Entscheidungsstichwort (Thema)

Billigkeitserstattung von Währungsausgleichsbeträgen

 

Leitsatz (NV)

1. Der Bescheid des Hauptzollamts, mit dem dieses eine Billigkeitserstattung nach der VO Nr. 1608/74 ablehnt, ist gerichtlich voll nachprüfbar.

2. Ein Einfuhrgeschäft i. S. des Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 1608/74 liegt auch dann vor, wenn der Kaufvertrag vereinbarungsgemäß bereits vor der Einfuhr durch Lieferung zur Einlagerung in einem anderen Mitgliedstaat erfüllt worden ist.

3. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1608/74 kann nicht dahin ausgelegt werden, daß die auf die Währungsmaßnahme zurückzuführenden Härten mit Vorteilen verrechnet werden sollen, die mit dem sachlichen Billigkeitsgrund nichts zu tun haben.

4. Die Erhebung des Differenzbetrages stellt eine zusätzliche Belastung dar, wenn der Betrag 100 DM übersteigt.

5. Ansprüche auf die Billigkeitserstattung von Währungsausgleichsbeträgen nach der Regelung der VO Nr. 1608/74 sind zu verzinsen.

 

Normenkette

EWGV 1608/74 Art. 2; AO 1977 §§ 236, 238

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) kaufte mit Vertrag vom Mai 1978 von einem niederländischen Unternehmen 3 000 t Butter. Sie verpflichtete sich, 2 500 t Butter in niederländischen Kühlhäusern auf eigenen Namen und eigene Kosten einzulagern. Die Ware wurde vor dem 19. Oktober 1978 eingelagert und bezahlt. Am 16. Oktober 1978 erhöhte sich der Leitkurs der DM. Mit Wirkung vom 19. Oktober 1978 wurden daher die Währungsausgleichsbeträge (WAB) erhöht. Zu diesem Zeitpunkt lagerten noch 1 988 t Butter der Klägerin in den Niederlanden. Diese wurden in der Folgezeit in die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) eingeführt.

Mit Schreiben vom . . . Oktober 1978 beantragte die Klägerin die Erstattung des der Erhöhung entsprechenden Teils der WAB nach der Regelung der Verordnung (EWG) Nr. 1608/74 (VO Nr. 1608/74) vom 26. Juni 1974 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - L 170/38) für diese 1 988 t. Mit Bescheid vom . . . Januar 1981 erstattete der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt - HZA -) einen Differenzbetrag in Höhe von . . . DM. Bei der Berechnung kürzte das HZA die Differenz zwischen altem und neuem WAB (28,88 DM/100 kg) um die niederländische Ausfuhrvergünstigung von 13,63 DM/100 kg und zog dann davon . . . DM Umrechnungsvorteile nach der Regelung der Absätze 11 und 12 der einschlägigen Dienstanweisung Oktober 1978 des Bundesministers der Finanzen - BMF - (Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung - VSF - M 0965) ab. Dieser Betrag ergab sich aus dem Unterschied zwischen dem Kaufpreis, umgerechnet mit dem am Tag des Abschlusses des Kaufvertrages geltenden Kurs, und den Beträgen, die sich aus den Zahlungen, umgerechnet mit dem Kurs am Tage der Bezahlung, ergaben.

Die nach erfolgloser Beschwerde erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) verpflichtete das HZA unter Abänderung des Bescheides vom Januar 1981 und der Beschwerdeentscheidung vom Juli 1981, an die Klägerin einen Betrag von . . . DM zuzüglich Zinsen in Höhe von 1/2 v. H. pro Monat ab 4. August 1981 zu zahlen (Urteil vom 6. Februar 1985 IV 175/81 SZ, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1985, 399).

