Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Kauft eine Getreidebrennerei infolge des gesetzlichen Verbots, eigenes Getreide zu verbrennen, fremde Rohstoffe, so ist ein Zukauf nur im Umfange der Eigenerzeugung unschädlich; geht der Zukauf darüber hinaus, so ist die Frage, ob die Brennerei als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb oder Gewerbebetrieb zu behandeln ist, nach den Grundsätzen des Urteils IV 250/50 U vom 2. Februar 1951 (Slg. Bd. 55 S. 171, BStBl 1951 III S. 65 = StRK GewStG § 2 Abs. 1 Rechtsspruch 18) zu entscheiden.

 

Normenkette

EStG § 13 Abs. 1, § 13/2, § 15/1; GewStG § 2 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) hat vom 1. Juli 1946 ab eine 142,13 ha große Domäne mit der zu dieser gehörigen, vor 1897 hergerichteten Getreidebrennerei (Kontingent: 74.507 Ltr. reiner Alkohol) auf die Dauer von 18 Jahren gepachtet.

Die Vorinstanzen haben der im Handelsregister nicht eingetragenen Brennerei die vom Bf. begehrte Anerkennung als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb abgesprochen und für den Erhebungszeitraum 1949 wegen des erheblichen Zukaufs fremder Rohstoffe die Gewerbesteuerpflicht bejaht.

Das Brennen wurde im April 1948 begonnen. Nach den Angaben im Berufungsverfahren ist die Brennerei alsbald nach dem im Jahre 1936 erfolgten Verbot, vollwertiges Getreide zu verbrennen, stillgelegt und auch während des Krieges nicht betrieben worden. Diese Erklärung wird im Rechtsbeschwerdeverfahren dahin richtiggestellt, daß, wenn auch mit Unterbrechungen und wechselndem Umfange, bis zum Beginn der Pachtzeit des Bf. gebrannt worden sei. Danach war offenbar die Brennerei bei Pachtbeginn betriebsfähig. Hiermit steht die Einlassung des Bf. im Schriftsatz vom 24. September 1956 nicht ganz im Einklang, daß die Brennerei bei der Pachtübernahme ebenso wie der landwirtschaftliche Betrieb heruntergewirtschaftet gewesen sei und erst habe instandgesetzt werden müssen.

Die Notwendigkeit des Zukaufs begründet der Bf. mit der gesetzlich unzulässigen Verarbeitung von für die menschliche Nahrung geeignetem Getreide. Dieses auf Grund des Gesetzes zur Ordnung der Getreidewirtschaft vom 27. Juni 1934 (Reichsgesetzblatt I S. 527) zuerst in der Verordnung über die Verwertung von Roggen und Weizen zur Herstellung von Branntwein vom 27. November 1936 (Reichsgesetzblatt I S. 954) ausgesprochene Verbot hat mit einer Unterbrechung während der Zeit vom 1. Oktober 1950 bis 22. März 1951 bis zum 15. Juli 1954 bestanden (Art. I der 5. Verordnung zur änderung der 2. Durchführungsverordnung zum Getreidegesetz vom 12. Juli 1954, Bundesgesetzblatt I S. 202). In den Wirtschaftsjahren 1948/1949 bis 1951/1952 wurden in der Hauptsache zugekaufte Roh- und Ersatzstoffe (Schadgetreide, Milomehl, Milokorn, Maiskorn, Malz) verbrannt. Die aus der eigenen Erzeugung stammenden Rohstoffe lagen in dem angeführten Zeitraum fast durchweg unter 5 v. H. der verbrannten Menge und unter 10 v. H. der selbst erzeugten Getreidemenge, so daß der Zukauf rund 90 v. H. betrug. An Rohstoffen wurden verbrannt (in Ztr.):

--------------- 1948/1949 1949/1950 1950/1951 1951/1952 insgesamt: ------ 2.692 --- 5.357 --- 5.484 --- 4.139 davon aus eigener Erzeugung: -------- 165 ----- 314 ----- 173 ------ 92 Zukauf: --------- 2.527 --- 5.043 --- 5.311 --- 4.047 Die gesamte eigene Getreideerzeugung betrug: ----------------- 2.611 --- 3.604 --- 3.281 --- 3.924 Davon standen der Brennerei nach Abzug der für Haushalt, Deputat, Viehfutter und Aussaat erforderlichen Mengen zur Verfügung: ----------------- 1.280 --- 2.511 --- 2.027 --- 2.716 In den Wirtschaftsjahren 1948/1949 bis 1951/1952 sind folgende Mengen an Rohsprit (Liter reinen Weingeistes) gebrannt worden:

