1 Überblick

1.1 Inhalt

 

Rz. 1

§ 5 UStG regelt als eigenständige Rechtsnorm Ausnahmen vom Grundsatz der Besteuerung bei einer Einfuhr von Gegenständen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG.

Hierzu teilt sich § 5 UStG in 3 Absätze. Aus Abs. 1 ergeben sich die unmittelbaren gesetzlichen Steuerbefreiungen. Die beiden weiteren Absätze enthalten Verordnungsermächtigungen. Abs. 2 ermächtigt das Bundesministerium der Finanzen zur Regelung von Steuerbefreiungen und Ermäßigungen. Abs. 3 enthält eine Verordnungsermächtigung für das Bundesfinanzministerium (BMF) zur Regelung der Erstattung oder des Erlasses der EUSt.

In der Praxis ist § 5 Abs. 1 UStG weniger bedeutend als die Befreiungstatbestände, die gem. § 5 Abs. 2 und 3 UStG geschaffen worden sind.

Die Befreiungsmöglichkeiten, die aus den nach § 5 Abs. 2 und Abs. 3 UStG erlassenen Rechtsverordnungen resultieren, sind weitgehend an die zollrechtlichen Befreiungen angepasst. Denn Steuerbefreiungen dürfen auf der einen Seite schutzwürdige Interessen der inländischen Wirtschaft nicht verletzen, auf der anderen Seite aber auch nicht zu unangemessenen Steuervorteilen führen.

§ 5 UStG regelt die Steuerbefreiung bei der Einfuhr nicht abschließend. Ergänzende Befreiungstatbestände ergeben sich insbesondere aus internationalen Abkommen.[1]

Die Befreiung von der EUSt erfolgt grundsätzlich vollständig. Denn dem Einfuhrumsatzsteuerrecht ist das Prinzip der teilweisen Befreiung fremd.[2]

[2] Henke, in Witte, UZK, 8. Aufl. 2022, Art. 252 Rz. 17.

1.2 Historische Entwicklung

 

Rz. 2

Im UStG 1967 fand sich bereits eine dem § 5 Abs. 1 (Nr. 1 und 2) entsprechende Regelung.[1] Seitdem war und ist § 5 UStG in seinen Absätzen und Ziffern immer wieder Änderungen und Anpassungen unterworfen.

Wichtige Änderungen zu den einzelnen Absätzen bzw. Ziffern werden im Rahmen der nachfolgenden Kommentierung jeweils zu Beginn des jeweiligen Befreiungstatbestandes erläutert.

Unionsrechtlich beruht § 5 UStG auf Art. 143 MwStSystRL, der im Kapitel 5 der MwStSystRL (Steuerbefreiungen bei der Einfuhr) den ersten Artikel von insgesamt 3 Artikeln bildet. Die einzelnen Befreiungstatbestände des § 5 UStG gründen sich rechtlich jeweils auf bestimmte Vorschriften aus der MwStSystRL. Der Übersichtlichkeit halber werden Einzelheiten hierzu ebenfalls zu Anfang bei dem konkreten Befreiungstatbestand erläutert.

[1] Wäger, in Reiß/Kraeusel/Langer, 187. Ergänzungslieferung 2023, § 5 Rz. 1.

1.3 Bedeutung

 

Rz. 3

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG unterliegt die Einfuhr von Gegenständen ins Inland der EUSt. Eine Ausnahme hiervon regelt § 5 UStG.

Die EUSt entsteht in sinngemäßer Anwendung der zollrechtlichen Vorschriften (§§ 13 Abs. 2, 21 Abs. 2 UStG), sofern das Umsatzsteuerrecht selbst keine Regelung enthält (z. B. § 11 UStG). Die Steuersätze bei der Einfuhr entsprechen den Umsatzsteuersätzen für vergleichbare Inlandsumsätze (§ 12 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UStG).

Die Erhebung der EUSt führt grundsätzlich dazu, dass die Umsatzsteuerbelastung der eingeführten Gegenstände auf das Umsatzsteuerniveau vergleichbarer inländischer Gegenstände heraufgeschleust wird. Damit wird aus umsatzsteuerlicher Sicht eine Gleichbehandlung eingeführter und inländischer Erzeugnisse erreicht (Grundsatz der Gleichbehandlung) mit dem Ergebnis, dass eingeführte Gegenstände umsatzsteuerlich nicht ungünstiger als inländische behandelt werden (Grundsatz des Diskriminierungsverbots des Art. 114 AEUV).

Diesen Grundsätzen folgend gilt – wie für die Besteuerung – entsprechendes auch für die Befreiung. § 4 UStG regelt die Steuerbefreiungen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen im Inland. Beim innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen gilt § 4b UStG, der insbesondere in § 4b Nr. 3 UStG regelt, dass Gegenstände, deren Einfuhr (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG) nach den für die Einfuhrumsatzsteuer geltenden Vorschriften steuerfrei wäre, auch beim innergemeinschaftlichen Erwerb steuerfrei sind. Den Grundsatz der Gleichbehandlung berücksichtigend erfolgen hieran angepasst die Steuerbefreiungen von der EUSt in § 5 Abs. 1 UStG.

Die EUSt ist weder ein Zoll noch eine zollgleiche Abgabe oder eine mengenmäßige Beschränkung i. S. d. Art. 36 AEUV, sondern eine inländische Abgabe i. S. d. Art. 114 AEUV; denn sie ist Bestandteil einer allgemeinen inländischen Abgabenregelung, die einheimische und eingeführte Erzeugnisse systematisch nach denselben Merkmalen erfasst, auf eingeführte wie auch auf einheimische Erzeugnisse erhoben wird und die Wirkungen einer inländischen Abgabe ausgleichen soll.[1]

 

Rz. 4

Bei der Abfertigung zum zollrechtlich freien Verkehr, zur Endverwendung oder zur vorübergehenden Verwendung[2] wird geprüft, ob für die Waren eine Befreiung von der EUSt vorzunehmen ist. Ist keine EUSt zu erheben, so gibt die Zollstelle dies dem Anmelder bekannt (Freistellung von der EUSt) und überlässt die Waren zur freien Verfügung oder bei der vorübergehenden Verwendung dem Verwender zur form- und fristgerechten Verwendung.

Bei der Abfertigung zum (auch im Rahmen der Endverwendung gem. Art. 254 UZK überwachten) zollrechtlich freien Verkehr im konventione...

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