Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Sichere Gewähr der Errichtung des Wohnungsbaues als Voraussetzung der Anwendung des § 7c EStG 1950.

 

Normenkette

EStG § 7c; StAnpG § 5

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.), Alleininhaber der Firma A, hat in den Monaten November und Dezember 1950 der B GmbH unverzinsliche Darlehen in Höhe von insgesamt 38.000 DM zum Bau von Wohnungen gegeben. Gesellschafter der GmbH sind der Bf. und seine Ehefrau. Die Darlehen sind wie folgt gegeben worden:

am 23. 11. 1950 Zahlung an C --------------- 5.000 DM, am 23. 11. 1950 Zahlung an D --------------- 5.000 DM, am 13. 12. 1950 Zahlung an C -------------- 11.000 DM. Diese Zahlungen sind zum Ausgleich von Warenverpflichtungen der GmbH erfolgt; am 19. 12. 1950 Zahlung auf laufendes Bankkonto der GmbH ------------------------ 10.000 DM, am 21. 12. 1950 Zahlung auf laufendes Bankkonto der GmbH ------------------------- 7.000 DM, ------------------------------------------- 38.000 DM. Das Finanzamt hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7c des Einkommensteuergesetzes (EStG) verneint. Der Bf. hat hiergegen eingewendet, daß im Gesetz keine Vorschrift enthalten sei, die eine unmittelbare Verwendung des Darlehens für den Wohnungsbau verlange. Es sei deshalb nicht zu beanstanden, das Darlehen bis zur Sicherstellung der Finanzierung des Baues zwischenzeitig in dem Unternehmen arbeiten zu lassen. Es genüge, daß die Darlehnshingabe dem Darlehnsnehmer die Möglichkeit verschaffe, über die gegebenen Gelder zu Wohnungsbauzwecken zu verfügen. Ausschlaggebend sei die Verfügungsmöglichkeit, nicht aber die tatsächliche Verfügung. Insbesondere sei es auch nicht erforderlich, daß der Bau zur Zeit der Hingabe des Darlehens bereits in Angriff genommen sei, oder daß die Inangriffnahme unmittelbar bevorstehe.

Die Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht hat ausgeführt, daß nach Abschn. 74 b der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1950 die Vergünstigung des § 7c EStG in Anspruch genommen werden könne, wenn unverzinsliche Darlehen zum Erwerb von Bauland gegeben werden, und wenn die Errichtung des Wohnungsbaues in sicherer Aussicht stehe. Das könne z. B. dann der Fall sein, wenn bereits eine Bescheinigung der zuständigen Verwaltungsbehörde über das Bauvorhaben vorliege.

Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Bei dem Bf. habe in der Zeit vom 21. Mai bis 15. Juni 1951 eine Betriebsprüfung stattgefunden. Die Schlußbesprechung sei am 25. Juni 1951 durchgeführt worden. Erst in dieser Zeit - am 16. Juni 1951 - habe die GmbH den Bauplatz gekauft. Zum Nachweis des damals bevorstehenden Wohnungsbaues seien dem Finanzgericht weder ein Bauplan oder eine Bauzeichnung oder ein Auftrag an den Bauunternehmer bzw. Architekten oder eine vorläufige Bescheinigung der zuständigen Verwaltungsbehörde noch sonstige Unterlagen über das Bauvorhaben vorgelegt worden. Daraus müsse gefolgert werden, daß der Baubeginn weder im Jahr 1950 noch im Juni 1951 in sicherer Aussicht gestanden habe. Es könne also nicht davon gesprochen werden, daß das im Jahre 1950 gegebene Darlehen den Wohnungsbau gefördert habe. Das sei aber eine unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung des § 7c EStG. Die Möglichkeit des Beginns des Wohnungsbaues an einen unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft genüge für die Gewährung der Steuervergünstigung auch dann nicht, wenn ein Teil des Darlehens ein halbes Jahr nach der Hingabe vom Darlehnsempfänger zum Erwerb von Bauland verwendet worden sei.

Nach Abschn. 72 Abs. 1 EStR 1950 müßten Empfänger von unverzinslichen Darlehen diese unmittelbar zum Wohnungsbau verwenden. Als unmittelbare Verwendung könne es nach Abs. 2 des gleichen Abschnitts auch angesehen werden, wenn der Empfänger das Darlehen vorübergehend bis zur entsprechenden Verwendung auf ein Bankkonto oder auf ein Sparkonto einzahle. Ob § 7c EStG auch dann noch angewandt werden könne, wenn das zu Wohnungsbauzwecken gegebene Darlehen zunächst im Betriebe der Darlehnsnehmerin arbeite, werde von den Umständen des Einzelfalles abhängen. Der Darlehnsbetrag müsse in derartigen Fällen nach Ansicht des Finanzgerichts mindestens in dem Finanzierungsplan für den Wohnungsbau seinen festen Platz haben und jederzeit verfügbar sein. Bei dem Bf. sei es nach seiner eigenen Angabe im Schriftsatz vom 17. Oktober 1951 dagegen so, daß das Darlehen bis zum Baubeginn in dem Gewerbebetrieb der Darlehnsnehmerin hätte arbeiten müssen, um daraus die Gewinne zu erzielen, die die Finanzierung des Wohnungsbaues erst ermöglichen sollten. Bei einem derartigen Einsatz der Mittel im Betriebe der Darlehnsnehmerin handele es sich nicht um eine Verwendung des Darlehens zur Förderung des Wohnungsbaues, sondern um die Verstärkung des Kapitals der Darlehnsnehmerin. Sei die GmbH zum alsbaldigen Wohnungsbau finanziell nicht imstande, hätte sie die Mittel für den Wohnungsbau erst 1951 mit Hilfe dieser Darlehnsbeträge verdienen müssen, so läge in der Hingabe des Darlehens im Jahre 1950 noch keine Förderung des Wohnungsbaues.