Seine Revision begründet das HZA im wesentlichen wie folgt:

Die VO Nr. 1608/74 sei eine Ermessensvorschrift, die die Mitgliedstaaten ermächtige, aber nicht verpflichte, auf die Erhebung des Differenzbetrages aus Billigkeitsgründen zu verzichten. Die Mitgliedstaaten dürften den Rahmen des Art. 2 VO Nr. 1608/74 zwar nicht überschreiten, dagegen jedoch unterschreiten. Dem HZA stehe ein Ermessensspielraum zu. Dieser Ermessensspielraum umfasse insbesondere das Recht, auch bei Vorliegen aller Voraussetzungen der VO Nr. 1608/74 die erhobenen WAB nur teilweise zu erstatten, wenn dies ausreiche, um die übermäßige zusätzliche Belastung auszugleichen, deren Vorliegen nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b VO Nr. 1608/74 Voraussetzung für die Anwendung der Billigkeitsmaßnahme sei. Für die Bundesrepublik seien die in Art. 5 VO Nr. 1608/74 genannten Kriterien in der Dienstanweisung Oktober 1978 festgelegt worden. Über diese Dienstanweisung sei die EG-Kommission unterrichtet worden; sie habe keine zusätzlichen Bestimmungen erlassen und damit bestätigt, daß die Dienstanweisung von der Ermächtigung des Art. 1 VO Nr. 1608/74 gedeckt sei. Eine weitere Bestätigung dieser Auffassung sei in Art. 8 Abs. 1 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 926/80 (VO Nr. 926/80) der Kommission vom 15. April 1980 (ABlEG L 99/15) zu sehen.

Die der Klägerin angerechneten Kursgewinne hätten im Zusammenhang mit den bei der Einfuhr erhobenen WAB gestanden. Es liege in der Natur der Sache, daß der Ausgleich durch den Billigkeitserlaß nur in dem für den Einzelfall erforderlichen Umfang stattfinden solle. Es verstehe sich von selbst, daß bei der Ermittlung des im Einzelfall entstandenen und ggf. im erforderlichen Umfang aus Billigkeitsgründen auszugleichenden Nachteils nicht nur die den Beteiligten belastenden, sondern auch die ihn entlastenden Umstände berücksichtigt werden müßten. Die Billigkeitsregelung habe nicht den Sinn, Währungsvorteile, die im Vorfeld der Währungsmaßnahme entstanden seien, zu sichern.

Der Vertrag vom Mai 1978 sei mit der Einlagerung der Butter in Kühlhäusern in den Niederlanden unter Bezahlung des Kontraktpreises erfüllt gewesen. Die Einlagerung sei am 5. September 1978 beendet und die Bezahlung bis zum 5. Oktober 1978 erfolgt gewesen. Da die Bedingungen des Vertrags somit nicht zur Einfuhr der Butter geführt hätten, habe es sich nicht um einen Einfuhrvertrag und daher auch nicht um einen Altvertrag i. S. von Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 1608/74 gehandelt. Nur unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Klägerin ihre sämtlichen Butterbezüge nachweislich auf dem inländischen Markt abgesetzt habe, seien die Einfuhren unter weiter Auslegung der VO Nr. 1608/74 so bewertet worden, als wenn sie aufgrund des Vertrages vom Mai 1978 vorgenommen worden wären. Damit sei es geboten gewesen, die Umstände des Falles unter sinngemäßer Anwendung der Dienstanweisung zu beurteilen und Vorteile, die sich aus der Währungsentwicklung nach dem Abschluß des Vertrages ergeben hätten, erstattungsmindernd zu berücksichtigen.

Das HZA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Sie macht u. a. geltend:

Die Revision sei unzulässig, soweit das HZA die Verletzung von Bundesrecht rüge und hierfür in seiner Revisionsbegründung auf die Dienstanweisung abhebe. Diese habe nicht die rechtliche Qualität von Bundesrecht. Die Revision sei aber nicht nur partiell unzulässig, sondern auch unbegründet. Das Währungsausgleichssystem gebe keine Ermächtigung für die Dienstanweisung. Aus Art. 1 VO Nr. 1608/74 ergebe sich auch keine Ermächtigung für Dienstanweisungen mit schrankenlosem Ermessen. Art. 2 VO Nr. 1608/74 sei keine bloße Rahmenvorgabe. Durch die VO Nr. 926/80 sei die Dienstanweisung nicht bestätigt worden. Die Dienstanweisung stimme auch nicht mit der gemeinschaftsrechtlichen Billigkeitsregelung überein.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Revision des HZA ist zulässig. Das HZA hat zumindest auch die Verletzung der Vorschriften der VO Nr. 1608/74 gerügt, die zum Bundesrecht zählen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 118 Anm. 10, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Damit ist die Revision in vollem Umfang zulässig (vgl. auch § 118 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine ,,partielle Unzulässigkeit" der Revision des HZA also auch dann nicht gegeben, wenn die Revisionsbegründung des HZA mit der Klägerin dahin zu werten wäre, daß das HZA mit ihr u. a. auch die Verletzung der Dienstanweisung des BMF als einer Rechtsnorm rügen wollte.