--- 1948/1949: 34.442,6 Ltr. --- 1949/1950: 82.139,4 Ltr. --- 1950/1951: 95.887,1 Ltr. --- 1951/1952: 74.979,6 Ltr.Der Rohsprit ist zum Teil an die Monopolverwaltung abgeliefert, zum Teil - die Brennerei besaß keine Anlage zur Herstellung von Trinkbranntwein - im Lohnveredelungsverfahren zu Trinkbranntwein verarbeitet worden; vom letzteren wurden bestimmte Mengen dem Veredler überlassen, den Rest erhielt der Bf. zum eigenen Verkauf zurück. Den von ihm selbst abgesetzten Trinkbranntwein hat er in abgefüllten Flaschen mit der Etikettierung " ... Korn" (32 %) und " ... Doppelkorn" (38 %) in den Verkehr gebracht. Es handelt sich um einen von altersher in der Gegend eingeführten Firmennamen. Der Absatz erfolgte an feste Abnehmer, durch fest angestellte Vertreter und durch Provisionsvertreter. Die zahlenmäßige Aufteilung der erzeugten Mengen Sprit in den einzelnen Wirtschaftsjahren vermittelt nachstehende Aufstellung:

-------------------- 1948/1949 1949/1950 1950/1951 1951/1952 ----------------------- Ltr. --- Ltr. ---- Ltr. ---- Ltr. dem Veredler überlassener Trinkbranntwein --- 16.164,7 -- 13.395,1 - 1.268,2 --- 632,9 selbst abgesetzter Trinkbranntwein ----- 1.382,9 --- 2.934,4 - 5.096,5 - 5.535,3 insgesamt: --------- 17.547,6 -- 16.329,5 - 6.364,7 - 6.168,2 an die Monopol verwaltung abge= lieferter Rohsprit ----------- 16.895,0 -- 65.809,9 - 89.522,4 - 68.811,4 gesamter Rohsprit -- 34.442,6 -- 82,139,4 - 95.887,1 - 74.979,6 Aus der Ablieferung des Rohsprits und dem Verkauf des Trinkbranntweins wurden erzielt (in DM):

-------------------- 1948/1949 1949/1950 1950/1951 1951/1952 vom Veredler: ------ 350.314,03 200.371,61 16.598,22 8.829,30 aus selbst abgesetztem Trinkbranntwein: --- 35.008,80 64.701,05 83.030,40 85.294,24 -------------------- 385.322,83 265.072,66 99.628,62 94.123,54 aus Rohsprit: ------- 34.555,55 98.785,20 129.617,45 130.900,85 -------------------- 419.878,38 363.857,86 229.246,07 225.024,39. In den Trinkbranntweinumsätzen ist an Branntweinsteuer enthalten: Umsätze insgesamt: -------- 385.322,83 265.072,66 99.628,62 94.123,54 Branntwein- steuer: ------------ 216.099,50 183,566,00 69.316,00 66.818,00 Umsätze ohne Branntwein- steuer: ------------ 169.223,33 81.506,66 30.312,62 27.305,54.Das Finanzgericht ist bei seiner, die Gewerbesteuerpflicht bejahenden Auffassung von nachstehenden Erwägungen ausgegangen:

