Leitsatz (amtlich)

Beim Postversand von Zeitungen zusätzlich für Werbebeilagen entstandene Gebühren können als Versendungsauslagen von den Entgelten für die Zeitungslieferungen abgesetzt werden. Die Abzugsfähigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß mit der Einschaltung der Werbebeilagen in die Zeitungen gleichzeitig Leistungen für Werbung treibende Auftraggeber erbracht werden.

 

Normenkette

UStG 1951 § 5 Abs. 4 Nr. 1; UStDB 1951 § 54 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Steuerpflichtige), ein Zeitungsverlag, fügte in den Veranlagungszeiträumen 1958 bis 1960 ihren Zeitungen gegen Entgelt Werbeschriften bei. Ein Teil der Werbeschriften wurde von der Steuerpflichtigen selbst gedruckt, ein anderer Teil von dem Werbung treibenden Auftraggeber zur Verfügung gestellt. Bei Zeitungen, die der Post übergeben wurden, entstanden für die Mitbeförderung dieser Werbebeilagen besondere Gebühren. Es ist streitig, ob diese zusätzlichen Beförderungskosten als Versendungsauslagen nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 UStG 1951 in Verbindung mit § 54 Abs. 1 oder Abs. 2 UStDB 1951 von den steuerpflichtigen Umsätzen abgesetzt werden dürfen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) versagte in Übereinstimmung mit dem Erlaß des BdF IV A/2 - S 4201 - 5/61 vom 28. Juni 1961 (Umsatzsteuer-Rundschau 1961 S. 120) den Abzug der streitigen Beförderungskosten als Versendungsauslagen mit der Begründung, ein Zeitungsverlag, der seinen Zeitungen im Auftrage eines anderen Unternehmens Werbeschriften beifüge, erbringe keine Lieferung, sondern eine sonstige Leistung gegenüber dem anderen Unternehmen. Die von der Steuerpflichtigen eingelegte Sprungberufung hat das FG mit folgender Begründung zurückgewiesen: Mit den Beteiligten sei davon auszugehen, daß die Steuerpflichtige als Zeitungsverlag in zweifacher Hinsicht tätig geworden sei. Sie habe Leistungen gegenüber den Werbung treibenden Auftraggebern erbracht, weil sie es übernommen habe, Werbeschriften an einen von den Auftraggebern gewünschten Personenkreis heranzubringen. Gegenüber ihren Abonnenten sei die Steuerpflichtige als Lieferantin einer Zeitung aufgetreten, die Werbebeilagen enthalte. Von den Entgelten für die Werbeleistungen dürfe die Steuerpflichtige die streitigen Beförderungskosten nicht absetzen, weil § 5 Abs. 4 Nr. 1 UStG 1951 in Verbindung mit § 54 Abs. 1 UStDB 1951 den Abzug von Versendungsauslagen nur dann zuließen, wenn sie mit der Versendung des Gegenstandes einer Lieferung zusammenhingen. Auch könnten die streitigen Beförderungskosten nicht von den Entgelten aus Zeitungslieferungen (Abonnementsgebühren) abgesetzt werden. Die Steuerpflichtige liefere die Werbebeilagen unentgeltlich an ihre Abonnenten. Unentgeltliche Lieferungen seien keine Lieferungen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne. Die auf unentgeltliche Lieferungen entfallenden Beförderungskosten dürften nicht als Versendungsauslagen von anderen steuerpflichtigen Entgelten abgesetzt werden. Schließlich gestatte auch der § 54 Abs. 2 UStDB 1951 die Absetzung der streitigen Beförderungskosten nicht. Die Versendung der Werbebeilagen sei eine unselbständige Nebenleistung zu der gegenüber den Auftraggebern erbrachten Werbeleistung.

Mit der Rechtsbeschwerde rügt die Steuerpflichtige die Verletzung des formellen und materiellen Rechts. Sie führt zur Begründung aus: Versendungsauslagen seien auch dann nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 UStG 1951 abzugsfähig, wenn sie mit sonstigen Leistungen zusammenhingen. Außerdem stünden die streitigen Beförderungskosten im Zusammenhang mit den Zeitungslieferungen. Es liege ein einheitliches Lieferungsgeschäft vor, bestehend aus der Lieferung von Zeitung und Beilage. Schließlich seien die streitigen Beförderungskosten auch nach § 54 Abs. 2 UStDB 1951 abzugsfähig. Ihre (der Steuerpflichtigen) Tätigkeit habe sich auf die Beförderung der Beilagen an die Käufer der Zeitung beschränkt.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die nach dem Inkrafttreten der FGO (1. Januar 1966) als Revision zu behandelnde Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Abänderung des Steuerbescheids nach dem Klagebegehren.

Nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 UStG 1951 in Verbindung mit § 54 Abs. 1 UStDB 1951 darf ein Unternehmer Auslagen, die ihm durch die Versendung des Gegenstandes der Lieferung an den Abnehmer enstehen, vom Entgelt für die steuerpflichtigen Lieferungen abziehen. Die Steuerpflichtige kann diese Vorschriften für sich in Anspruch nehmen, wenn die Werbebeilagen begrifflich Bestandteile einer Zeitung (Gegenstand der Lieferung!) sein können, das heißt, wenn sie in die herkömmlichen Vorstellungen von der Natur einer Zeitung einbezogen sind. Diese Voraussetzung ist nach Auffassung des Senats gegeben. Auch im "Großen Brockhaus" (16. Aufl. 1957) werden unter dem Stichwort "Zeitung" neben dem redaktionellen Teil und dem Anzeigenteil die Beilagen aufgeführt, wobei diese in Verlagsbeilagen zur Behandlung von Sondergebieten und Prospektbeilagen (Werbebeilagen) unterteilt sind. Ferner spricht die postalische Behandlung für die Annahme einer einheitlichen Zeitungslieferung. Würde die Werbebeilage nicht zur Zeitung gehören, wäre ihre Beförderung im Postzeitungsdienst unzulässig. Bei den von der Steuerpflichtigen selbst gedruckten Werbebeilagen kommt noch hinzu, daß es sich bei der Zeitung und den Werbebeilagen um ein einziges, von der Steuerpflichtigen hergestelltes Erzeugnis handelt. Insbesondere derartige Werbebeilagen unterscheiden sich auch in Format, Druck und Aufmachung oftmals nicht oder nur geringfügig vom regulären Annoncenteil der Zeitung und müssen deshalb diesem gleichgeachtet werden. Es besteht kein vernünftiger Anlaß, Werbebeilagen anderer Art nur wegen des von der übrigen Zeitung abweichenden Erscheinungsbildes umsatzsteuerrechtlich anders zu behandeln. Die Steuerpflichtige hat somit jeweils eine Zeitung als Ganzes einschließlich etwa beigefügter Werbeschriften geliefert.

Abweichend von der Meinung des FG läßt sich aus den Abonnementverträgen die Unterteilung der Zeitungssendungen in je zwei Lieferungen nicht herleiten. Nach den Feststellungen des FG enthalten diese Verträge keine Vereinbarungen über die Werbebeilagen. Dieser Umstand berechtigt nicht zu der vom FG gezogenen Folgerung, die Werbebeilagen seien von dem den Liefergegenstand betreffenden Vertragswillen des Beziehers nicht erfaßt. Nach dem Abonnementvertrag muß es der Bezieher vielmehr dem Verlag überlassen, Umfang, Aussehen und Inhalt einer Zeitung zu bestimmen.

Im Gegensatz zu den Ausführungen des FG gibt es auch keinen Erfahrungssatz, wonach der Geschäftswille der Zeitungsabonnenten nicht auf Beilagen gerichtet sei. Vielmehr lehnen weite Kreise der Leserschaft einer Zeitung die Werbebeilagen nicht nur nicht ab, sondern begrüßen sie, weil sie daraus Anregungen für beabsichtigte Anschaffungen (z. B. Kauf von Möbeln, Küchengeräten, Porzellan, Kinderspielzeug) erhalten. Jedenfalls ist aber von der Erfahrung auszugehen, daß dem Publikum die Gepflogenheit, den Zeitungen gelegentlich Werbeschriften beizulegen, bekannt ist. Und mag es dem Bezieher auch - wie das FG ausführt - in erster Linie auf den Bezug der Zeitung im übrigen ankommen, so bestellt er diese doch so, wie sie üblicherweise geliefert wird, also mit allen Werbeeinschaltungen, zu denen ebenso wie die Anzeigen auch die Werbebeilagen gehören.

Schließlich läßt sich die Annahme von zwei Lieferungen auch nicht mit der vom FG festgestellten Tatsache begründen, daß die Erträge aus den Werbeaufträgen ein nicht unwesentlicher Faktor in der Preisgestaltung der Zeitung sind. Dieser Umstand bildet im Gegenteil einen weiteren Gesichtspunkt, der die Einheitlichkeit der Lieferung deutlich macht. Denn die Werbebeilage erweist sich so gesehen auch nach der kaufmännischen Behandlung als Bestandteil der Zeitung und dient ebenso wie das regelmäßige Annoncengeschäft unmittelbar dem Interesse des Beziehers an einem billigen Abonnementpreis.

