Leitsatz (amtlich)

Der Abzug von Beiträgen an Bausparkassen als Sonderausgaben ist nach § 10 Abs. 4 EStG 1971 (sog. „großes” Kumulierungsverbot) auch ausgeschlossen, wenn der zuvor gestellte Spar-Prämienantrag auf vermögenswirksame Leistungen bis zu 624 DM im Sinne des § 12 Abs. 1 des 3. VermBG beschrankt ist.

 

Normenkette

EStG 1971 § 10 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4; SparPG 1972 § 1 Abs. 4 Nr. 3 a, § 2 Abs. 6; WoPG 1969 § 2 Abs. 4 Nr. 1, § 3 Abs. 6; 3. VermBG § 12 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) hat im Juni 1973 eine Spar-Prämie in Höhe von 156 DM für die im Streitjahr 1972 erbrachten vermögenswirksamen Sparleistungen in Höhe von 624 DM beantragt und erhalten. Ihm wurde ferner eine Arbeitnehmer-Sparzulage gewahrt. Der Sparratenvertrag war im Januar 1971 abgeschlossen worden. Auf dem Spar-Prämienantrag hatte er erklärt, daß er Leistungen auf einen Bausparvertrag erbracht habe und keinen Antrag auf Sonderausgabenabzug stellen werde, sowie die dort aufgeführte Frage bejaht, ob der Spar-Prämienantrag auf sparzulagebegünstigte vermögenswirksame Leistungen beschrankt werde. Danach hat er mit der im April 1974 eingereichten Einkommensteuererklärung 1972 Bausparbeiträge in Höhe von 1 213 DM als Sonderausgaben geltend gemacht.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt – FA –) hat im Steuerbescheid 1972 den Sonderausgabenabzug der Bausparbeiträge versagt und die Arbeitnehmer-Sparzulage für die vermögenswirksamen Leistungen wegen Überschreitens der für Verheiratete geltenden 48 000 DM-Grenze zurückgefordert. Der Einspruch gegen die Versagung des Sonderausgabenabzugs war erfolglos.

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, der Kläger könne den Sonderausgabenabzug für seine Bausparbeiträge verlangen, weil sein vorheriger Spar-Prämienantrag nicht wirksam gestellt sei. Diesen habe er lediglich für sparzulagebegünstigte vermögenswirksame Leistungen gestellt, aber solche begünstigte Leistungen nicht erbracht. Diese wären nicht unter das Kumulierungsverbot gefallen und könnten daher beim Wegfall der Zulagebegünstigung ebenfalls nicht kumulierungsschädlich sein. Das ergebe sich aus der Auslegung des Prämienantrags als einer Willenserklärung, und zwar unabhängig davon, ob der Staatsbürger den Prämienantrag auf vermögenswirksame Leistungen beschränkt habe, weil er zutreffend annehme, daneben einen Anspruch auf Bauspar-Prämie zu haben, oder unzutreffend glaube, auch Anspruch auf Berücksichtigung von Bausparleistungen als Sonderausgaben zu haben. Der Spar-Prämienantrag solle stets nur gelten, wenn die besondere Vergünstigung für vermögenswirksame Leistungen gewährt werden könne. Entscheidend sei, daß der Sparer nicht einen Prämienantrag schlechthin stellen wolle, sondern eine eingeschränkten Antrag. Das FG hat die Revision auf Beschwerde des FA zugelassen.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Die in dem Spar-Prämienantrag enthaltene Beschränkung auf sparzulagebegünstigte vermögenswirksame Leistungen führe beim Nichtvorliegen der dafür notwendigen Voraussetzungen nach § 12 des Dritten Vermögensbildungsgesetzes (3. VermBG) keineswegs dazu, daß der Spar-Prämienantrag unwirksam sei. Vielmehr müsse eine allgemeine Prämie gewährt werden. Folge man der Auflassung des FG, so sei dies nicht mehr möglich, weil der Spar-Prämienantrag schlechthin weggefallen sei. Das sei in vielen Fällen problematisch.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet.

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind Beiträge an Bausparkassen zur Erlangung von Baudarlehen Sonderausgaben, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind. Nach § 10 Abs. 4 EStG können Beiträge an Bausparkassen jedoch nicht als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn der Steuerpflichtige für in demselben Kalenderjahr geleistete prämienbegünstigte Aufwendungen eine Prämie nach dem Spar-Prämiengesetz (SparPG) beantragt hat (sog. großes Kumulierungsverbot). Da dies im Streitfall geschehen ist, hat das FA zu Recht den Abzug der Bausparbeiträge als Sonderausgaben abgelehnt. Daran ändert nichts, daß der Kläger seinen Spar-Prämienantrag für zulagebegünstigte vermögenswirksame Leistungen gestellt hat, ihm die Arbeitnehmer-Sparzulage jedoch wegen Überschreitens der für ihn als Verheirateten geltenden 48 000-DM-Grenze nach § 12 Abs. 1 des 3. VermBG nicht gewährt werden durfte. Denn nach Einführung des Dritten Vermögensbildungsgesetzes, das die Vermögensbildung der Arbeitnehmer durch vereinbarten vermögenswirksame Leistungen der Arbeitgeber u. a. durch eine besondere Arbeitnehmer-Sparzulage fördert, die zu den durch das Spar-Prämiengesetz gewährten staatlichen Förderungsleistungen in Form von Prämien hinzutreten kann, sind nur die sog. kleinen Kumulierungsverbote nach § 1 Abs. 4 Nr. 3 a SparPG und § 2 Abs. 4 Nr. 1 des Wohnungsbau-Prämiengesetzes (WoPG) aufgehoben, wenn im Falle des Spar-Prämiengesetzes die vermögenswirksamen Leistungen die nach dem Dritten Vermögensbildungsgesetz geförderten Leistungen nicht übersteigen (§ 2 Abs. 6 SparPG) oder im Falle des Wohnungsbau-Prämiengesetzes der Arbeitnehmer für die vermögenswirksamen Leistungen eine Arbeitnehmer-Sparzulage erhält (§ 3 Abs. 6 WoPG). Das große Kumulierungsverbot bleibt dagegen in beiden Fällen unberührt (§ 2 Abs. 6 Satz 2 SparPG, § 3 Abs. 6 Satz 2 WoPG). Die Gesetze sehen somit eine zusätzliche Förderung von vermögenswirksamen Leistungen, seien sie zulagefähig oder nicht, neben einem Sonderausgabenabzug nicht vor. Daher wäre im Streitfall der Sonderausgabenabzug auch nicht möglich gewesen, wenn der zu versteuernde Einkommensbetrag des Klägers die 48 000-DM-Grenze nach § 12 Abs. 1 des 3. VermBG nicht überstiegen hätte. Es ist nach dem Gesetz für einen Steuerpflichtigen nicht möglich, Spar-Prämien neben dem Abzug von Sonderausgaben zu erhalten, und zwar auch dann nicht, wenn die Spar-Prämie auf vermögenswirksame Leistungen im Sinne des § 12 Abs. 1 des 3. VermBG beschränkt sein soll.

 

Fundstellen

Haufe-Index 510635

BFHE 1977, 344

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