Als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb gelte nach dem Gesetz (ß 13 Abs. 2 Ziff. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) ein Betrieb, der dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetriebe zu dienen bestimmt sei. Diese Voraussetzung erfülle ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb nur, wenn er entweder aus dem Hauptbetrieb gewonnene Erzeugnisse zum Zwecke einer besseren Verwertung verarbeite, und wenn die Rückstände im Hauptbetrieb wieder verwendet würden (Verarbeitungsbetrieb), oder wenn er die Bodensubstanz zur Befriedigung der Bedürfnisse des Hauptbetriebes gewinne und verwerte (Substanzbetrieb). Seit der Inbetriebnahme der Brennerei seien fast ausschließlich zugekaufte Rohstoffe verbrannt worden. Während der Wirtschaftsjahre 1948/1949 bis 1951/1952 stammten aus der eigenen Erzeugung durchschnittlich noch nicht 5 v. H. der verbrannten Rohstoffe und noch nicht 10 v. H. des angebauten Getreides. Damit habe sich der Bf. in einem über den landwirtschaftlichen Nebenbetrieb hinausgehenden Umfang am allgemeinen Wirtschaftsverkehr beteiligt. Für die Frage, ob ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb oder ein gewerblicher Betrieb vorliege, komme es entgegen der Ansicht des Bf. weder auf die Organisationsform noch auf die gegenseitige Abhängigkeit von Haupt- und Nebenbetrieb, sondern allein darauf an, ob sich letzterer grundsätzlich auf den Absatz eigen gewonnener Erzeugnisse beschränke. Zukäufe seien nur insoweit unschädlich, als sie zur Aushilfe im Erzeugungsprozeß notwendig und daher regelmäßig unbedeutend seien. Bei der Brennerei des Bf. lägen die Verhältnisse genau umgekehrt. In den vier auf die Inbetriebnahme der Brennerei folgenden Wirtschaftsjahren seien fast ausschließlich zugekaufte Rohstoffe verarbeitet worden. Die Brennerei habe damit ihren Charakter als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb verloren. Demgegenüber könne sich der Bf. nicht auf die Entscheidung der Finanzleitstelle - S 2216 - 4/Re - vom 10. Januar 1947 (Deutsche Steuerzeitung 1947 S. 92) berufen, nach der ein Zukauf fremder Rohstoffe dann unschädlich sei, wenn er nicht durch eigenen Entschluß, sondern durch die vorkriegs- und kriegswirtschaftlichen Vorschriften zur Ordnung der Getreidewirtschaft ausgelöst worden und nur vorübergehender Natur gewesen sei. Bei dem vorliegenden Tatbestand handle es sich jedoch um einen anderen Fall; hier sei die infolge der Bewirtschaftungsbestimmungen eingestellte Brennerei von dem Bf. in einem Zeitpunkt wieder in Betrieb genommen worden, an dem die Zwangsbewirtschaftung, mit deren Beendigung in absehbarer Zeit nicht habe gerechnet werden können, noch fortbestanden habe. Der Entschluß zur Inbetriebnahme der Brennerei lasse erkennen, daß der Bf. diese ohne Rücksicht darauf ausnutzen wollte, ob und inwieweit eigene Erzeugnisse verarbeitet werden durften. Zwar möge auch die Gewinnung von Schlempe eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben; dem Bf. sei es jedoch nicht darauf angekommen, die in der Domäne gelegenen landwirtschaftlichen Möglichkeiten, sondern die besonders günstige Konjunktur für Trinkbranntwein auszunutzen. Der Bf. habe sich vorwiegend von kaufmännischen Erwägungen leiten lassen, um mit den zu erwartenden Gewinnen die landwirtschaftlichen Verluste auszugleichen. Das ergebe sich aus der nachstehenden übersicht:

--------------------------- II/1948 ------- 1949 Verlust aus Landwirtschaft: 37.502 DM ----- 57.449 DM Gewinn aus Brennerei: ----- 30.183 DM ----- 44.868 DM Unterschied: -------------- 7.319 DM ----- 12.581 DM.Die mindestens gleichwertige Bedeutung von Brennerei und landwirtschaftlichem Betrieb zeige das Verhältnis der Umsätze:

--------------- 1948/1949 1949/1950 1950/1951 1951/1952 Gesamte Brenne- -- DM ----- DM ------ DM ------- DM Freiumsätze: --- 419.878 --- 363.858 - 229.246 - 225.566 darin enthaltene Branntwein- steuer: ------- 216.100 --- 183.566 - 69.316 -- 66.818 Umsätze ohne Branntwein- steuer: ------- 203.778 --- 180.292 - 159.930 - 158.748 landwirtschaft- liche Umsätze: 104.068 --- 161.116 - 206.007 - 242.137.Es dürfe ferner nicht unbeachtet bleiben, daß sich der Bf. nicht auf die Erzeugung von Rohsprit beschränkt habe, sondern in erheblichem Umfang im Lohnveredlungsverfahren Trinkbranntwein habe herstellen lassen. Auch wenn diesem Umstande allein keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werde, so bestätige er doch im Zusammenhang damit, daß der Bf. die Brennerei nicht hätte beginnen können, wenn er nicht von vornherein entschlossen gewesen wäre, fremde Rohstoffe zu verarbeiten, und daß es ihm allein darauf angekommen sei, aus der Brennerei ohne Rücksicht auf die landwirtschaftlichen Belange aus kaufmännischen Gesichtspunkten möglichst hohe Erträge zu erzielen. Wenn die Trinkbranntweinherstellung in den Wirtschaftsjahren 1950 / 1951 und 1951/ 1952 zurückgegangen und ab 1. Juli 1954 völlig eingestellt worden sei, so beweise diese Entwicklung lediglich, daß es sich bei der Trinkbranntweinherstellung nicht um eine mit Rücksicht auf den landwirtschaftlichen Betrieb, sondern um eine vom Streben nach Rentabilität geleitete Maßnahme gehandelt habe. In dem Vorgehen müsse eine bewußte Aufgabe der bisherigen Betriebsform der Brennerei als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb erblickt werden; das Brennereirecht habe der Bf. von vornherein gewerblich nutzen wollen und auch so genutzt.