2. Die Revision ist aber unbegründet.

a) Als Rechtsgrundlage für die begehrte Erstattung kommt, wie das FG zu Recht entschieden hat, allein die Billigkeitsregelung der VO Nr. 1608/74 in Betracht. Diese ist anzuwenden, da die Bundesrepublik durch die Bekanntmachung vom 19. Oktober 1978 (Bundesanzeiger - BAnz - Nr. 200 vom 21. Oktober 1978; VSF M 0965) von der durch Art. 1 VO Nr. 1608/74 gegebenen Ermächtigung zur Anwendung dieser Verordnung im Hinblick auf die zum 16. Oktober 1978 getroffenen Währungsmaßnahmen Gebrauch gemacht hat (vgl. auch Senatsurteil vom 21. Oktober 1986 VII R 47/81, BFHE 148, 378, 380, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

b) Der Bescheid des HZA, mit dem es die von der Klägerin beantragte Billigkeitserstattung nach der VO Nr. 1608/74 abgelehnt hat, ist entgegen der Auffassung des HZA gerichtlich voll nachprüfbar (vgl. Senatsurteil vom 16. Juni 1987 VII R 133-135/84, BFHE 150, 235, 236, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Einem Erfolg der Verpflichtungsklage der Klägerin steht auch nicht entgegen, daß nicht zuvor das Verfahren zur Unterrichtung der Kommission nach Art. 4 VO Nr. 1608/74 in Gang gesetzt worden ist (vgl. BFHE 148, 378, 383). Das HZA kann also zur begehrten Erstattung verpflichtet werden, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, an die die VO Nr. 1608/74 die Gewährung eines Billigkeitserweises knüpft. Auf den Inhalt der Dienstanweisung kommt es nicht an.

c) Das FG ist ohne Rechtsirrtum davon ausgegangen, daß die Klägerin einen Rechtsanspruch auf die begehrte Erstattung hat, daß also die Berücksichtigung der sog. Umrechnungsvorteile zu Lasten der Klägerin mit den Vorschriften der VO Nr. 1608/74 nicht vereinbar ist. Da das Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der VO Nr. 1608/74 nicht zweifelhaft ist, hat die Klägerin einen Anspruch auf die begehrte Erstattung, wenn die Voraussetzungen des Art. 2 VO Nr. 1608/74 erfüllt sind. Das ist der Fall.

aa) Nach Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 1608/74 gilt die Regelung ,,nur für Einfuhrgeschäfte aufgrund von Verträgen, die vor den . . . Währungsmaßnahmen fest abgeschlossen wurden". Das Wort ,,Einfuhrgeschäfte" steht hier für ,,Einfuhren", wie die englische und französische Fassung der Vorschrift zeigen (imports, importations). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Davon ist auch das HZA ausgegangen.

Dem steht nicht entgegen, daß der Kaufvertrag, mit dem die Klägerin die eingeführten Waren von einem holländischen Unternehmen gekauft hat, vereinbarungsgemäß bereits vor der Einfuhr durch Lieferung an die Klägerin zur Einlagerung in den Niederlanden erfüllt worden ist. Zwar ist deswegen die Einfuhr nicht unmittelbar Folge der Erfüllungshandlung des Verkäufers. Das setzt aber Art. 2 Abs. 1 VO Nr. 1608/74 weder nach seinem Wortlaut noch nach seinem Sinn und Zweck voraus. Es genügt vielmehr, daß die Einfuhr Folge des Altvertrags war, was hier zweifelsfrei gegeben ist. Andernfalls würden hinsichtlich der Möglichkeit, einen Billigkeitserweis nach der VO Nr. 1608/74 zu erlangen, die Einführer unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob die Einfuhr unmittelbar Folge der Erfüllung des Altvertrages ist oder nicht. Für eine solche unterschiedliche Behandlung ist aber kein Grund ersichtlich. Auch bei Einfuhrgeschäften der vorliegenden Art können die sachlichen Billigkeitsgründe vorliegen, deren Berücksichtigung die Regelung der VO Nr. 1608/74 zum Ziel hat (vgl. auch Absatz 3 der Erwägungsgründe).

