Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtungsklage gegen außer Kraft getretene verbindliche Zolltarifauskunft unzulässig

 

Leitsatz (NV)

1. Die gegen eine verbindliche Zolltarifauskunft nach deren Außerkrafttreten erhobene Anfechtungsklage ist mangels Beschwer unzulässig. Gleiches gilt für eine damit verbundene Klage auf Verpflichtung zur Erteilung einer anderen Auskunft. Ein Fall der Erledigung in der Hauptsache liegt nicht vor.

2. Keine Niederschlagung der Gerichtskosten, wenn die unzulässige Klage (1.) durch einen rechtskundigen Prozeßbevollmächtigten erhoben worden ist.

 

Normenkette

FGO § 40 Abs. 2, § 138 Abs. 1; ZG § 23 Abs. 3; GKG § 8 Abs. 1

 

Tatbestand

Die beklagte Oberfinanzdirektion (OFD) erteilte der Klägerin die verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) Nr. . . . vom 11. Mai 1987, durch die X als (andere) Lebensmittelzubereitung der Tarifst. 21.07 G I a 1 des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) zugewiesen wurde. Der Einspruch, mit dem die Klägerin die Tarifierung als Arzneiware der Tarifnr. 30.03 GZT begehrte, blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 1987, zugestellt am 10. Dezember 1987). Mit ihrer Klageschrift vom 5. Januar 1988, beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen am 7. Januar 1988, beantragte die Klägerin, die vZTA und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die OFD zu verurteilen, eine vZTA mit Zuweisung der Ware zu Tarifnr. 30.03 GZT zu erteilen. Nachdem die Klägerin vom Gericht auf Bedenken wegen der Zulässigkeit der Klage hingewiesen worden war, hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Sie beantragt, die Kosten der OFD aufzuerlegen, da diese durch die Einspruchsentscheidung und die uneingeschränkte Rechtsmittelbelehrung Anlaß zur Klageerhebung gegeben habe, hilfsweise, die außergerichtlichen Kosten wegzuschlagen und die Gerichtskosten im Hinblick auf die Änderung der Rechtslage durch neue gesetzliche Bestimmungen niederzuschlagen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unzulässig.

Bei einseitiger Erledigungserklärung des Klägers ist zu entscheiden, ob eine tatsächliche Erledigung eingetreten ist (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl. 1987, § 138 Anm. 20). Erledigt ist der Rechtsstreit, wenn zufolge eines nach Rechtshängigkeit eingetretenen Ereignisses alle in Streit befindlichen Sachfragen gegenstandslos geworden sind (BFH-Urteil vom 19. Mai 1976 I R 154/74, BFHE 119, 219, 221, BStBl II 1976, 785; Gräber/Ruban, a.a.O., Anm. 2). Dieser Fall liegt nicht vor. Das erledigende Ereignis - Außerkrafttreten der vZTA aufgrund der Zolltarifrechtsänderungen zum 1. Januar 1988 (vgl. § 23 Abs. 3 des Zollgesetzes) - ist hier schon vor Klageerhebung eingetreten. Die nach Außerkrafttreten der vZTA erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage war von Anfang an unzulässig, weil nach dem Außerkrafttreten des angefochtenen Verwaltungsakts eine Beschwer (§ 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) nicht mehr gegeben war (vgl. Senat, Urteil vom 7. November 1972 VII K 27/69, BFHE 107, 330; BFH-Urteil vom 17. Juli 1985 I R 214/82, BFHE 144, 333, 335, BStBl II 1986, 21, mit Nachweisen). Entsprechendes gilt auch für das Verpflichtungsbegehren, nachdem mit der vZTA auch die Ablehnung der von der Klägerin beantragten Tarifentscheidung hinfällig geworden war.

Die Kosten sind nach § 135 Abs. 1 FGO der Klägerin aufzuerlegen. Ein Fall von § 137 FGO ist nicht gegeben. Der obsiegenden OFD können die Kosten nicht auferlegt werden, weil die Klageabweisung nicht auf Tatsachen beruht, die sie früher hätte geltend machen oder beweisen können und sollen. Da ihre Aufwendungen nicht zu erstatten sind (§ 139 Abs. 2 FGO), kann sich der Kostenantrag der Klägerin nur auf die Niederschlagung der Gerichtskosten richten. Ihm kann nicht entsprochen werden. Weder kann davon ausgegangen werden, daß der - ursprüngliche - Klageantrag, zumal er durch den rechtskundigen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin gestellt worden ist, auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht (§ 8 Abs. 1 Satz 3 des Gerichtskostengesetzes - GKG -), noch ist eine unrichtige Sachbehandlung - durch das Gericht - gegeben (§ 8 Abs. 1 Satz 1 GKG). Im übrigen war selbst die durch die OFD erteilte Rechtsmittelbelehrung richtig, mochte es auch zweckmäßig gewesen sein, die Klägerin bei der Zustellung der Einspruchsentscheidung auf das nahe bevorstehende Außerkrafttreten der vZTA hinzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416099

BFH/NV 1989, 317

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