Das Finanzgericht hat von einer Prüfung der Frage abgesehen, ob es sich im vorliegenden Falle um ein Scheingeschäft oder eine andere Scheinhandlung im Sinne des § 5 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) handelt.

Im Rechtsbeschwerdeverfahren hat der Bf. u. a. geltend gemacht:

über die Bestimmung, das Darlehen zum Wohnungsbau zu verwenden, habe niemals Zweifel zwischen den Vertragspartnern bestanden.

Da der Bf. als Geschäftsführer der Darlehnsnehmerin fast die ganze Woche auf Geschäftsreisen sei, hätte sich die Entscheidung, welches Grundstück gekauft werden sollte, verzögert. Der Grundstückskauf am 16. Juni 1951 beweise die Bauabsicht. Nach dem Erwerb des Baulandes sei deshalb noch nicht mit dem Bau begonnen worden, weil in der Schlußbesprechung dem Darlehnsgeber die steuerliche Anerkennung der Voraussetzungen des § 7c EStG versagt worden sei.

Das Urteil des Finanzgerichts gehe von einem falschen Tatbestand aus, wenn es feststelle, daß das Darlehen bis zum Baubeginn in dem Gewerbebetrieb der GmbH hätte arbeiten müssen, um Gewinne zu erzielen, die die Finanzierung des Wohnungsbaues erst hätten ermöglichen sollen. Die Einlassung des Bf. im Berufungsverfahren rechtfertige diese Feststellung nicht.

Die Einkommensteuer-Richtlinien 1951 (Abschn. 72 Abs. 2) ließen zu, daß ein Darlehnsnehmer vorübergehend unverzinsliche Darlehen oder Zuschüsse auf ein Bankkonto oder Sparkonto einzahle. Es liege kein wirtschaftlicher Sinn darin, eine kurzfristige Verwendung zum Ausgleich von Lieferantenschulden anders zu behandeln.

Die GmbH hätte es nicht nötig gehabt, das Darlehen als Betriebsmittelkredit arbeiten zu lassen, um Gewinne zu erzielen, die erst die Bauausführung finanzierten. Sie hätte nach ihrer Bilanz vom 31. Dezember 1950 über einen liquiden überschuß ihres Umlaufvermögens über die Verbindlichkeiten (ohne das Darlehen) von fast 60.000 DM verfügt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) ist unbegründet.

Das Finanzgericht sieht in der Verwaltungsvorschrift des Abschn. 74 b Abs. 3 EStR 1950 eine zutreffende Auslegung des Gesetzes. Ihr ist auch dann zuzustimmen, wenn ein unverzinsliches Darlehen vielleicht nicht ausdrücklich zum Erwerb von Bauland gegeben, zunächst aber hierzu verwendet worden ist. Erstmalig im Einkommensteuergesetz 1951 (ß 7c Abs. 1 Buchst. f) wird eine unmittelbare Förderung des Wohnungsbaues gefordert. Der Senat sieht in der Einfügung des Wortes "unmittelbar" bar" nicht eine gesetzliche Einschränkung der bisherigen Vorschrift, sondern gibt ihr nur eine deklaratorische Bedeutung. Man wird dem finanzpolitischen Zweck der Gesetzesvorschrift nicht gerecht, wenn man zulassen würde - wie das Finanzgericht zutreffend ausführt -, daß die Möglichkeit des Wohnungsbaues an einem unbestimmten Zeitpunkt genügt, um die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung zu schaffen. Die Errichtung des Wohnungsbaues muß in sicherer Aussicht stehen. Nach den Einkommensteuer-Richtlinien 1950 ist dies dann der Fall, wenn z. B. bereits eine Bescheinigung der zuständigen Verwaltungsbehörde erteilt war. Im Streitfall war sie nicht vorhanden. Auch sonstige von dem Finanzgericht aufgeführte Umstände, welche die sichere Gewähr für die Errichtung des Wohnungsbaues bieten können, sind von dem Bf. nicht geltend gemacht worden. Aus seinem Vorbringen ist auch nicht zu entnehmen, daß bereits die Wahl eines bestimmten Baugrundstücks getroffen worden war. Soweit der Bf. im Rechtsbeschwerdeverfahren hierzu neue Tatsachen und Beweismittel geltend gemacht hat, können diese wegen der beschränkten Natur der Rb. (ß 288 der Reichsabgabenordnung - AO -) nicht zum Zuge kommen. Wenn sich der Bf. trotz der unsicheren Bauverhältnisse Ende 1950 entschlossen hat, das Darlehen bereits in diesem Zeitpunkt zur Verfügung zu stellen, so ist bei der engen persönlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtung zwischen Darlehnsgeber und Darlehnsnehmerin die Auffassung nicht von der Hand zu weisen, daß dies geschehen ist, um das zur Verfügung gestellte Kapital unbeschadet des Zeitpunktes und der Möglichkeit der Durchführung des Baues im Betrieb der Darlehnsnehmerin arbeiten zu lassen. Ob die GmbH die Absicht hatte, erst mit dem durch den Einsatz des Kapitals erzielten Gewinn den Wohnungsbau zu fördern - wie das Finanzgericht annehmen zu sollen glaubt -, ist bei dieser Sachlage nicht mehr entscheidend.

Da hiernach die Voraussetzungen des § 7c EStG 1950 nicht gegeben sind, war die Rb. als unbegründet zurückzuweisen, ohne daß zu untersuchen war, ob der Rb. auch noch aus anderen Gründen der Erfolg zu versagen ist.

 

Fundstellen

BStBl III 1952, 323

BFHE 1953, 844

BFHE 56, 844

StRK, EStG:7c R 11

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