Bei dieser Beurteilung erübrige sich eine Untersuchung, ob und inwieweit der landwirtschaftliche Betrieb bei Aufhebung der Zwangsbewirtschaftung in der Lage gewesen wäre, die zur Ausnutzung der Brennerei erforderlichen Getreidemengen zur Verfügung zu stellen, und ob durch eine Umstellung der Brennerei auf die Verarbeitung von Kartoffeln, wofür zunächst die erforderlichen Einrichtungen fehlten, eine noch vorhandene Produktionslücke hätte geschlossen werden können. Ebensowenig komme es darauf an, ob etwa ein größerer Anbau von Getreide einen Zukauf überflüssig machen würde. Abgesehen davon, daß das Finanzgericht gegenüber der Durchführbarkeit einer solchen Maßnahme trotz des vom Bf. eingereichten Gutachtens Zweifel hege, sei in den sechs auf die Inbetriebnahme der Brennerei folgenden Wirtschaftsjahren eine solche Umstellung nicht vorgenommen worden.

Die monopolrechtliche Behandlung sei nicht maßgebend, um so weniger, als die vor dem 1. Oktober 1897 hergerichtete Brennerei nach dem Branntweinmonopolgesetz (BrMonG) - § 25 Abs. 3 - fremde Erzeugnisse verbrennen durfte. Aus der Anerkennung als landwirtschaftlicher Brennerei durch die Monopolgesetzgebung könnten für die Frage, ob ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb oder ein Gewerbebetrieb vorliege, keine Anhaltspunkte gewonnen werden; im gleichen Sinne habe auch der Reichsfinanzhof in dem Urteil III A 371/29 vom 22. Mai 1930, Reichssteuerblatt 1930 S. 520, Stellung genommen.

Die Auffassungen des Finanzgerichts werden in der Rechtsbeschwerde (Rb.) als unrichtig bezeichnet, insbesondere müsse die Zwangsbewirtschaftung von Getreide als vorübergehend angesehen werden. Es treffe auch nicht zu, daß für die Inbetriebnahme der Brennerei die günstige Wirtschaftslage im Trinkbranntweingeschäft und kaufmännische Erwägungen ohne Rücksicht auf die betrieblichen Verhältnisse der Landwirtschaft maßgebend gewesen seien. Vielmehr habe die Brennerei, als zur Pachtung gehörig, unbedingt genutzt werden müssen; auch sei eine Gesundung des gesamten Betriebes ohne die für die Landwirtschaft wertvolle Schlempe nicht zu erwarten gewesen. Die vom Finanzgericht hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Bedeutung vorgenommene Gleichsetzung von Brennerei und Landwirtschaft gehe fehl; hierbei müsse von den nachhaltigen betrieblichen Verhältnissen ausgegangen werden; anormale Jahre, wie sie z. B. 1948 / 1949 und 1949 / 1950 vorgelegen hätten, müßten ausscheiden. Danach sei die wirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft überwiegend; die Brennerei würde, auf sich gestellt, nicht lebensfähig sein.

Betriebswirtschaftlich sei eine Brennereiwirtschaft eine Einheit, auch wenn Trinkbranntwein hergestellt werde. Sei das an sich bereits keineswegs schädlich, so um so weniger, wenn sie, wie hier, nur in geringfügigem Umfang erfolgt sei und Vorrichtungen zur Fertigstellung von Trinkbranntwein fehlten. Nach der Verkehrsanschauung gehöre die Brennerei zur Domäne und stelle einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb dar.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung des Sachverhaltes ergibt folgendes:

