGB hervorgeht, keine dem Vermittlungsvertreter fremde Tätigkeit ist. Auch diese Bezugnahme auf § 87 Abs. 4 HGB ist, ähnlich wie die auf die Bindungen, denen ein Handelsvertreter nach dem HGB unterliegen kann, wieder mißverstanden worden. Die umsatzsteuerliche Beurteilung richtet sich nicht etwa nach den Vorschriften des HGB, sondern trägt nur dem keineswegs weltfremden HGB Rechnung, das die Erfahrungen der beteiligten Wirtschaftskreise verwertet hat.

Somit ist die Ansicht der Rechtsbeschwerde irrig, es müßten die Einnahmen des Bf. aufgeteilt und entsprechend umsatzsteuerlich behandelt werden, weil § 2 UStG gebiete, die Tätigkeit in Fällen der vorliegenden Art jeweils in eine selbständige und in eine unselbständige einzuordnen. Es bedarf wegen der Inkassoeinnahmen keiner Aufteilung, weil sie bei einem selbständigen Vermittlungsvertreter Einnahmen aus seiner beruflich selbständigen Stellung sind.

Soll anerkannt werden, daß sich die Tätigkeit eines Vermittlungsvertreters zu der eines Generalvertreters umgestaltet hat, so müssen noch sonstige Umstände zu dem Überwiegen der Verwaltungsprovisionen über die Vermittlungsprovisionen hinzutreten. Im Falle des Urteils des Bundesfinanzhofs V 126/55 U vom 4. Oktober 1956 (BStBl 1957 III S. 24, Slg. Bd. 64 S. 65) war durch einen besonderen Vertrag ein Angestelltenverhältnis ausdrücklich begründet worden. Liegt eine solche unmißverständliche Regelung vor, dann ist der Sachverhalt klargestellt. Im vorliegenden Falle fehlt es nicht nur an einer Neuregelung der vertraglichen Beziehungen, die Versicherungsgesellschaften haben vielmehr ausdrücklich betont, daß sie den Bf. nach wie vor als Vermittlungsvertreter betrachteten. Er selbst hat auch keinen Nachweis darüber geführt, daß er bei den Versicherungsgesellschaften versucht habe, nicht nur dem Titel nach (auf den es für die umsatzsteuerliche Beurteilung nicht ankommt) Generalvertreter zu sein, sondern unter Streichung der vertraglichen Bestimmungen, die ihn als Vermittlungsvertreter bezeichnen, auch in aller Form als Generalvertreter eingesetzt zu werden und damit wie ein Leiter einer Zweigstelle der Versicherungsunternehmen tätig zu sein. Das Vertreterverhältnis des Bf. ist zudem auch erst im Jahre 1951 begründet worden. Es wäre ganz außergewöhnlich, wenn sich bereits im nächsten Jahre, um das es sich hier handelt, seine Stellung nur deshalb geändert haben sollte, weil seine Verwaltungsprovisionen die Vermittlungsprovisionen überstiegen haben.

Für die umsatzsteuerliche Beurteilung eines Versicherungsvertreters sind die vertraglichen Abmachungen und die Äußerungen der Versicherungsgesellschaften zwar einer der wesentlichsten Anhaltspunkte. Es wäre aber doch der, allerdings sehr unwahrscheinliche, Fall denkbar, daß eine Versicherungsgesellschaft auf Grund irgendwelcher Erwägungen einen Versicherungsvertreter, der tatsächlich wie ein Generalvertreter für sie tätig ist, nicht als Generalvertreter anerkennen wollte. Um insoweit ganz sicher zu gehen, hat es die bisherige Rechtsprechung immer auf das Gesamtbild der Verhältnisse abgestellt. Dabei ist allerdings ein Vorgehen abzulehnen, mit dem unter Abwägen der einzelnen Umstände untersucht würde, nach welcher Seite hin ein Übergewicht festzustellen wäre, und anhand des Ergebnisses dieser Untersuchung über die Frage der Unselbständigkeit oder Selbständigkeit zu entscheiden. Ein solches Verfahren hat schon der als Urteil geltende Bescheid des Reichsfinanzhofs V A 114/33 vom 15. Dezember 1933 (RStBl 1934 S. 1208, Slg. Bd. 35 S. 214) mißbilligt. Es wird sich auch kaum jemals einwandfrei feststellen lassen, wieviel an Arbeit die Verwaltungssachen gegenüber den Vermittlungssachen erfordern. Manche Verwaltungstätigkeit, z. B. das Inkasso eines sehr hohen Betrages mit einer sehr beträchtlichen daraus fließenden Provision, wird vielleicht nur einen ganz geringen Arbeitsaufwand erfordern; die Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages mit verhältnismäßig geringer Prämie und entsprechend niedriger Provision kann demgegenüber sehr schwierig und zeitraubend sein. Im vorliegenden Falle hat sich der Bf. z. B. mit 13 Untervertretern um das Vermittlungsgeschäft bemüht. Die Verwaltungstätigkeit hat er mit vornehmlich zwei Büroangestellten erledigt. Wird lediglich das Überwiegen der Verwaltungstätigkeit behauptet, so ist, wenn nicht eindeutig neue vertragliche Abmachungen mit dem Versicherungsunternehmen, für das der Versicherungsvertreter tätig ist, nachgewiesen werden, die auf ein echtes Generalvertreterverhältnis hindeuten, der Versicherungsvertreter auf Grund der vorerwähnten typischen Betrachtungsweise regelmäßig als Vermittlungsvertreter anzusehen.