bb) Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1608/74 ist Voraussetzung für die Erstattung der Differenzbeträge, daß die Erhebung der erhöhten WAB im vorliegenden Fall nicht erforderlich ist, um die Inzidenz der in Art. 1 genannten Währungsmaßnahme - hier also jener vom 16. Oktober 1978 - auf den Preis der Erzeugnisse auszugleichen. Dieser Tatbestand ist hier erfüllt. Die fraglichen Erzeugnisse sind bereits vor dem 16. Oktober 1978 an die Klägerin geliefert und von ihr auch vor dem Stichtag bezahlt worden. Die Währungsmaßnahme konnte daher keinen Einfluß auf den Preis der Erzeugnisse gehabt haben. Es bedarf somit auch keines Ausgleichs dieses Einflusses durch die Erhebung erhöhter WAB.

Das HZA ist offenbar der Auffassung, daß die Erhöhung der WAB aus Anlaß der Währungsmaßnahme auch den Zweck hat, andere als auf die Währungsmaßnahme zurückzuführende Vorteile des Einführers auszugleichen. Das trifft aber nicht zu (vgl. auch Senatsurteile vom 16. Juni 1976 VII R 130/73, BFHE 119, 330, und vom 24. November 1981 VII R 58/79, BFHE 134, 492). Die Vorteile der Klägerin, die das HZA zu deren Lasten berücksichtigt hat, ergeben sich rein rechnerisch aufgrund der Entwicklung der Kurse von DM und holländischem Gulden im Rahmen der normalen Bandbreite der sog. Währungsschlange im Zeitraum zwischen Vertragsabschluß und der Währungsmaßnahme. Solche individuellen Vorteile von Einführern sollen aber weder die WAB im allgemeinen noch die Erhöhung der WAB aufgrund eines bestimmten Währungsereignisses ausgleichen. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a VO Nr. 1608/74, der aus sachlichen Billigkeitsgründen durch die Erhöhung der WAB bei Altverträgen eingetretene Härten ausgleichen will, kann daher nicht entgegen seinem Wortlaut dahin ausgelegt werden, die genannten Härten sollten gegen Vorteile aufgerechnet werden, die mit dem sachlichen Billigkeitsgrund nichts zu tun haben. Dieser Schluß muß auch deswegen ausscheiden, weil der umgekehrte Fall - entsprechende rechnerische Umrechnungsnachteile des Einführers unabhängig von der Währungsmaßnahme - einen Erlaß (oder eine Erhöhung der Erlaßsumme) der Differenzbeträge nicht begründen kann (vgl. auch BFHE 150, 235, 238, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

cc) Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b VO Nr. 1608/74 ist weitere Voraussetzung für die Erstattung des Differenzbetrages, daß seine Erhebung für den Einführer zu einer nicht vermeidbaren ,,übermäßigen zusätzlichen Belastung führen würde". Auch diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Erhebung des Differenzbetrages stellt eine zusätzliche (d. h. über die zuvor schon bestehende Belastung mit WAB hinausgehende) Belastung der Klägerin dar. Diese ist übermäßig, da sie den Betrag von 100 DM überschreitet (BFHE 150, 235, 239). Daß die Klägerin diese Belastung hat abwälzen können oder sie sonst hat vermeiden können, hat das HZA nicht vorgetragen.

