Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Bewertung von Gütern des Anlagevermögens, für die am Stichtag die Gefahr des Verlustes durch Demontage bestand, ist dies beim Wertansatz, gegebenenfalls durch einen entsprechenden Passivposten in der DM-Eröffnungsbilanz zu berücksichtigen.

 

Normenkette

DMBG § 5; DMBG § 18

 

Tatbestand

Strittig ist die Gewerbesteuer II/1948 und 1949. Sie baut sich auf der Körperschaftsteuerveranlagung auf, bei der für II/1948 ein Verlust von 6.682 DM und für 1949 ein Verlust von 13.364 DM vom Finanzgericht ermittelt worden war. Unter Berücksichtigung von Zurechnungen kam das Finanzgericht zu einem Gewerbeertrag für II/1948 von 300 DM und für 1949 von 15.200 DM.

Die beschwerdeführende Firma (GmbH) wendet sich gegen die Berücksichtigung einer drohenden Demontage durch das Finanzgericht in der DM-Eröffnungsbilanz. Sie hat am 5. Oktober 1948 von der Militärregierung den Befehl erhalten, eine Anzahl schon früher listenmäßig bezeichneter Arbeitsmaschinen ihrer Fabrik zwecks Demontage abzutransportieren. Kurz darauf ist der Abtransport vollzogen worden. Als Buchwert dieser Maschinen hat die Firma in ihrer DM-Eröffnungsbilanz den Betrag von 103.420 DM eingesetzt. In der Schlußbilanz ihrer miteinander verbundenen Geschäftsjahre II/1948 und 1949 hat sie dann diesen Betrag über Unkosten voll abgeschrieben und ihn in ihrer Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärung vom Gewinn und Gewerbeertrag abgesetzt. Dabei ergab sich für die Körperschaftsteuer ein Verlust von insgesamt 70.046 DM. Einen Ersatzanspruch an den Staat hatte sie in ihrer Schlußbilanz nicht eingestellt. Das Finanzamt vertrat den Standpunkt, die Demontage sei schon vor dem Stichtag der DM-Eröffnungsbilanz vollzogen worden, oder sie habe doch so drohend bevorgestanden, daß die Beschwerdeführerin (Bfin.) nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung verpflichtet gewesen sei, dem in der DM-Eröffnungsbilanz aktivierten Wert der Maschinen einen gleichhohen Betrag als Rückstellung gegenüber zu stellen. Es bezog sich hierfür auf Abschn. 48 a der steuerlichen Richtlinien zum D-Markbilanzgesetz (DMBR) in der Fassung vom 28. Mai 1951 (Bundessteuerblatt - BStBl.- I S. 174).

Im Beschwerdeverfahren hatte die Bfin. teilweise Erfolg. Das Finanzgericht kam zu der Auffassung, daß die Demontage auch wirtschaftlich betrachtet erst in der DM-Zeit durchgeführt worden sei. Nach der Darstellung der Bfin. gegen die das Finanzgericht keine Bedenken trage, habe sich das Demontageverfahren wie folgt abgespielt:

Im März 1947 habe die Bfin. auf Aufforderung eine Liste der vorhandenen Maschinen zwecks Demontage aufstellen müssen.

Mit Schreiben des Staatsministeriums vom 15. Dezember 1947 sei der Bfin. mitgeteilt worden, daß ihr Betrieb für die Demontage vorgesehen und diese im einzelnen nach den Weisungen der Militärregierung alsbald durchzuführen sei.

Durch ein weiteres Schreiben des Staatsministeriums vom 3. Januar 1948 sei der Bfin. mitgeteilt worden, daß die Demontage bis zum 31. März 1948 beendet sein müsse.

Am 9. Juni 1948 habe die Bfin. ein Schreiben der Militärregierung erhalten, wonach die Weiterbenutzung der Reparationsmaschinen nicht mehr erlaubt sei und diese zum Abtransport bereitzuhalten seien.

Am 5. Oktober 1948 habe die Bfin. das oben erwähnte Schreiben der Militärregierung erhalten.

Der Zeitpunkt der Demontage hänge von der Beantwortung der Frage ab, ob die Anordnung der Militärregierung, die der Anordnung des Abtransportes vorausgegangen seien, schon als endgültig anzusehen seien. Die Erfahrungen hätte ergeben, daß es in einer Reihe von Fällen gelungen sei, bereits angeordnete Demontage ganz oder teilweise rückgängig zu machen oder dadurch den Demontagewirkungen zu entgehen, daß die Militärregierung veranlaßt worden sei, andere Betriebe zur Demontage heranzuziehen. Bis zur Anordnung des Abtransportes sei also für ein von einem Demontagebefehl betroffenes Unternehmen und damit auch für die Bfin. zunächst mit der Möglichkeit zu rechnen gewesen, daß sie von der Demontage verschont bleiben werde. Daß die Bfin. derartige Hoffnungen habe hegen dürfen, ergebe sich aus den umfangreichen Bemühungen maßgebender Stellen, die auch zu einem gewissen Teilerfolg geführt hätten. Nach der überwiegenden Auffassung, die auch von den Finanzministerien der Länder geteilt werde, sei eine Demontage erst dann als durchgeführt anzusehen, wenn der Abtransport der Wirtschaftsgüter angeordnet worden sei (siehe auch Bauer im "Betriebsberater" 1951 S. 246). Das Gericht schließe sich dieser Auffassung an und komme zu dem Ergebnis, daß die Demontage am 21. Juni 1948 noch nicht als durchgeführt anzusehen sei.

