Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Verwendet ein Landesproduktenhändler die von ihm auch für den eigenen landwirtschaftlichen Betrieb gehaltene Zugmaschine und den hinter dieser Zugmaschine mitgeführten Anhänger zur Beförderung der von ihm bei Landwirten aufgekauften landwirtschaftlichen Erzeugnisse von den Hofstellen zu seinem Lager oder zur Beförderung der von ihm an Landwirte verkauften landwirtschaftlichen Bedarfsgegenstände zu den Hofstellen, so liegt keine ausschließliche Verwendung dieser Fahrzeuge in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben vor.

KraftStG 1955 § 2 Nr. 5 in der Fassung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 zu c des Dritten Gesetzes zur Aufhebung

 

Normenkette

KraftStG § 2 Nr. 5

 

Tatbestand

Der Bf. betreibt die Landwirtschaft und Forstwirtschaft, wobei er nach seiner Angabe eine landwirtschaftliche Fläche von rund 9,3 ha und eine forstwirtschaftliche Fläche von rund 6,8 ha bewirtschaftet. Ferner betreibt er Groß- und Einzelhandel in Getreide, Kunstdünger, Futtermitteln und sonstigen landwirtschaftlichen Bedarfsgegenständen und führt Lohnaufträge für Landwirte (Bespritzen von Kartoffelfeldern, Wiesen usw. und Ernten von Zuckerrüben) durch.

Für den Bf. waren eine Zugmaschine und ein Anhänger zugelassen. Diese Fahrzeuge verwendete er nicht nur in seinem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, sondern auch in seinem Handelsbetrieb, wobei er den Landwirten die von diesen gekauften Güter zuführte, ferner die von ihm bei Landwirten aufgekauften landwirtschaftlichen Erzeugnisse von den einzelnen Hofstellen zu seinem Lager und die zum Verkauf an Landwirte bestimmten und von diesen gekauften landwirtschaftlichen Bedarfsgüter vom Bahnhof zu seinem Lager und zu den Hofstellen beförderte. Weiter verwendete er die Fahrzeuge bei der Durchführung der oben bezeichneten Lohnaufträge.

Das Finanzamt forderte mit Bescheid vom 10. Januar 1961 für die Zugmaschine und den Anhänger die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit vom 28. August 1959 bis zum 27. Februar 1961 im Betrage von 530 DM + 827,60 DM 1.357,60 DM. Der Bf. verlangte Freistellung von der Kraftfahrzeugsteuer mit der Begründung, daß eine ausschließliche Verwendung der beiden Fahrzeuge in landwirtschaftlichen Betrieben gegeben sei; die Vorschrift des § 2 Nr. 5 KraftStG 1955 in der Fassung des § 6 Abs. 1 des Dritten Gesetzes zur Aufhebung des Besatzungsrechts vom 23. Juli 1958 (BGBl 1958 I S. 540) - ab 1. Januar 1961 die Vorschrift des § 2 Nr. 6 KraftStG 1961 - stelle die Steuerbefreiung gegenüber dem vorher geltenden Recht (Art. I Nr. 2 des Kontrollratgesetzes - KRG - Nr. 51) allein auf die Verwendung der Zugmaschine und nicht mehr auf die Person des Kraftfahrzeughalters ab. Der Bf. nahm ferner Bezug auf die Entschließung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 23. März 1960 S 6108 - 18/87 - 22263 I, wonach die Verwendung einer Zugmaschine mit Anhänger durch einen Landesproduktenhändler ausschließlich zur Abholung der vom Händler aufgekauften landwirtschaftlichen Erzeugnisse von den landwirtschaftlichen Betrieben oder zur Zuführung der bei ihm bestellten landwirtschaftlichen Bedarfsgüter zu den landwirtschaftlichen Betrieben eine unter die Befreiungsvorschrift fallende Verwendung sei, sofern alle Fahrten in landwirtschaftlichen Betrieben entweder beginnen oder enden. Der Bf. wies darauf hin, daß in den anderen Ländern des Bundesgebiets gleichlautende Anordnungen ergangen seien. Er machte weiter unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Senats II 61/52 U vom 22. Oktober 1952 (BStBl 1953 III S. 40 = Slg. Bd. 57 S. 104) geltend, daß die Finanzverwaltungen die Befreiungsvorschrift auf die Zugmaschinen und Anhänger der landwirtschaftlichen Genossenschaften anwendeten; die Verneinung der Anwendbarkeit der Befreiungsvorschrift im Streitfall würde gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes (GG) - Art. 3 - verstoßen, weil die Landhandelsbetriebe den landwirtschaftlichen Genossenschaften gleichzustellen seien, da sie die gleichen gewerblichen Aufgaben im Dienste der Landwirtschaft erfüllten wie diese Genossenschaften und im Wettbewerb mit diesen Genossenschaften stünden. Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Befreiung im Hinblick auf eine in einer gleichartigen Sache ergangene Entscheidung des Finanzgerichts vom 19. März 1960 ab.

