Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Gewährt der Erwerber eines Grundstücks nachträglich eine zusätzliche Leistung, so entsteht die Grunderwerbsteuerschuld insoweit mit der Vereinbarung dieser Leistung.

 

Normenkette

GrEStG § 11 Abs. 2 Ziff. 1; StAnpG § 3 Abs. 1, § 3/5

 

Tatbestand

Die Beschwerdegegnerin (Bgin.) kaufte im Jahre 1941 unter anderem das Grundstück Lagerbuch-Nummer 22 von der jüdischen Gemeinde und wurde als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Durch den von der Restitutionskammer bestätigten Vergleich vom 20. September 1948 beließ die israelitische Landesgemeinde, die Rechtsnachfolgerin der Verkäuferin, der Bgin. das Grundstück gegen eine Nachzahlung von 5.000 DM.

Das Finanzamt zog die Bgin. mit diesem Betrage nach § 11 Absatz 2 Ziffer 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) zur Grunderwerbsteuer heran, das Finanzgericht stellte sie frei. Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts hat Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Dem Finanzgericht ist darin beizutreten, daß die Befreiungsvorschrift des Artikels 20 der Verordnung Nr. 120 über die Rückerstattung geraubter Vermögensobjekte vom 10. November 1947 (Journal Officiel 1947 S. 1219 ff.) nicht anwendbar ist.

Das Finanzgericht gelangt trotzdem zur Freistellung, weil es den Steueranspruch als verjährt ansieht; die Verjährung habe, da die Genehmigung und die Eintragung der Bgin. im Grundbuch im Jahre 1942 erfolgt seien, am 1. Januar 1943 begonnen und am 31. Dezember 1947 geendet. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

Grundsätzlich beginnt die Verjährung mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Steueranspruch entstanden ist (ß 145 der Reichsabgabenordnung). Der Steueranspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Steuer knüpft (ß 3 Absatz 1 Steueranpassungsgesetz - StAnpG). Der steuerliche Tatbestand ist beim Kauf der Kaufvertrag mit seinen wesentlichen Merkmalen, insbesondere der Gegenleistung, zu der sich der Erwerber verpflichtet, mag diese auch bedingt, betagt, ungewiß, noch nicht schätzbar oder dergleichen sein. Die Steuer ist aber nach der gegenüber dem Gesetz von 1927 neuen Regelung auch von den Leistungen zu erheben, die der Erwerber neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt. Darunter fällt eine Leistung, die der Erwerber nachträglich verspricht und gewährt, d. h. in einer Zeit, in der der Kaufvertrag bereits abgeschlossen, vielleicht schon erfüllt worden war; es streiten z. B. die Beteiligten aus irgendeinem Grunde über die Gültigkeit des erfüllten Vertrages und einigen sich dahin, daß der Käufer das Grundstück behält und an den Käufer zusätzlich 1.000 DM zahlt. Wenn nun von dieser zusätzlichen Leistung eine weitere Steuer zu erheben ist, so liegt darin zugleich, daß diese zusätzliche Leistung einen weiteren Steueranspruch des Steuergläubigers begründet und damit entstehen läßt. Der steuerliche Tatbestand besteht hier in der zusätzlichen Leistung in Verbindung mit dem Kaufvertrag, der allein den Tatbestand für die weitere Steuererhebung nicht bilden konnte, weil die nachträgliche Leistung auf Umständen beruht, die erst nach Abschluß des Vertrages eingetreten sind. Das Gesetz knüpft die Steuer an die zusätzliche Leistung, und dieses Tatbestandsmerkmal ist erst mit der Vereinbarung der zusätzlichen Leistung erfüllt (ß 3 Absatz 1 StAnpG).

§ 3 Absatz 5 Ziffer 5 StAnpG in der Fassung des § 18 Ziffer 2 Buchstabe a GrEStG bestimmt zwar, daß die Verjährung der Grunderwerbsteuer mit dem Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Erwerber des Grundstücks als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen worden ist. Diese Vorschrift hat aber zur Verhütung von Steuerausfällen nur den Beginn der Verjährung hinausschieben sollen. Die Begründung (Absatz 2 des Abschnitts § 18, Reichssteuerblatt 1940 S. 412 rechte Spalte) weist zur Erläuterung auf die Tatbestände hin, die der Eintragung des Erwerbers vorausgehen und dem Finanzamt vielleicht nicht bekannt geworden sind. Es kann nicht Sinn der Vorschrift sein, die Verjährung mit der Eintragung auch in solchen Fällen beginnen zu lassen, in denen der steuerliche Tatbestand hinsichtlich der zusätzlichen Leistung erst nach der Eintragung, gegebenenfalls, wie im Streitfall, erst mehr als fünf Jahre nach der Eintragung verwirklicht wird.

Hiernach war die Einspruchsentscheidung des Finanzamts wiederherzustellen.

 

Fundstellen

BStBl III 1951, 100

BFHE 1952, 261

BFHE 55, 261

StRK, GrEStG:11 R 4

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