Das Finanzgericht ist bei der Abgrenzung, ob ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb oder ein Gewerbebetrieb vorliegt, zutreffend davon ausgegangen, daß ein Nebenbetrieb grundsätzlich nur angenommen werden kann, wenn es sich auf die Verwertung und den Absatz der im landwirtschaftlichen Hauptbetrieb gewonnenen Erzeugnisse beschränkt. Erst und nur dann erfüllt er seine im Gesetz (ß 13 Abs. 2 Ziff. 1 EStG) geforderte Bestimmung, dem Hauptbetrieb zu dienen, eine Forderung, die im § 13 Abs. 1 Ziff. 2 a. a. O. für die hier aufgeführten Betriebe zum Gesetzestatbestand erhoben ist. In Abweichungen von der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs hat der Bundesfinanzhof in dem Urteil IV 250/50 U vom 2. Februar 1951, Slg. Bd. 55 S. 171, Bundessteuerblatt 1951 III S. 65 = Steuerrechtsprechung in Karteiform, Gewerbesteuergesetz § 2 Abs. 1 Rechtsspruch 18, einen über die Eigenerzeugung hinausgehenden Zukauf für unschädlich erklärt, soweit er sich als Aushilfe im Erzeugungsprozeß als notwendig erweist und deshalb in der Regel nur unbedeutend sein wird. An diesem Grundsatz wird festgehalten. Er ist durch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 430/55 U vom 15. November 1956, Bundessteuerblatt 1957 III S. 37, erneut bestätigt worden. Vom Bf. wird er nur deshalb nicht für anwendbar gehalten, weil der Zukauf infolge der Zwangsbewirtschaftung des Getreides betriebsnotwendig gewesen sei, und das Verbot des Verbrennens von Getreide im Gegensatz zur Auffassung des Finanzgerichts nicht deshalb unbeachtet zu bleiben habe, weil die Brennerei erst zwei Jahre nach Pachtbeginn in Betrieb genommen sei, und sich die Getreidebewirtschaftung bis Mitte 1954 hingezogen habe.

Es ist dem Bf. zuzugeben, daß die Darlegungen des Finanzgerichts nicht bedenkenfrei sind. Die Gewerbesteuerpflicht kann nicht davon abhängig gemacht werden, ob die Brennerei laufend oder nur mit Unterbrechungen betrieben worden ist, und ob der Pächter das Brennen erst einige Zeit nach Pachtbeginn in Kenntnis des Verbotes begonnen hat. Die Unzulässigkeit des Brennens von Getreide traf jeden Brennereibetrieb; aus der Tatsache der Dauer einer Stillegung kann für die Frage der Abgrenzung von landwirtschaftlichem Nebenbetrieb und Gewerbebetrieb nicht hergeleitet werden. Hierfür kann auch der vom Finanzgericht als wesentlich in den Vordergrund gestellte Umstand nicht verwertet werden, der Bf. habe sich vorwiegend von kaufmännischen überlegungen leiten lassen. Jeder Betriebsinhaber will die ihm zur Verfügung stehenden Wirtschaftsgüter ertragbringend verwenden oder verwerten; das Streben nach Gewinn sowie die Ausnutzung einer Konjunktur müssen einem Landwirt ebenso wie einem Gewerbetreibenden zugestanden werden, ohne daß deshalb sein Betrieb steuerlich seinen Charakter ändert. Ob letzteres der Fall ist, muß nach objektiven, nicht subjektiven Gesichtspunkten entschieden werden. Es kommt deshalb maßgeblich nicht darauf an, daß der Bf. die Brennerei trotz des bestehenden Brennverbotes von Getreide erst Anfang 1948 in Betrieb genommen hat, auch ist es unerheblich, ob er die zu dieser Zeit bestehende Wirtschaftslage auf dem Trinkbranntweinmarkt ausnutzen wollte oder ausgenutzt hat. Bei der Beurteilung, ob ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb oder ein Gewerbebetrieb vorliegt, muß davon ausgegangen werden, wie die Brennerei tatsächlich im Rahmen der für das Getreide geltenden Bewirtschaftungsbestimmungen betrieben worden ist. Dem Zukauf kann nur insoweit eine die Einkunftsart nicht beeinflussende Bedeutung beigemessen werden, als er durch die Zwangsbewirtschaftung des Getreides verursacht war. Das Verbot des Verbrennens von Getreide kann aber nicht dazu führen, einen Zukauf als unschädlich anzusehen, der erheblich über den durch die Zwangsbewirtschaftung gebotenen Rahmen hinausgeht. Diese gibt keine Befugnis, unbeschränkt fremde Erzeugnisse zu erwerben und zu verwerten. Hätte das Brennverbot nicht bestanden und hätte der Bf. außer den eigenerzeugten Rohstoffen indem im Streitfall festgestellten Umfange fremde zugekauft, so könnte der gewerbliche Charakter der Brennerei nicht in Zweifel gezogen werden. Infolge der Zwangsbewirtschaftung kann der Bf. bezüglich der über die Eigenerzeugung hinausgehenden Höhe des Zukaufes nicht besser gestellt werden. Hierbei ist von den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen, wie sie in den einzelnen Wirtschaftsjahren gegeben waren. Es ist unbeachtlich, ob der Bf. die Anbaufläche an Getreide vergrößern, oder ob er eine Produktionslücke im Falle des Vorhandenseins der entsprechenden Anlagen durch Brennen von Kartoffeln schließen konnte.

