Leitsatz (amtlich)

1. Erwirbt eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ein Grundstück, um darauf einen Golfplatz anzulegen und ihn einem Golf-Club e. V. zur Verfügung zu stellen, so ist der Erwerbsvorgang nicht gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a Saarl. GrEStG 1959 von der Besteuerung ausgenommen, ungeachtet dessen, daß der Golf-Club e. V. nach seiner Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt.

2. Zum Begriff "öffentliche" Grünanlage (Erholungsanlage).

2. Die Begriffe "öffentlich" im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a Saarl. GrEStG 1959 und "Allgemeinheit" im Sinne des § 17 StAnpG sind nicht gleichbedeutend.

 

Normenkette

Saarl. GrEStG 1959 § 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a; StAnpG § 17

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die 1964 gegründet wurde und deren Zweck es ist, Grundstücke zu erwerben, um auf ihnen einen Golfplatz zu errichten und ihn dem Golf-Club A (einem eingetragenen Verein, der nach seiner Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt) zur Verfügung zu stellen. Am 28. Januar 1965 kaufte sie von der Gemeinde G ein über 300 000 qm großes Grundstück und verpflichtete sich gegenüber der Gemeinde, darauf einen Golfplatz anzulegen und zu unterhalten. Die Klägerin ist der Ansicht, der Erwerbsvorgang habe zur Schaffung einer öffentlichen Erholungsanlage gedient und sei infolgedessen gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a des Saarländischen Grunderwerbsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 1960 (Amtsblatt 1960 S. 49 - ABl 1960, 49 -) - Saarl. GrEStG 1959 - von der Besteuerung ausgenommen.

Der Beklagte, das FA, hielt die Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift nicht für gegeben, weil der von der Klägerin geplante Golfplatz nicht der Allgemeinheit, sondern nur den Mitgliedern des Golf-Clubs A e. V. zugänglich sei, demnach keine ö f f e n t l i c h e Erholungsanlage sei. Es setzte durch vorläufigen Bescheid die Grunderwerbsteuer fest; den Einspruch wies es zurück. Das FG wies die Klage ab.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Der Kaufvertrag vom 28. Januar 1965 unterlag der Grunderwerbsteuer, denn er begründete für die Klägerin den Anspruch gegen die Gemeinde G auf Übereignung des bezeichneten Grundstücks (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Saarl. GrEStG 1959, § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB). Er war nicht gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a Saarl. GrEStG 1959 von der Besteuerung ausgenommen. Nach dieser (inzwischen geänderten) Vorschrift waren von der Besteuerung ausgenommen: "...4. bei öffentlichen Straßen, Plätzen, Grünanlagen und Friedhöfen: a) der Erwerb eines Grundstücks, auch wenn es nur zu einem Teil zur Schaffung und Erweiterung von öffentlichen Straßen, öffentlichen Plätzen, öffentlichen Erholungs-, Wald- und sonstigen Grünanlagen und öffentlichen Friedhöfen dient;...". Die Merkmale dieses Befreiungstatbestandes sind im vorliegenden Falle nicht alle erfüllt. Der Golfplatz, zu dessen Schaffung die Klägerin das bezeichnete Grundstück gekauft hatte, war keine "öffentliche" Grünanlage (Erholungsanlage), denn er sollte nicht von jedermann ohne besondere Zulassung bestimmungsgemäß benutzt werden dürfen, sondern sollte dem Golf-Club A e. V. zur Verfügung gestellt werden. Wer in diesen Club aufgenommen werden wollte, mußte ein schriftliches Gesuch an den Vorstand richten, eine einmalige Aufnahmegebühr von 500 DM und einen Jahresmitgliedsbeitrag von 300 DM entrichten sowie drei Bürgen benennen, von denen einer Gründungsmitglied sein mußte; der Vorstand konnte die Aufnahme ohne Angabe von Gründen ablehnen. (Das geht hervor aus dem Vordruck eines "Antrags auf Erwerb der Mitgliedschaft des Golf-Clubs A e. V." und der Satzung des Clubs vom 11. März 1961, welche die Klägerin dem FA vorgelegt hat.)

