Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, wann unbebaute Grundstücke eines Bauunternehmers zu dessen Umlaufvermögen gehören.

Bisher zum Umlaufvermögen eines Bauunternehmers gehörige unbebaute Grundstücke können Anlagevermögen werden. Dazu bedarf es jedoch besonderer Maßnahmen, die eine tatsächliche Benutzung des betreffenden Grundstücks als Wirtschaftsgut des Anlagevermögens erkennen lassen.

Wird ein unbebautes Grundstück, das der Bauunternehmer früher als Umlaufvermögen erworben hatte, später veräußert, ohne daß es zwischenzeitlich durch besondere Maßnahmen erkennbar dem Anlagevermögen einverleibt worden ist, so liegt eine Veräußerung von Umlaufvermögen vor. Auf die Zeitspanne zwischen Erwerb und Veräußerung kommt es für die Beurteilung nicht an.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Bauunternehmer. Seinen Gewinn ermittelte er für das Streitjahr zulässig nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1952. In den Jahren vor dem zweiten Weltkrieg hat er in zahlreichen Fällen unbestritten auf eigenen Grundstücken auf eigene Rechnung Bauten errichtet und diese an Dritte veräußert. Nach dem zweiten Weltkrieg hat er seine Geschäftstätigkeit geändert. Die von ihm selbst errichteten Häuser werden nicht mehr veräußert, sondern durch Vermietung genutzt. Im Jahre 1952 hat er ein in den Jahren 1938/39 erworbenes unbebaut gebliebenes Grundstück an die S-Werke verkauft. Der daraus erzielte Gewinn betrug unstreitig 11 448 DM. Ihn zog das Finanzamt, darin den Ausführungen in Textziffer 45 des Betriebsprüfungsberichts vom 4. Februar 1955 folgend, zur Einkommensteuer heran, da es sich bei diesem Grundstück um Umlaufvermögen, nicht um Anlagevermögen gehandelt habe, dessen Wert bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1952 außer Ansatz bleibt.

Einspruch und Berufung des Bf. hiergegen blieben erfolglos. Finanzamt und Finanzgericht gingen davon aus, daß das veräußerte Grundstück bei seinem Erwerb in den Jahren 1938/39 Umlaufvermögen des Bf. geworden sei. Der Bf. habe es als solches auch in der Bilanz 1939/40 ausgewiesen. Die Eigenschaft als Umlaufvermögen habe das Grundstück bis zu seinem Verkauf an die S-Werke behalten. Der Bf. betätigte sich, wie die An- und Verkäufe in den Jahren seit 1952 zeigten, auch nach dem zweiten Weltkrieg als Grundstückshändler. Die Gesamttätigkeit des Bf. habe sich gegenüber 1938/39 nicht so wesentlich geändert, daß das Grundstück nunmehr als Anlagevermögen anzusehen sei. Gegen den Charakter als Umlaufvermögen spreche auch nicht, daß der Bf. beim Erwerb des Grundstücks die Absicht gehabt haben möge, seinen Zimmerplatz dorthin zu verlegen. Der Bf. habe das jedenfalls nicht getan. Auch in anderer Weise habe der Bf. keine Maßnahmen getroffen, die auf eine überführung des Grundstücks ins Anlagevermögen schließen ließen, weder durch Bebauung zum Zwecke der Vermietung noch durch Belastung mit Hypotheken, um Kapital zu beschaffen. Die Tatsache, daß der Verkauf erst 14 Jahre nach dem Erwerb erfolgt sei, spreche angesichts der zwischenzeitlichen Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse ebenfalls nicht gegen die Annahme von Umlaufvermögen. Bauunternehmer könnten Grundstücke auch auf Vorrat kaufen, um sie bei späterer günstiger Gelegenheit wieder zu veräußern. Auch der Umstand, daß der Bf. zunächst den S-Werken nur ein Erbbaurecht habe einräumen wollen, spreche nicht gegen Umlaufvermögen. Der Bf. habe nach Auffassung des Finanzgerichts dadurch einen Druck auf die S-Werke ausüben wollen, um günstigere Vertragsbedingungen zu erzielen. Das sei ihm auch gelungen.