Geht man von der Menge der verwerteten Rohstoffe und des in den einzelnen Wirtschaftsjahren erzeugten Rohsprits aus, so sind für die Ausnutzung des Kontingents im Durchschnitt 4.657 Ztr. Rohstoffe erforderlich. Nach den Angaben des Bf. sollen 4.200 Ztr., nach denen des Prüfers 4.400 Ztr. genügen. Es braucht nicht untersucht zu werden, welche Zahl genauer ist, da sich bei der prozentualen Berechnung des Verhältnisses von tatsächlich erzeugter Menge und notwendiger Rohstoffmenge keine wesentlichen Unterschiede ergeben. Stellt man nämlich die für die Ausnutzung des Kontingents erforderliche Menge Rohstoffe der in den einzelnen Jahren tatsächlich zum Brennen zur Verfügung stehenden Getreidemenge gegenüber, so würde sich bei Ausnutzung des Kontingents im Wirtschaftsjahr 1948/1949 ein Zukauf von 70 v. H., im Wirtschaftsjahr 1949/1950 von 45 bis 40 v. H., im Wirtschaftsjahr 1950/1951 von 55 bis 50 v. H. und im Wirtschaftsjahr 1951/1952 von 42 bis 35 v. H. ergeben, das heißt der Bf. hat, auch wenn die Zwangsbewirtschaftung nicht vorhanden gewesen wäre, in der angegebenen Höhe fremde Erzeugnisse zugekauft, im Durchschnitt der vier Jahre demnach rund 50 v. H. (53 v. H. bis 48,75 v. H.). Der Bf. hätte daher nur 50 v. H. der erforderlichen Rohstoffe aus eigener Erzeugung decken können, ein Ergebnis, zu dem auch der Betriebsprüfer gekommen ist. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß der Bf. unter Umständen das Kontingent bei freier Bewirtschaftung des Getreides nicht ausgenutzt hätte. Das ist zwar möglich; es kann aber nicht von Vermutungen ausgegangen und dem Bf. wegen der Zwangsbewirtschaftung ein höherer Zukauf als steuerunschädlich zugestanden werden, als es ohne das Brennverbot hätte geschehen können. Die Tatsache der Bewirtschaftung von Getreide kann dem Bf. in bezug auf die Streitfrage zwar nicht zum Nachteil gereichen; er durfte sie aber nicht dazu benutzen, in einem Umfange Fremderzeugnisse zuzukaufen, der über das zulässige Maß hinausging. Das ist aber bei einem Zukauf von mehr als 40 v. H. im Sinne der eingangs angeführten Rechtsprechung zu bejahen. Bei einem Zukauf in diesem Umfange wird der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen landwirtschaftlichem Betrieb und Brennerei gelöst; diese hatte ihre Produktionsgrundlage in der Hauptsache nicht mehr in dem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb, sondern verschaffte sie sich fast ausschließlich außerhalb desselben. Dem Bf. war zwar im Gegensatz zur Auffassung des Finanzamts nicht zuzumuten, die Brennerei stilliegen zu lassen; er mußte sich aber, um sich nicht der Heranziehung zur Gewerbesteuer auszusetzen, darauf beschränken, Ersatzstoffe nur in dem der Eigenerzeugung entsprechenden Umfange zu kaufen und zu verbrennen, wobei eine unbedeutende überschreitung in Kauf genommen werden konnte.

