Entscheidungsstichwort (Thema)

SchenkSt bei freigebiger Grundstücksübertragung unter Nießbrauchvorbehalt

 

Leitsatz (NV)

1. Eine freigebige Grundstücksübertragung unter Nießbrauchvorbehalt stellt zivilrechtlich eine Schenkung unter Auflage dar.

2. Zur Anwendung des § 25 Abs. 1 ErbStG 1974 i. d. F. aufgrund von Art. 16 Nr. 2 EGAO 1977.

3. Die Kostenentscheidung kann nach Verfahrensabschnitten getroffen werden, wenn unterschiedliche Streitwerte vorliegen.

 

Normenkette

ErbStG 1974 § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 25 Abs. 1 i.d.F. aufgrund von Art. 16 Nr. 2 EGAO 1977; FGO § 135 ff.

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Am . . . 1978 schlossen die Klin. und ihr Vater einen notariell beurkundeten ,,Grundstücksübertragungsvertrag". Nach dessen Inhalt übertrug der Vater auf die Klin. zwei im Grundbuch von A Band . . . Blatt . . . eingetragene Grundstücke, nämlich das Grundstück Flur . . . Nr. . . . und das Grundstück Flur . . . Nr. . . .. Die Klin. sollte keine Gegenleistung zu erbringen haben, jedoch behielt sich ihr Vater für sich und seine Ehefrau als Gesamtberechtigte den ,,lebenslänglichen unentgeltlichen und kautionsfreien Nießbrauch" vor, der nach dem Tode eines Ehegatten dem Überlebenden in vollem Umfang allein zustehen sollte. Die Eltern der Klin. verpflichteten sich jedoch, vom Hauskonto des übertragenen Grundstücks an die Klin. auf die Dauer von . . . Jahren monatlich . . . DM zu zahlen. Die Zahlungsverpflichtung sollte sich nach dem Ablauf der . . .jahresfrist um jeweils ein Jahr verlängern, sofern nicht einer der Elternteile sie aufkündigte. Die Eltern der Klin. waren . . . bzw. . . . Jahre alt. Die Parzelle . . . war mit einer Grundschuld in Höhe von . . . DM zugunsten der Sparkasse B belastet, welche bestehen bleiben sollte. Während der Dauer des Nießbrauchs sollte diese Grundschuld ,,in Höhe ihrer Valutierung" von den Nießbrauchern verzinst und getilgt werden. Für den Fall, daß die Grundschuld beim Ableben der Nießbraucher noch ,,valutiert" war, sollte die restliche Schuld von den Erben des Längstlebenden im Verhältnis ihrer Erbbeteiligung zu tragen sein.

Mit einer weiteren notariell beurkundeten Vereinbarung vom . . . 1980 hoben die Klin. und ihre Eltern die Vereinbarung über die Nießbrauchseinräumung auf. Die Eltern bewilligten die Löschung des zu ihren Gunsten eingetragenen Nießbrauchsrechts. Gleichzeitig wurde die Vereinbarung über die Zahlung von monatlich . . . DM mit Wirkung vom 1. Januar 1981 an aufgehoben. Mit Wirkung vom 1. Januar 1981 an übernahm die Klin. die der Grundschuld zugrunde liegende persönliche Schuld ihres Vaters gegenüber der Sparkasse B, die am . . . 1980 noch . . . DM betragen hatte, in dem Umfang, wie sie am 1. Januar 1981 noch bestand.

Mit Bescheid vom 11. Mai 1981 setzte das FA gegen die Klin. Schenkungsteuer in Höhe von . . . DM fest. Der Steuerfestsetzung legte es 140 v. H. des Einheitswertes, das sind . . . DM, abzüglich des Freibetrags zugrunde. Im Hinblick auf das Erlöschen des Nießbrauchs hielt es § 25 ErbStG 1974 nicht für anwendbar.

Der Einspruch, mit dem begehrt wurde, die im Jahre 1980 erfolgte Schuldübernahme, die im Zusammenhang mit der Aufhebung des Nießbrauchs gestanden habe, bereicherungsmindernd zu berücksichtigen, blieb ohne Erfolg.

Der Klage, mit der die Klin. begehrt, die Schenkungsteuer unter Berücksichtigung des Kapitalwerts des Nießbrauchs, hilfsweise der Schuldübernahme als bereicherungsmindernd festzusetzen, hat das FG durch Herabsetzung der Steuer auf . . . DM stattgegeben.