Es sei weiter zu prüfen, ob nicht eine Rückstellung für drohende Demontage in die Bilanz einzusetzen sei. Am Bilanzstichtag sei mit großer Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen gewesen, daß die Demontage in II/1948 durchgeführt werde. Dieser Tatsache müsse nach handels- und steuerrechtlichen Grundsätzen Rechnung getragen werden. Dies komme in den Bestimmungen der § ß 5 und 30 Abs. 2 des D-Markbilanzgesetzes (DMBG) zum Ausdruck. Auch die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verlangten es. Siehe hierzu Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 54/51 S vom 26. Juni 1951, BStBl. III S. 211, Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen (Bayer. FMBl.) S. 731. Unter Berücksichtigung aller Verhältnisse erscheine es angemessen, den Passivposten auf 50.000 DM, d. h. rund 50 v. H. des Bilanzwertes der demontierten Maschinen zu bemessen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) wendet sich in Ausführungen tatsächlicher Natur gegen die Vorentscheidung und vertritt in rechtlicher Hinsicht den bereits bei den Vorbehörden eingenommenen Standpunkt. Hierbei stützt sie sich insbesondere auch auf Ausführungen, die von Römer in der Zeitschrift "Die Wirtschaftsprüfung" 1952 S. 203 gemacht werden.

Die Rb. muß ohne Erfolg bleiben. Die Frage der Berücksichtigung drohender Demontageverluste ist umstritten. Siehe hierzu auch "Der Betrieb" 1952 s. 294. Es kann der im Schrifttum teilweise vertretenen Auffassung nicht beigepflichtet werden, daß der Kaufmann ein Wahlrecht habe, die drohende Demontage in der DM-Eröffnungsbilanz zu berücksichtigen oder nicht. Wie bereits das Finanzgericht ausgeführt hat, dürfen nach § 5 DMBG Vermögensgegenstände höchstens mit dem Wert angesetzt werden, der ihnen am Stichtag der DM-Eröffnungsbilanz beizulegen ist. Die Gefahr der Demontage mindert den Wert des Wirtschaftsgutes. Diese Wertminderung muß deshalb berücksichtigt werden, sei es durch entsprechend niedrigen Ansatz des Wirtschaftsgutes auf der Aktivseite, sei es durch Einsetzen eines Passivposten, der den Aktivansatz berichtigt. Die § ß 6 bis 34 DMBG führen zu keinem anderen Ergebnis. Gegen die Verpflichtung zur Berücksichtigung der Demontagegefahr wird im Schrifttum hauptsächlich § 6 Abs. 2 DMBG geltend gemacht. Es bestimmt, daß Demontagen, die in der Zeit zwischen dem 21. Juni 1948 und dem Inkrafttreten des D-Markbilanzgesetzes getroffen werden, bei den Wertansätzen berücksichtigt werden können, wenn ihre Durchführung mutmaßlich eine überschuldung der Kapitalgesellschaft zur Folge hat.

Zunächst ist hier zu beachten, daß es sich um eine Sonderbestimmung für Kapitalgesellschaften bei Gefahr einer überschuldung handelt. Aus ihr ergibt sich nicht, daß allgemein ein Wahlrecht hinsichtlich der Berücksichtigung einer drohenden Demontage besteht. Man kann die Vorschrift auch in dem Sinne auffassen, daß am 21. Juni 1948, dem Stichtag der Eröffnungsbilanz, noch nicht drohende Demontagen und bereits drohende Demontagen in voller Höhe berücksichtigt werden können. Es mag zutreffen, daß die Vorschrift zu Zweifeln Anlaß geben kann. Der Senat vermag aber der Auffassung nicht zu folgen, daß hierdurch der im § 5 des Gesetzes verankerte allgemeine Grundsatz des Verbotes der überbewertung in einem wesentlichen Punkte außer Wirksamkeit gesetzt werden soll. Eine derart weitgehende Einschränkung der Bestimmung des § 5 des Gesetzes hätte in einer anderen Form zum Ausdruck kommen müssen, als dies in § 6 Abs. 2 des Gesetzes geschehen ist, der lediglich niedrigere Werte als sie nach den allgemeinen Grundsätzen zulässig sind, billigt. Auch § 8 DMBG vermag den Antrag der Firma nicht zu stützen. Die rechtliche Natur und die wirtschaftliche Auswirkung der Demontage ist mit Verfügungsbeschränkungen im Sinne dieser Vorschrift nicht gleichwertig. Es besteht hier nicht "allein eine Verfügungsbeschränkung", sondern die Gefahr des Verlustes. Der Senat tritt den Ausführungen in Abschn. 48a DMBR in der Fassung vom 28. Mai 1951 und in dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen an den Industrie- und Handelstag vom 10. September 1951, das in dem "oben erwähnten Aufsatz in der "Wirtschaftsprüfung" mitgeteilt wird, bei.

Die Würdigung des Finanzgerichts in tatsächlicher Hinsicht weist keine Verstöße im Sinne des § 288 der Reichsabgabenordnung auf. Auch eine mangelnde Sachaufklärung liegt nicht vor. Das Finanzgericht hat eingehend seine Auffassung begründet. Der Umfang der Erhebungen liegt in seinem Ermessen. Daß es die Ermessensgrenze überschritten habe, kann nicht festgestellt werden.

Die Rb. muß deshalb als unbegründet zurückgewiesen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407488

BStBl III 1952, 271

BFHE 1953, 708

BFHE 56, 708

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