Art. 2 Abs. 2 Buchst. b VO Nr. 1608/74 macht die Erstattung nicht davon abhängig, daß die Einführerin im Zusammenhang mit den fraglichen Einfuhrgeschäften keine anderen, d. h. nicht mit der Erhöhung der WAB zusammenhängenden, Vorteile zugute gekommen sind. Solche Vorteile ändern nichts daran, daß jedenfalls die Belastung durch die Erhebung der erhöhten WAB bestehenbleibt (vgl. auch Senatsurteil vom 5. Juni 1985 VII R 159-160/82, BFHE 144, 294).

dd) An dieser Auffassung vermag Art. 8 Abs. 3 VO Nr. 926/80 nichts zu ändern. Diese Verordnung ist nach ihrem Art. 17 erst am 1. Mai 1980 in Kraft getreten, kann also auf den vorliegenden Fall unmittelbar nicht angewendet werden. Das schließt zwar nicht von vornherein aus, daß diese Verordnung bei der Auslegung der Vorschriften der VO Nr. 1608/74 als Hilfsmittel herangezogen wird. Das kann aber nur dort gelten, wo die Neuregelung keine Rechtsänderung vornehmen, sondern in der geänderten Verordnung bereits angelegte Regelungen detaillieren wollte. So war es in dem durch BFHE 150, 235, 238 entschiedenen Fall. In der Frage aber, ob die sog. Umrechnungsvorteile der Klägerin zu ihren Lasten zu berücksichtigen sind, bietet die VO Nr. 1608/74, wie sich aus den obigen Ausführungen unter a und b ergibt, keine Ansatzpunkte für eine Auslegung im Sinne der Regelung des Art. 8 Abs. 3 VO Nr. 926/80. Diese Regelung muß daher als neues, nicht rückwirkend anwendbares Recht angesehen werden.

ee) Keinen Einfluß auf die Entscheidung kann das Verhalten der Kommission auf die Unterrichtungen der Bundesrepublik nach Art. 4 und 5 VO Nr. 1608/74 haben. Selbst wenn aus dem Schweigen der Kommission auf diese Unterrichtungen der Schluß gezogen werden müßte, daß die Kommission die Regelung der VO Nr. 1608/74 wie das HZA auslegt, ergibt sich daraus nichts gegen die Auffassung der Vorinstanz. Maßgebend ist allein Wortlaut, Sinn und Zweck der VO Nr. 1608/74.

ff) In Anwendung der Rechtsgrundsätze des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 (EuGHE 1982, 3415) sieht sich der Senat zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nicht verpflichtet.

d) Auch die Zinsentscheidung des FG ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruht auf §§ 236, 238 der Abgabenordnung (AO 1977). Diese Regelung ist anwendbar, da vorgehendes Gemeinschaftsrecht fehlt und es sich bei den vom HZA erhobenen WAB, um deren Erstattung es geht, um Abschöpfungen handelt, auf die die Vorschriften für Zölle und damit auch die Vorschriften der AO 1977 anwendbar sind (vgl. Senatsurteil vom 13. November 1984 VII R 21/81, BFHE 142, 340, 342, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Dem steht das Senatsurteil vom 17. Februar 1987 VII R 21/84 (BFHE 149, 15, BStBl II 1987, 368) nicht entgegen, da dieses nur die bei der Ausfuhr gewährten WAB betrifft, die als Subventionen und nicht als Steuervergütungen anzusehen sind. Zu Recht hat das FG auch die Anwendung des § 48 des Verwaltungsverfahrensgesetzes abgelehnt; als Spezialregelung haben die §§ 236, 238 AO 1977 Vorrang (vgl. auch BFHE 149, 15, 17, BStBl II 1987, 368).

Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, Ansprüche auf Erstattung aus Billigkeitsgründen seien nicht zu verzinsen 1(vgl. v. Wallis in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 236 AO 1977 Anm. 6). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin einen Rechtsanspruch auf Erstattung des Differenzbetrages, einer Steuer, da die Voraussetzungen der VO Nr. 1608/ 74 gegeben sind. Dem Urteil, das die Verpflichtung des HZA zur begehrten Erstattung ausspricht, kommt daher lediglich rechtsbestätigende Wirkung zu. Ein Verwaltungsakt wie der, durch den die Verwaltung eine Billigkeitserstattung i. S. des § 227 AO 1977 gewährt - der in der Tat rechtsbegründende Wirkung hat und damit Zinsansprüche ausschließt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. Februar 1976 V R 132/71, BFHE 118, 415, BStBl II 1976, 497, 498) -, liegt hier nicht vor.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415650

BFH/NV 1989, 60

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