Da somit die Werbebeilage Bestandteil der Zeitung ist und der Verlag vom Bezieher ein einheitliches Entgelt (die Abonnementsgebühr) erhält, sind alle Gebühren, die durch den Postversand an den Abonnenten entstehen, als Versendungsauslagen gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 1 UStG 1951 in Verbindung mit § 54 Abs. 1 UStDB 1951 vom Lieferungsentgelt (Abonnementsgebühren) abzugsfähig. Die Abzugsfähigkeit der Versendungsauslagen wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Verlag zugleich mit der Zeitungslieferung an den Abonnenten eine Leistung gegenüber dem Werbung treibenden Auftraggeber erbringt. Zwar sind Versendungsauslagen, die mit Leistungen in Zusammenhang stehen, nicht nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 UStG 1951 von den Entgelten für die Leistung absetzbar (vgl. Urteil des BFH V 139/65 vom 21. November 1968, BStBl II 1969, 276). Wie der Senat im Urteil V 235/57 U vom 28. November 1957 (BFH 66, 319, BStBl III 1958, 122) am Beispiel der Anzeigen dargelegt hat, sind bei Werbemaßnahmen jedoch zwei Rechtskreise zu unterscheiden, nämlich das Verhältnis zwischen dem Verleger und dem Abonnenten der Zeitung, und das Verhältnis zwischen dem Verleger und den Auftraggebern der Anzeigen. Nach dem Wortlaut und dem Sinn des § 5 Abs. 4 UStG 1951 oder des § 54 Abs. 1 UStDB 1951 bestehen keine Bedenken, die Absetzung der Versendungsauslagen auch dann zuzulassen, wenn die Auslagen zugleich der Ausführung einer sonstigen Leistung für einen Dritten (der Erfüllung des Werbeauftrags) dienen.

Schließlich kann auch der Hinweis des FG auf das BFH-Urteil V 235/57 (a. a. O.) keine andere Entscheidung rechtfertigen. In diesem Urteil hat der BFH ausgeführt, daß Werbebeilagen, die wegen ihrer Gestaltung (Form, Druck, Farbe usw.) nicht wie Teile der Zeitung aussehen, und die Zeitung selbst "mehrere Gegenstände" sein können. In diesem Urteil wurde aber nicht der für den Abonnenten bestimmte Liefergegenstand gekennzeichnet, sondern lediglich untersucht, ob - unabhängig vom Umsatz zwischen Verlag und Bezieher - die Verbreitung der Beilage als Lieferung an den Auftraggeber der Werbung (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG) zu betrachten sei. Im übrigen waren diese Ausführungen nicht entscheidungserheblich. Für den Umsatz zwischen Verlag und Bezieher erkennt der Senat nur eine einheitliche Lieferung an. Dies gilt selbst dann, wenn die Werbebeilagen von den Auftraggebern zur Verfügung gestellt worden sind und sich in ihrer Gestaltung von der Zeitung unterscheiden. Die Auftraggeber stellen dem Verlag ihre Werbeschriften zur Verfügung, damit der Verlag sie zum Bestandteil der dem Käufer zu liefernden Zeitung werden läßt. Indem sie den Verlag beauftragen, die Werbeschriften der Zeitung als Bestandteile beizufügen, übertragen die Auftraggeber dem Verlag die Verfügungsmacht an den Werbeschriften. Mit der Zeitung als Ganzem überträgt der Verlag die Verfügungsmacht an der Werbeschrift weiter an den Bezieher.

Die Steuerpflichtige darf somit die von der Post gesondert berechneten Beförderungskosten für die Werbebeilagen als Versendungsauslagen vom Entgelt für die Zeitungslieferung absetzen. Da über die Höhe der zusätzlichen Beförderungsauslagen kein Streit besteht, entscheidet der Senat nach § 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO selbst. Er braucht nicht mehr aufgeklärt zu werden, ob die Steuerpflichtige diese zusätzlichen Versendungsauslagen bei der Abrechnung den Beziehern (Abonnenten) kenntlich gemacht hat. Hierzu wäre sie nach dem Wortlaut des § 54 Abs. 1 UStDB 1951 in der in den Streitjahren geltenden Fassung verpflichtet gewesen. Der frühere RdF hatte aber bereits durch Erlaß S 4201-37 III vom 13. Mai 1942 (RStBl 1942, 543) angeordnet, daß die Versendungsauslagen dem Abnehmer nicht mehr kenntlich gemacht zu werden brauchten, wenn sie sich eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung des Unternehmens ergäben. Der Senat hat gegen die Anwendung dieses Vereinfachungserlasses keine Bedenken (BFH-Urteil V 83/62 vom 26. November 1964, StRK, Umsatzsteuergesetz, § 5 Abs. 4, Rechtsspruch 17). Von dem auf die Streitjahre folgenden Veranlagungszeitraum 1961 an entspricht der § 54 Abs. 1 UStDB in seinem Wortlaut dem Erlaß des früheren RdF (Zwölfte Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 8. September 1961, BGBl I 1961, 1660, BStBl I 1961, 624). Die Umsatzsteuer wird deshalb wie folgt festgesetzt: ...

 

Fundstellen

Haufe-Index 68516

BStBl II 1969, 385

BFHE 1969, 232

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