Das Vorbringen des Bf., die Brennerei habe, weil zum Pachtobjekt gehörig und auch wegen des auf sie entfallenden Pachtentgelts, genutzt werden müssen, und die Schlempegewinnung sei für den landwirtschaftlichen Betrieb wertvoll und notwendig gewesen, liegt neben der Sache. Die erstere Behauptung ergibt sich aus dem Pachtvertrag nicht zwingend. Ob in dem auf den Morgen abgestellten Pachtzins (25 DM) ein Anteil für die Brennerei enthalten ist, kann nach den vorliegenden Unterlagen nicht nachgeprüft werden. Im übrigen besagt der Vertrag hinsichtlich der Verwendung der Pachtobjekte nur, daß die "haushälterisch und so, wie es einem guten Pächter ziemt zu benutzen, "die Grundstücke möglichst zu verbessern sind und auf die Erhaltung der Gerechtsame des Pachtobjektes zu achten" ist (ß 13 des Vertrages). Selbst wenn hieraus eine Verpflichtung zur Inbetriebnahme der Brennerei hergeleitet werden könnte, so doch nur in einem Umfange, der ihren Charakter als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb nicht beeinträchtigen soll. Abgesehen davon, daß der Verpächter die zweijährige Stillegung unbeanstandet hingenommen hat, kann der Pachtvertrag nicht zur Begründung für den erheblichen Zukauf verwertet werden. Dasselbe gilt für die Schlempegewinnung. Zwar dient diese unbestrittenermaßen dem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb (Viehhaltung, höherer Milchertrag, Düngevermehrung, Verbesserung des Ackers), aber das ist auch dann der Fall, wenn nur fremde Erzeugnisse verbrannt werden. Die Erzeugung von Schlempe kann daher für sich allein nicht als bedeutsames Merkmal für die Abgrenzung von landwirtschaftlichem Nebenbetrieb und Gewerbebetrieb verwertet werden. Es wird auch der Behauptung des Bf. nicht zuzustimmen sein, die Brennerei könne ohne die Verbindung mit dem landwirtschaftlichen Betrieb selbständig nicht bestehen. Umsatz und Gewinn zeigen, daß die Brennerei auch als selbständiger Betrieb durchaus lebensfähig wäre. Die aus der Landwirtschaft gezogenen Vorteile bestanden und bestehen in der Hauptsache in der Gespanngestellung und der Verwendung landwirtschaftlicher Arbeitskräfte. Diese sowie die erforderlichen Beförderungsmittel konnte sich die Brennerei auch sonst beschaffen, ohne daß dadurch ihr Ertrag ernsthaft gefährdet worden wäre. Gerade die hier bedeutsamen Veranlagungszeiträume zeigen die Unabhängigkeit der Brennerei von dem landwirtschaftlichen Betrieb, der für sie nur in geringfügigem Umfange eine Grundlage abgegeben hat. Die Brennerei hätte auch auf die in Höhe von 10 v. H. aus der eigenen Erzeugung stammenden Rohstoffe verzichten und diese noch hinzukaufen können. Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Brennerei und Landwirtschaft waren, soweit überhaupt vorhanden, nur lose. In den Streitjahren hatte die Brennerei für die Landwirtschaft wirtschaftlich eine größere Bedeutung als umgekehrt.

Der Bf. kann sich für seine Ansicht auch nicht mit Erfolg auf das Ergebnis der in der Deutschen Steuerzeitung B 1955 S. 290 wiedergegebenen Besprechung der Steuerreferenten der Länder berufen. Auch hier wird nur ein im Umfang des angelieferten Getreides oder der als Ablieferungsprämien zugewiesenen Rohstoffe getätigter Zukauf als unschädlich angesehen; es wird aber keine darüber hinausgehende Verwertung fremder Erzeugnisse begünstigt. Andererseits kann dem Bf. die lange Dauer des Verbotes des Brennens von Getreide (1936 bis 1954) nicht zum Nachteil gereichen. Es ist zwar zutreffend, daß der bisherigen Rechtsprechung (siehe Urteil des Reichsfinanzhofs I A 222/25 vom 28. Mai 1926, Reichssteuerblatt 1926 S. 320 = Mrozek-Kartei, Reichsbewertungsgesetz § 11 Abs. 1 Rechtsspruch 1, und die bereits erwähnte Entscheidung der Finanzleitstelle in Deutscher Steuer-Zeitung 1948 S. 92) und dem Schrifttum, wie es auch in der Vorentscheidung geschieht, entnommen werden könnte, daß ein durch besondere Umstände veranlaßter Zukauf nur unschädlich ist, wenn die besonderen Umstände vorübergehender Natur sind. Für die Regel mag das richtig sein; es wird dabei aber jeweils die Art der besonderen Umstände nicht unberücksichtigt bleiben können. Der Begriff "vorübergehend" wird dementsprechend eng oder weit ausgelegt werden müssen. Beruht der Zwang zum Zukauf auf gesetzlicher Anordnung und wird diese aus zwingenden volkswirtschaftlichen Gründen länger aufrechterhalten, so können hieraus für die Steuerpflichtigen grundsätzlich keine nachteiligen Folgerungen gezogen werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn, wie hier, mit der Aufhebung der Zwangsbewirtschaftung gerechnet werden konnte. Offensichtlich war die Wirtschaftsplanung des Dritten Reiches bereits im Jahre 1936 auf die späteren Ereignisse abgestellt. Die nach dem Verlust des Krieges durch die Besatzungsmächte verfolgte Wirtschaftspolitik machte aus Gründen einer ausreichenden Ernährung der Bevölkerung ein länger dauerndes Brennverbot zu einer Notwendigkeit. Angesichts dieser besonderen Umstände können den Bf. in bezug auf den Zukauf aus der Dauer des Brennverbotes keine nachteiligen Folgen treffen, allerdings, wie bereits ausgeführt, nur in dem allein durch die Zwangswirtschaft bedingten Umfange.