Mit der Rechtsbeschwerde (Rb) wendet sich der Bf. vor allem dagegen, daß das Finanzgericht der Bilanzierung des Grundstücks als Anlagevermögen in der Bilanz 1952, der Behandlung durch den Betriebsprüfer in seinem Bericht vom 4. Februar 1955 unter den übrigen Grundstücken, insbesondere aber der geänderten Art der Ausübung seines Gewerbebetriebs nach dem zweiten Weltkrieg nicht genügend Beachtung geschenkt habe. Hierin liege ein Verfahrensmangel. Auch der Umstand, daß der Bf. den S-Werken zunächst nur ein Erbbaurecht angeboten habe, spreche dafür, daß er das Grundstück gar nicht habe veräußern wollen. Dieser Wille sei für die Zurechnung des Grundstücks zum Anlagevermögen maßgebend und zu beachten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Das Finanzgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß das Grundstück im Zeitpunkt des Erwerbs durch den Bf. in den Jahren 1938/1939 Umlaufvermögen geworden ist. Hierfür spricht, daß der Bf. das Grundstück damals selbst als Umlaufvermögen in der Bilanz ausgewiesen hat. Ob unbebaute Grundstücke eines Bauunternehmers, die zu seinem Betriebsvermögen gehören, weil sie betrieblichen Zwecken dienen, stets und unter allen Umständen Umlaufvermögen darstellen, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Im Streitfall hatte der Bf. unstreitig in den Jahren vor dem zweiten Weltkrieg, in die der Erwerb des Grundstücks fiel, seine gewerbliche Tätigkeit auch auf die Erstellung eigener schlüsselfertiger Häuser zum Zwecke der Veräußerung gerichtet. In einem solchen Fall sind unbebaute Grundstücke, die der Bauunternehmer erwirbt, Umlaufvermögen. Denn sie sind nach der Art der Ausübung des gewerblichen Betriebs zur Wiederveräußerung - entweder unbebaut oder bebaut - bestimmt. Für solche unbebaute Grundstücke müssen die gleichen Grundsätze hinsichtlich ihrer Zurechnung zum Umlauf- oder zum Anlagevermögen gelten, wie sie in den Entscheidungen des Reichsfinanzhofs VI 433/37 vom 26. Januar 1938 (Steuer und Wirtschaft 1938 Nr. 135) und VI 575 und 570/38 vom 14. September 1938 (RStBl 1938 S. 1066) für zum Verkauf bestimmte, selbst errichtete Häuser und Hausgrundstücke ausgesprochen worden sind. Wenn der Bf. vorträgt, er habe seinerzeit das Grundstück als Zimmerplatz verwenden wollen, so schlägt das aus den vom Finanzgericht erwähnten Gründen nicht durch. Entscheidend ist, daß der Bf. zu keiner Zeit das Grundstück tatsächlich als Zimmerplatz verwendet hat.

Das Finanzgericht hat sodann richtig erkannt, daß es für den Streitfall darauf ankommt, ob das Grundstück seinen Charakter als Teil des Umlaufvermögens bis zu seiner Veräußerung an die S-Werke behalten hat. Das Finanzgericht hat das mit zutreffenden Gründen bejaht. Dabei genügt es, wenn das Finanzgericht auf Grund seiner Tatsachenwürdigung zu seinem Ergebnis kommen konnte; es ist nicht nötig, daß es dazu kommen mußte. Der Senat nimmt nicht dazu Stellung, ob der Charakter des Grundstücks als Umlaufvermögen auch nach dem zweiten Weltkrieg schon auf Grund der weiteren Geschäfte bejaht werden müßte, die der Bf. in den Jahren seit 1952 mit unbebauten Grundstücken betrieben hat. Dem Bf. kann jedenfalls darin nicht gefolgt werden, daß schon durch die änderung der Ausübung seines Betriebs in der Nachkriegszeit etwa sämtliche bisher zum Umlaufvermögen zu rechnenden unbebauten Grundstücke automatisch Anlagevermögen geworden wären. Sie können ihren Charakter als Umlaufvermögen nur durch eine sich auf das einzelne bestimmte Grundstück beziehende Widmung als Anlagevermögen verlieren. Eine solche Widmung als Anlagevermögen setzt aber nicht nur eine Aufnahme des betreffenden Grundstücks in das Anlagevermögen der Bilanz, sondern noch weitere eindeutige Maßnahmen voraus, die in einer Benutzung des Grundstücks als Anlagevermögen bestehen müssen. Solange eine solche Benutzung des Grundstücks als Anlagevermögen nicht erfolgt, muß es als - eine besondere Art des Umlaufvermögens darstellendes - Vorratsvermögen behandelt werden. Hierbei spielt die Dauer der Zugehörigkeit des Grundstücks zum Betriebsvermögen keine Rolle (vgl. auch die oben zitierte Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 575 und 570/38). Die Kriegs- und erste Nachkriegszeit schloß eine lohnende Veräußerung ohnedies nahezu aus.

Der Bf. hat das veräußerte Grundstück unstreitig nicht als Anlagevermögen genutzt. Er hat es vielmehr im gleichen Zustand, in dem er es seinerzeit erworben hatte, wieder veräußert. Daß er den S-Werken, die offenbar auf das Grundstück besonderen Wert legten, zunächst nur einen Erbbauvertrag angeboten hat, vermag zu keiner anderen Beurteilung zu führen. Denn tatsächlich hat der Bf. das Grundstück verkauft. Entscheidend ist aber, was tatsächlich geschehen ist, nicht, was vielleicht beabsichtigt war.

Der Bf. kann sich für seine Auffassung auch nicht auf den Betriebsprüfungsbericht vom 4. Februar 1955 stützen. In diesem hat im Gegenteil der Betriebsprüfer bereits eindeutig den Standpunkt eingenommen, daß es sich bei dem Grundstück um Umlaufvermögen handele, und dem Finanzamt die Besteuerung des durch die Veräußerung erzielten Gewinns vorgeschlagen. Das Finanzgericht konnte nach alledem davon ausgehen, daß das veräußerte Grundstück auch noch im Zeitpunkt der Veräußerung Umlaufvermögen darstellte, der Gewinn aus der Veräußerung somit nicht nach § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG 1952 außer Ansatz zu lassen war.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409486

BStBl III 1959, 423

BFHE 1960, 431

BFHE 69, 431

BB 1959, 1053

DB 1959, 1185

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