Träte der erwähnte sehr unwahrscheinliche Fall ein, daß ein Versicherungsvertreter trotz Weigerung der Versicherungsgesellschaft, seine Generalvertretereigenschaft anzuerkennen, nachweisen könnte, daß er tatsächlich wie ein Generalvertreter tätig gewesen wäre, so wäre der Fall anders zu beurteilen. Meist nehmen die Versicherungsvertreter irrigerweise an, daß dieser Fall bei ihnen gegeben sei; sie bringen dann vor, und so auch der Bf. im vorliegenden Falle, sie seien Generalvertreter mit gemischter Tätigkeit gewesen. Wer Generalvertreter mit gemischter Tätigkeit sein will, muß aber erst einmal Generalvertreter sein. Er muß also alles das und nicht nur einiges davon erledigen, was ein Generalvertreter erledigt. Wird das nachgewiesen, dann muß der Versicherungsvertreter trotz entgegenstehender Äußerungen seines Versicherungsunternehmens und trotz entgegenstehender früherer vertraglicher Abmachungen wegen der tatsächlich von ihm entfalteten Tätigkeit als Generalvertreter anerkannt werden; er unterliegt dann nur hinsichtlich der von ihm vereinnahmten Vermittlungsprovisionen der Umsatzsteuer. Er hätte dann aber auch keinen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB. Auf die an den Bf. in der mündlichen Verhandlung gerichtete Frage, ob er der Ansicht sei, einen solchen Ausgleichsanspruch zu haben, hat er keine eindeutige Erklärung abgegeben.

Im vorliegenden Falle ist festgestellt worden, daß der Bf. einer Filialdirektion untersteht. Das ist in der Regel bei einem Generalvertreter nicht der Fall. Der Bf. führt mit der Rechtsbeschwerde zwar aus, er habe keiner Filialdirektion unterstanden. Er hat aber dem Finanzgericht gegenüber selbst durch Vorlage der mit den Versicherungsunternehmen getroffenen schriftlichen Abmachungen den Fall so dargestellt, daß ihm eine Filialdirektion übergeordnet gewesen sei. Das Finanzgericht hatte infolgedessen keinen Anlaß, diesen Punkt noch nachzuprüfen. Wenn der Bf. jetzt im Rechtsbeschwerdeverfahren den Tatbestand anders als im Berufungsverfahren darstellt, so liegt insoweit ein neues, das Gebiet des Tatbestandes berührendes Vorbringen vor, das der Bundesfinanzhof nicht beachten kann (§ 288 der Reichsabgabenordnung).

Das Finanzgericht hat weiterhin festgestellt, daß der Bf. ein erhebliches Unternehmerwagnis getragen hat. Auch an dieser Feststellung ist nichts zu bemängeln. Der Bf. hat z. B. durch Einrichtung eines zweiten Büros, das er ebenso wie sein ursprüngliches Büro mit einer Spezialkraft besetzt hat, den Umfang seiner Tätigkeit von sich aus erweitert. Er hatte infolgedessen die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, was er aufwenden wollte, um sich den Weg zu einer Steigerung seiner Einnahmen offenzuhalten. Darin aber besteht das Unternehmerwagnis.

Das Finanzgericht hat sodann festgestellt, daß der Bf. 13 Untervertreter beschäftigt hatte, die nicht von den Versicherungsgesellschaften angestellt waren. Das Finanzgericht hatte wegen dieser Untervertreter zweimal bei dem Bf. angefragt; dieser hatte dem Finanzgericht mit seinen Schreiben vom 29. September und 4. Oktober 1955 geantwortet, und zwar stets in dem Sinne, daß er die Untervertreter "beschäftige". Wenn er jetzt mit der Rechtsbeschwerde den Sachverhalt wiederum anders darstellt, so kann er damit ebenso wie mit dem vorerwähnten neuen Vorbringen hinsichtlich der Unterstellung unter eine Filialdirektion vor dem Bundesfinanzhof nicht mehr gehört werden.

Mit Recht hat das Finanzgericht aus den angegebenen und noch weiteren Umständen, insbesondere, daß die Versicherungsunternehmen eine Arbeitgeberstellung gegenüber dem Bf. ablehnen, gefolgert, daß der Bf im Jahre 1952 ein Vermittlungsvertreter gewesen ist. Der Senat tritt dem Finanzgericht in vollem Umfange bei.

Eines Eingehens auf die weiteren Einzelheiten der Rechtsbeschwerde, insbesondere auf den Antrag, die Verkehrsanschauung zu ermitteln und noch wegen einer Reihe von Einzelpunkten den Tatbestand weiter aufzuklären, bedarf es nach alledem nicht.

Die Rechtsbeschwerde ist somit zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409496

BStBl III 1959, 437

BFHE 1960, 474

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