Ein Rohstoffzukauf führt aber regelmäßig nur dann zu einer änderung der Wesensart des Betriebes, zu einer Aufhebung der dienenden Bestimmungen des Nebenbetriebes und zu einer selbständigen Erwerbsquelle, wenn er dauernd und nachhaltig das betriebsnotwendige Maß überschreitet (Urteile des Bundesfinanzhofs IV 91/54 U vom 5. August 1954 - Slg. Bd. 59 S. 129, Bundessteuerblatt 1954 III S. 259 = Steuerrechtsprechung in Karteiform, EinkStG § 13 Rechtsspruch 18 -, I 203/53 U vom 19. Juli 1955 - Slg. Bd. 61 S. 215, Bundessteuerblatt 1955 III S. 281 = Steuerrechtsprechung in Karteiform, GewStG § 2 Abs. 1 Rechtsspruch 42 - und IV 430/55 U vom 15. November 1956 - Bundessteuerblatt 1957 III S. 37 -). Die Vorinstanzen haben in dieser Beziehung einen Zeitraum von vier Wirtschaftsjahren zugrunde gelegt. Dieser kann als ausreichend angesehen werden. Wenn auch zuzugeben ist, daß das Wirtschaftsjahr 1948/1949 unbestritten ein anormales gewesen ist, so kann nach der Sachlage unbedenklich angenommen werden, daß der Zukauf dadurch nicht beeinflußt worden ist.

Daß die monopolrechtliche Regelung für die hier zu entscheidende Abgrenzungsfrage nicht verwendet werden kann, ist in der Vorentscheidung zutreffend dargelegt. Die Brennerei des Bf. ist vor dem 1. Oktober 1897 errichtet; er durfte hiernach bereits nach § 25 BrMonG fremdes Getreide verbrennen.

Dem Finanzgericht ist auch darin zuzustimmen, daß es die Herstellung von Trinkbranntwein für die Annahme eines gewerblichen Betriebes nur unterstützend gewertet hat. Da der Anteil des verkauften Trinkbranntweins im Wirtschaftsjahr 1948/1949 nur 4,2 v. H., 1949/1950 3,5 v. H., 1950/1951 6 v. H. und 1951/1952 5,5 v. H. betragen hat, braucht die Frage, ob die - übrigens im Jahre 1954 eingestellte - Trinkbranntweinherstellung allein zur Annahme eines Gewerbebetriebes ausgereicht hätte, wenn im übrigen nur Rohstoffe in zulässiger Menge verwendet worden wären, nicht abschließend geprüft und entschieden zu werden. Die Tatsache, daß der Verkauf des Trinkbranntweins in Flaschen mit der seit langer Zeit eingeführten Firmenbezeichnung und durch fest angestellte und sonstige Provisionsvertreter stattgefunden hat, muß aber immerhin in bezug auf die Annahme eines Gewerbebetriebes positiv gewürdigt werden, da die Verarbeitung des Rohsprits und der Absatz von Trinkbranntwein ihrem Wesen nach kein Ausfluß des landwirtschaftlichen Betriebes sind.

Die Rb. war hiernach als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408721

BStBl III 1957, 165

BFHE 1957, 441

BFHE 64, 441

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