Daß eine Grünanlage (Erholungsanlage) nur dann eine "öffentliche" ist, wenn sie von jedermann ohne besondere Zulassung benutzt werden darf, folgt schon aus dem Wortsinn des Begriffs "öffentlich". Der Ausdruck "öffentlich" ist etymologisch eine Weiterbildung des Eigenschaftsworts "offen" und bedeutet die Eigenschaft eines Gegenstandes, für eine Mehrheit von Personen (unbestimmt welche und wie viele) "offen", d. h. tatsächlich zugänglich zu sein. Er drückt darüber hinaus die Zuordnung einer Sache zum Staat oder einem sonstigen Hoheitsträger aus (vgl. Wolfgang Martens, Öffentlich als Rechtsbegriff, 1969, S. 24, 42, 81, 107, 109, 110). Im Verwaltungsrecht bildete sich hierfür der Begriff "öffentliche Sache". Darunter versteht man eine Sache, die unmittelbar durch ihren Gebrauch dem Gemeinwohl (dauernd) zu dienen bestimmt ist und (mindestens soweit diese ihre Zweckgebundenheit reicht) öffentlichen Rechtsvorschriften, insbesondere öffentlicher Sachherrschaft unterliegt (Wolff/Bachof, Verwaltungsrecht I, 9. Aufl. 1974, § 55 II a). Zu einer öffentlichen Sache wird eine Sache durch den Hoheitsakt der Widmung; dieser hat zur Folge den sogenannten Gemeingebrauch, d. h. die jedermann gewährte Berechtigung, eine Sache ohne besondere zulassung gemäß ihrer hoheitlichen Zweckbestimmung (Widmung) zu benutzen (Wolff/Bachof, a. a. O., § 56, § 58 II a). In diesem Sinne hat der erkennende Senat entschieden, daß "öffentlicher Platz" im Sinne der Befreiungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a GrEStG 1940 nur ein solcher ist, "der dem Gemeingebrauch gewidmet ist (oder wird)", und daß es am Gemeingebrauch fehlt, wenn ein Warenhausunternehmen Grundstücke erwirbt, um auf ihnen ein Parkhochhaus zu errichten und für die Benutzung der einzelnen Parkflächen ein angemessenes Entgelt zu erheben (Urteil des BFH vom 9. November 1966 II 168/63, BFHE 87, 259, BStBl III 1967, 91).

Für diese Auslegung des Begriffs "öffentliche Grünanlage" spricht auch die Entstehungsgeschichte und der Sinn der Vorschrift. Die Befreiungsvorschrift geht zurück auf § 8 Nr. 10 GrEStG vom 12. September 1919 (RGBl, 1617). Danach wurde Steuer nicht erhoben "beim Erwerb von Grundstücken zwecks Schaffung oder Erweiterung öffentlicher Erholungs-, Wald- und sonstiger Grünanlagen sowie für Zwecke öffentlicher Straßen und Plätze". Die Vorschrift war im Regierungsentwurf eines Grundwechselsteuergesetzes von 1919 nicht enthalten, sondern wurde erst in der Ausschußberatung der Nationalversammlung in den Gesetzentwurf eingefügt. Sie stand im Zusammenhang mit der Förderung des Kleinwohnungs- und Siedlungswesens und sollte den Gemeinden den Grundstückserwerb für die im Zusammenhang mit einer gesunden Wohnungspolitik erforderlich werdenden öffentlichen Anlagen und für die notwendigen Straßen erleichtern (vgl. Bericht des 11. Ausschusses der Nationalversammlung vom 8. August 1918, Drucksache Nr. 774 der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung S. 4, 18; Ott, Handbuch des gesamten Grunderwerbsteuerrechts, 4. Aufl. 1936, § 8 Nr. 10 An. I 1; Urteil des RFH vom 20. August 1929 II A 274/29, RFHE 25, 310, RStBl 1929, 534). Die Steuervergünstigung erstreckte sich nicht auf den Erwerb eines Grundstücks zur Schaffung eines Sportplatzes, wenn die Benutzung des Sportplatzes nicht jedermann aus dem Publikum, sondern nur den Mitgliedern der Sportvereine zustand, mochte auch die Benutzung anderen Personen auf Antrag genehmigt werden (vgl. RFH-Urteile vom 29. Dezember 1926 II A 512/26, StuW 1927 Nr. 112, und vom 12. Oktober 1928 II A 445/28, StuW 1928 Nr. 836).