Das Finanzgericht wies die Sprungberufung des Bf. als unbegründet zurück.

Die dagegen eingelegte Rb. hatte der Senat in dem nach § 294 Abs. 2 AO ergangenen Bescheid vom 16. Mai 1962 als unbegründet zurückgewiesen. In der daraufhin vom Bf. erneut beantragten mündlichen Verhandlung trug der Vertreter des Bf. im wesentlichen das gleiche vor, was zur Begründung der Rb. bereits in den Schriftsätzen vorgetragen war. Hilfsweise beantragte er noch für den Fall, daß der Senat wieder zur gleichen Beurteilung wie im Vorbescheid kommen sollte, die Entscheidung auszusetzen, bis eine zu erwartende entsprechende gesetzliche Regelung zugunsten der Landesproduktenhändler ergangen sein würde.

 

Entscheidungsgründe

Auch nach nochmaliger Prüfung kommt der Senat zur Zurückweisung der Rb.

Der Senat hatte in der Begründung des Bescheids vom 16. Mai 1962 folgendes ausgeführt:

"Streitig ist die Anwendbarkeit der Befreiungsvorschrift des § 2 Nr. 5 KraftStG 1955 in der Fassung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 c des am 30. Juli 1958 in Kraft getretenen Dritten Gesetzes zur Aufhebung des Besatzungsrechts vom 23. Juli 1958 (BGBl 1958 I S. 540) und ab 1. Januar 1961 des § 2 Nr. 6 KraftStG 1961. Beide Vorschriften, soweit für den Streitfall in Betracht kommend, lauten:

"Von der Steuer befreit ist das Halten von Zugmaschinen ... und Anhängern hinter Zugmaschinen ... solange sie ausschließlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden.

Zur Entstehung der Vorschrift sei bemerkt, daß sie hinsichtlich der Voraussetzung für die Steuerbefreiung in ihrer jetzigen Fassung - allerdings ohne Einbeziehung der Verwendung der Fahrzeuge in forstwirtschaftlichen Betrieben - bereits geschaffen wurde durch das Zweite Gesetz zur änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 28. Februar 1935 (RGBl 1935 I S. 313, RStBl 1935 S. 346). Mit ihrer Schaffung wurde die bis dahin geltende Befreiung von in landwirtschaftlichen Betrieben verwendeten Kraftfahrzeugen erweitert. Während vordem (ß 2 Nr. 2 KraftStG 1931, § 2 Nr. 2 KraftStG 1927 und § 2 Nr. 2 KraftStG 1922) die Beförderung von Gütern in landwirtschaftlichen Betrieben nur begünstigt war, wenn sie gleichzeitig mit der Beförderung (Fortbewegung) von mit dem Kraftfahrzeug anzutreibenden Geräten von und zur Arbeitsstätte verbunden war - vgl. hierzu z. B. Urteil des Reichsfinanzhofs II A 502/28 vom 20. November 1928, Mrozek-Kartei, KraftStG (1922) § 2 Nr. 2 Rechtsspruch 5 -, erlaubte die neue, der heutigen Vorschrift in der Fassung entsprechende Vorschrift die Beförderung von Gütern in landwirtschaftlichen Betrieben schlechthin. In der Begründung des Zweiten Gesetzes zur änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes ist dazu unter "Zu Artikel 1" in Nr. 4 "Zugmaschinen in landwirtschaftlichen Betrieben" ausgeführt, daß die bis dahin geltende Regelung sich als Behinderung einer wirtschaftlichen Ausnutzung des Schleppers darstelle und daß insbesondere in mittleren bäuerlichen Betrieben die Verwendung eines Schleppers nur dann lohnend sei, wenn der Bauer damit alle Arbeiten verrichten könne und nicht gezwungen werde, zur Beförderung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und anderen Gütern nebenher noch Pferde zu halten (RStBl 1935 S. 347, 348 und 349). Die Vorschrift wurde sodann in das KraftStG 1935 (ß 3 Nr. 4) übernommen, wobei die Einbeziehung der Verwendung der Zugmaschinen in forstwirtschaftlichen Betrieben im § 55 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen zum Kraftfahrzeugsteuergesetz enthalten war. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist die ausschließliche Verwendung der in Betracht kommenden Fahrzeuge in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben. Allerdings ist die Befreiung nicht an die Person des Fahrzeughalters geknüpft, es kommt allein auf die Verwendung in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb an. Dabei aber dürfen die Fahrzeuge lediglich in solchen Betrieben verwendet werden. Ein Handelsbetrieb, auch wenn er nur den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen oder mit landwirtschaftlichen Bedarfsgegenständen umfaßt, ist kein landwirtschaftlicher Betrieb, sondern ein gewerblicher Betrieb. Werden die Fahrzeuge in einem solchen Betrieb zur Beförderung von bei Landwirten aufgekauften landwirtschaftlichen Erzeugnissen oder von an Landwirte zu liefernden landwirtschaftlichen Bedarfsgegenständen verwendet, so kann nicht bestritten werden, daß die Fahrzeuge dabei in diesem gewerblichen Betrieb verwendet werden, auch wenn es sich nur um Beförderungen von den Hofstellen zum Lager des Handelsbetriebs oder vom Lager des Handelsbetriebs zu den Hofstellen handelt. Damit liegt eine Verwendung der Fahrzeuge jedenfalls auch in einem gewerblichen Betrieb vor. Daran wird nichts dadurch geändert, daß die Zugmaschine eines Landwirts, wenn dieser mit ihr seine landwirtschaftlichen Erzeugnisse vom Hofe zum Abnehmer oder landwirtschaftliche Bedarfsgegenstände von seinen Lieferanten zum Hofe befördert, nach den Ausführungen im vorstehenden Absatz als in einem landwirtschaftlichen Betrieb verwendet anzusehen ist. Daß die Verwaltungsbehörden - dies allerdings nur unter dem Vorbehalt einer anderen Entscheidung durch die Rechtsmittelbehörden - eine gegenteilige Auffassung vertreten haben oder noch vertreten, kann zu keiner anderen Beurteilung führen."

