Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert wegen Änderung eines Gewinnfeststellungsbescheids

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird die Änderung eines unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Gewinnfeststellungsbescheides angestrebt, ist der Streitwert zum Zweck der Entscheidung über die Zulässigkeit der Revision pauschal in der Regel mit 25 v.H. des streitigen Gewinnbetrages festzustellen (hier: von 40 v.H., wegen besonderer Umstände). Die Erwägungen, die dazu führten, im Gewinnfeststellungsverfahren von Abschreibungsgesellschaften den Streitwert mit 50 v.H. des streitigen Verlustbetrages zu bemessen, waren nicht übertragbar.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 1; ZPO § 3

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 07.10.1982; Aktenzeichen 1 BvR 660/81)

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, betreibt ein gewerbliches Unternehmen. Gesellschafter waren im Streitjahr 1975 A. als Komplementär und B. als Kommanditistin. Bei der Ermittlung des Gewinns für 1975 zog die Klägerin einen Betrag von 24 000 DM als Lohnaufwendungen für den Vater der beiden Gesellschafter H. als Betriebsausgaben ab.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) erkannte bei der Gewinnfeststellung für 1975 die geltend gemachten Lohnaufwendungen nicht als Betriebsausgaben an und erhöhte den erklärten Gewinn entsprechend (festgestellter Gewinn 37 404 DM; Gewinnanteil A. 27 614 DM). Der Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Er wurde nicht angefochten. Die Klägerin beantragte jedoch beim FA gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977, den Gewinnfeststellungsbescheid 1975 zu ändern, und zwar sinngemäß in der Weise, daß der Gewinn um die Bezüge des H. in Höhe von 24 000 DM gemindert und auf 13 404 DM festgestellt wird. Das FA lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, ein Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und H. könne nicht anerkannt werden, da es weder ernsthaft vereinbart noch tatsächlich durchgeführt worden sei. Einspruch und Klage waren erfolglos.

Mit ihrer gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) gerichteten Revision beantragt die Klägerin, das angefochtene Urteil aufzuheben und das FA für verpflichtet zu erklären, den Gewinnfeststellungsbescheid 1975 dahingehend zu ändern, daß sich der Gewinn von 37 404 DM um 24 000 DM auf 13 404 DM vermindert.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Gegen das Urteil eines FG steht den Beteiligten die Revision ohne besondere Zulassung nur dann zu, wenn der Wert des Streitgegenstandes 10 000 DM übersteigt (§ 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO– i.V.m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs –BFH-EntlastG–). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht gegeben.

1. Der Streitwert ist, wenn er für die Entscheidung über die Zulässigkeit der Revision zu bestimmen ist, nicht nach § 13 des Gerichtskostengesetzes (GKG), sondern nach § 155 FGO i.V.m. § 3 der Zivilprozeßordnung (ZPO) zu ermitteln (Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 8. März 1977 VII R 3/76, BFHE 122, 8, BStBl II 1977, 614). Hiernach ist der Streitwert nach freiem Ermessen festzusetzen (§ 3 ZPO).

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist der Streitwert für ein Revisionsverfahren, das die Rechtmäßigkeit eines Gewinnfeststellungsbescheides zum Gegenstand hat, nicht nach den wirklichen einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen der streitigen Gewinnfeststellung auf die Einkommensbesteuerung der davon betroffenen Personen im Einzelfalle, sondern pauschal durch Anwendung eines bestimmten Prozentsatzes auf den streitigen Gewinnbetrag zu bestimmen (z.B. Beschlüsse vom 23. Februar 1978 IV E 1/78 und IV E 2/78, BFHE 125, 7 bzw. 10, BStBl II 1978, 409 bzw. 435, mit weiteren Nachweisen). Entsprechendes muß bei einem Revisionsverfahren gelten, das auf eine Verpflichtung des FA gerichtet ist, einen Gewinnfeststellungsbescheid gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977 zu ändern, sofern das FA die Änderung aus materiell-rechtlichen Gründen abgelehnt hat.

Auch im Streitfall ist nach diesen Rechtsgrundsätzen zu verfahren –ungeachtet der Berechnungen der Klägerin in der Revisionsbegründung über die einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen des streitigen Gewinnbetrags–. Die Erwägungen, von denen die Rechtsprechung getragen ist, nämlich, daß sich die einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen der Gewinnfeststellungen im Einzelfalle nicht ohne Beiziehung der Einkommensteuerakten der betroffenen Personen prüfen lassen, erfassen auch den Streitfall.

3. Bei der pauschalen Streitwertbestimmung ist im Regelfalle von einem Satz von 25 v.H. des streitigen Gewinnbetrags auszugehen, sofern nur der laufende, nicht tarifbegünstigte Gewinn streitig ist. Ein entsprechend höherer Satz ist allerdings anzuwenden, wenn die Höhe der streitigen Gewinne und Gewinnanteile die Vermutung begründen, daß der Regelsatz den tatsächlichen Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Einkommensbesteuerung der von der Gewinnfeststellung betroffenen Personen nicht hinreichend gerecht wird (BFHE 125, 7 bzw. 10, BStBl II 1978, 409 bzw. 435). Der Senat kann im Streitfall offen lassen, ob, wie er noch in seinem Beschluß vom 25. August 1966 IV 3/64 (BFHE 86, 569, BStBl III 1966, 611) angenommen hat, ein höherer Prozentsatz als 25 v.H. bereits dann anzuwenden ist, wenn die Gewinnanteile der betroffenen Mitunternehmer über 15 000 DM liegen. Denn selbst wenn man diese Frage trotz der zwischenzeitlichen Entwicklung des Einkommensteuertarifs bejaht, wäre im Streitfall die Revisionssumme nicht erreicht, weil sogar eine Anwendung eines Prozentsatzes von 40 v.H. statt des Regelsatzes von 25 v.H. nur einen Streitwert von 9 600 DM ergibt (40 v.H. von 24 000 DM). Der Ansatz eines noch höheren Prozentsatzes liegt jedoch nicht mehr im Rahmen der Rechtsprechungspraxis (vgl. z.B. die Prozentsätze, die dem BFH-Beschluß in BFHE 125, 7, BStBl II 1978, 409, zugrunde liegen) und wäre deshalb nicht ermessensgerecht. Die Erwägungen, die den Senat bestimmten, im Gewinnfeststellungsverfahren von Abschreibungsgesellschaften den Streitwert in der Regel mit 50 v.H. des streitigen Verlustbetrages zu bemessen (BFH-Beschluß vom 13. März 1980 IV E 2/80, BFHE 130, 363, BStBl II 1980, 520) sind auf den Streitfall nicht übertragbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1875057

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