Mit der vom FG zugelassenen Revision hat das FA zunächst beantragt, unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils die Schenkungsteuer auf . . . DM festzusetzen und die Klage im übrigen abzuweisen. Es beantragt nunmehr unter Aufrechterhaltung seiner Anträge im übrigen, die Schenkungsteuer auf . . . DM herabzusetzen. Bei der Bezifferung seines Antrags folgt das FA den gleichlautenden Ländererlassen vom 10. Februar 1982 (BStBl I 1983, 238; vgl. auch Erlaß vom 27. Februar 1985, DB 1985, 788). Die Klin. beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils im Umfang der Anfechtung zur Änderung des angefochtenen Schenkungsteuerbescheids vom 11. Mai 1981 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Dezember 1982 dahingehend, daß die Schenkungsteuer auf . . . DM festgesetzt und die Klage im übrigen abgewiesen wird.

1. Das FG hat ausgeführt, die Bereicherung des Beschenkten bei der unentgeltlichen Übertragung eines nießbrauchsbelasteten Grundstücks sei schenkungsteuerrechtlich nur in Höhe des Einheitswerts des Grundstücks abzüglich der Nießbrauchslast zu erfassen. Deshalb käme auch dem Umstand, daß der Nießbrauch bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Steuerbescheids erloschen sei, keine Bedeutung zu. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

Die Überlassung des Grundbesitzes an die Klin. unterliegt als freigebige Zuwendung der Schenkungsteuer nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974. Zivilrechtlich liegt eine Schenkung unter Auflage vor, soweit die Zuwendung mit der zusätzlichen Nebenabrede des Nießbrauchsvorbehalts versehen ist, denn diese Abrede steht der Nebenabrede der Nießbrauchseinräumung zugunsten der Nießbrauchsberechtigten gleich (vgl. auch Senatsurteil vom 25. Februar 1981 II R 114/78, BFHE 132, 486, BStBl II 1981, 411). Diese Nebenabrede bewirkt nur das Hinausschieben auf Zeit des mit dem Eigentumsübergang grundsätzlich verbundenen vollen Nutzungsrechts (§ 100 BGB).

Grundsätzlich ist diese vorübergehende Einschränkung der Bereicherung, die unmittelbar mit dem Zuwendungsgegenstand verknüpft ist und die lediglich kraft der Zuwendung infolge der Nebenabrede herbeigeführt wird, durch Abzug der Last zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 12. April 1989 II R 37/87, BFHE 156, 244, BStBl II 1989, 524). Nach § 25 Abs. 1 ErbStG 1974 in der für den Erwerbsvorgang maßgebenden Fassung durch Art. 16 Nr. 2 EGAO 1977 ist jedoch beim Erwerb von Vermögen, dessen Nutzungen einem anderen als dem Erwerber zustehen, die Versteuerung nach Wahl des Erwerbers entweder bis zum Erlöschen der Belastung auszusetzen, höchstens jedoch zu dem Vomhundertsatz, zu dem der Jahresertrag des Vermögens durch die Belastung gemindert ist (Buchst. a) oder nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Erwerbs ohne Berücksichtigung der Belastung durchzuführen, wobei die Steuer bis zum Erlöschen der Belastung insoweit zinslos zu stunden ist, als sie auf den Kapitalwert der Belastungen entfällt (Buchst. b). In den Fällen der Aussetzung der Versteuerung gilt nach § 9 Abs. 2 ErbStG 1974 die Steuer für den Erwerb des belasteten Vermögens als mit dem Zeitpunkt des Erlöschens der Belastung entstanden.

Da das FG unzutreffend den den Eltern zustehenden Nießbrauch trotz seines Erlöschens vor Festsetzung der Schenkungsteuer berücksichtigt hat, ist sein Urteil in dem Umfang, in dem es angefochten ist, aufzuheben.

2. Die Sache ist spruchreif. Da im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung das den Eltern der Klin. zugestandene Nießbrauchsrecht bereits erloschen war, konnte es weder durch Aussetzung der Versteuerung noch durch Stundung der ohne Berücksichtigung dieser Belastung festzusetzenden Steuer berücksichtigt werden. Die zeitlich dem Erwerb nachfolgende Schuldübernahme konnte nicht zum Schuldabzug führen, weil sie nicht Nebenabrede der freigebigen Zuwendung war, sondern aufgrund eigenständiger Vereinbarung erfolgte, mag auch die Grundstücksschenkung aus dem Jahre 1978 Motiv für diese weitere Vereinbarung gewesen sein.

Auf die Revision des FA hin war die Steuer unter Abänderung des angefochtenen Steuerbescheids vom 11. Mai 1981 in Gestalt der diesen bestätigenden Einspruchsentscheidung vom 9. Dezember 1981 auf . . . DM unter Abweisung der Klage im übrigen festzusetzen.

3. Der Senat hat es für zweckmäßig erachtet, die Entscheidung über die Kosten nach Verfahrensabschnitten zu treffen, weil die Streitwerte unterschiedlich sind (vgl. Urteil des BFH vom 6. Juni 1984 II R 184/81, BFHE 141, 333).

 

Fundstellen

BFH/NV 1990, 809

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