An dieser Begründung hält der Senat fest. Niemand kommt auf den Gedanken, das Fahrzeug eines sonstigen Handelsbetriebs, z. B. eines Kohlenhandelsbetriebs, wenn mit ihm Kohlen vom Lieferanten abgeholt oder Kohlen zum Abnehmer gebracht werden, insoweit als im Betrieb oder auch im Betrieb des Lieferanten oder im Betrieb des Abnehmers verwendet anzusehen. Dann aber muß das gleiche für den Landesproduktenhandelsbetrieb gelten, da es auf die Art, die Herkunft und die Verwendung der gehandelten Güter für die Beurteilung, in welchem Betrieb das Fahrzeug verwendet wird, nicht ankommen kann.

Ob die Verwendung der Fahrzeuge einer landwirtschaftlichen Genossenschaft zur Beförderung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen von der Hofstelle eines Landwirts zum Bahnhof oder zum Lager der Genossenschaft oder von landwirtschaftlichen Bedarfsgegenständen vom Bahnhof oder vom Lager der Genossenschaft zur Hofstelle eines Landwirts eine Verwendung in einem landwirtschaftlichen Betrieb darstellt, ist im Streitfall nicht zu entscheiden. Zu dem vom Bf. angeführten Urteil des erkennenden Senats vom 22. Oktober 1952 sei bemerkt, daß dieses Urteil zum KRG Nr. 51 Art. I Ziff. 2 ergangen ist, in dem durch die Worte "ohne Rücksicht darauf, ob sie - das heißt die Zugmaschinen ohne Güterladeraum - landwirtschaftlichen Genossenschaften oder Einzelpersonen gehören oder nicht" die landwirtschaftlichen Genossenschaften ausdrücklich den Einzellandwirten gleichgestellt waren.

Dem vom Bf. hilfsweise gestellten Antrag, die Entscheidung bis zum Vorliegen einer von ihm für möglich gehaltenen und erwarteten gesetzlichen Regelung zugunsten der Landesproduktenhändler auszusetzen, vermag der Senat nicht stattzugeben. Es ist nicht angängig, eine Streitfrage aus dem geltenden Recht bis zu einer - noch dazu unbestimmten - gesetzlichen Neuregelung unentschieden zu lassen.

Im Streitfall wurden die Zugmaschine und der Anhänger des Bf. jedenfalls auch in seinem Handelsbetrieb zur Beförderung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und Bedarfsgüter verwendet, und zwar nicht nur von seinem Lager zu den Hofstellen und umgekehrt, sondern bei Bedarfsgütern auch vom Bahnhof zu seinem Lager. Insoweit liegt keine Verwendung in einem landwirtschaftlichen Betrieb vor. Damit ist die Voraussetzung der Ausschließlichkeit der Verwendung der Fahrzeuge in landwirtschaftlichen Betrieben nicht gegeben.

Hiernach war zu erkennen wie geschehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410540

BStBl III 1962, 402

BFHE 1963, 376

BFHE 75, 376

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