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin hervorgehoben, der Golf-Club verfolge nach seiner Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke, also Zwecke, durch deren Erfüllung ausschließlich und unmittelbar die Allgemeinheit gefördert werde (§ 17 Abs. 1 StAnpG). Daraus ergebe sich - so meint die Klägerin - ihre Absicht, "den zu errichtenden Golf-Platz der Allgemeinheit zugänglich zu machen". Dabei übersieht die Klägerin, daß die Begriffe "öffentlich" im Sinne der Befreiungsvorschrift und "Allgemeinheit" im Sinne des § 17 StAnpG nicht gleichbedeutend sind. § 17 StAnpG und die dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen (Gemeinnützigkeitsverordnung) sind Ergänzungsnormen zu den in verschiedenen Einzelsteuergesetzen enthaltenen, an die Erfüllung gemeinnütziger Zwekke gebundenen Steuervergünstigungen; sie ergänzen beispielsweise die durch das Gesetz Nr. 836 vom 9. November 1966 (ABl, 837, BStBl II 1967, 18) in § 4 Abs. 1 Saarl. GrEStG eingefügte Nr. 9, nach deren Buchst. b von der Besteuerung ausgenommen ist "der Erwerb eines Grundstücks ... durch ... eine inländische Körperschaft..., die ... ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen ... Zwecken dient ..." Sie erläutern dagegen nicht den Begriff "öffentlich" im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a Saarl. GrEStG 1960. Diese Vorschrift verweist auch nicht auf § 17 StAnpG. Die Gemeinnützigkeit einer Einrichtung macht diese nicht zu einer öffentlichen. Im gleichen Sinne hat bereits der RFH entschieden, daß ein Erholungsheim für tuberkulöse Kinder keine "öffentliche" Erholungsanlage ist, und daß es für diese Beurteilung unerheblich ist, ob das Heim gemeinnützige Zwecke verfolgt (RFH-Urteil vom 29. Dazember 1924 II A 1143/24, Kartei § 8 Abs. 1 Nr. 10 Satz 1 GrEStG 1919 Rechtsspruch 12; vgl. auch das Bereits zitierte RFH-Ur-teil II A 274/29, betreffend Erholungsanlagen, die nur für die Angehörigen einer Konfession bestimmt sind).

Die Klägerin macht ferner geltend, sie habe dem FG angezeigt, daß sie auf Grund einer Besprechung mit dem Vorsteher des FA im November 1965 die Absicht gefaßt habe, in den zwischen ihr und dem Golf-Club noch abzuschließenden Gestattungsvertrag eine Bestimmung aufzunehmen, "wonach die Ausübung des Golfsportes auch Nichtmitgliedern gegen die Entrichtung eines angemessenen und auch für breite Bevölkerungskreise erschwinglichen Entgeltes gestattet ist"; es sei erwogen worden, die Benutzungsgebühr für Nichtmitglieder von 5 DM auf 4 DM pro Tag herabzusetzen. Dieses Vorbringen kann schon deshalb zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führen, weil die Klägerin eine dahingehende Absicht nicht bereits im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs (28. Januar 1965) gehabt hat, sondern - nach ihrem eigenen Vorbringen - erst später gefaßt hat. Für die rechtliche Beurteilung war aber auf den Zeitpunkt des Grundstückserwerbs abzustellen, wie sich aus dem Verhältniswort "zur" im Tatbestand der Befreiungsvorschrift ergibt (vgl. auch das zu § 8 Abs. 1 Nr. 10 Satz 1 GrEStG 1919 ergangene Urteil des RFH vom 30. April 1930 II A 141/30, StuW 1930 Nr. 828).

 

Fundstellen

Haufe-Index 71501

BStBl II 1975, 745

BFHE 1976, 288

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge