Leitsatz (amtlich)

Bei der pauschalen Ermittlung des Streitwerts für ein einheitliches Gewinnfeststellungsverfahren kann die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit, daß allen oder einzelnen von der einheitlichen Gewinnfeststellung betroffenen Personen die Steuervergünstigungen nach § 21 Abs. 1 BHG 1964 (jetzt § 21 Abs. 1 BerlinFG) zustehen, nicht berücksichtigt werden.

 

Normenkette

GKG § 13; BHG 1964 § 21 Abs. 1

 

Gründe

Die Erinnerung ist nicht begründet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ist der Streitwert für ein Klageverfahren oder ein Revisionsverfahren, das die Rechtmäßigkeit eines einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheids zum Gegenstand hat, durch Anwendung eines bestimmten Prozentsatzes auf den streitigen Gewinnbetrag zu bestimmen. Dabei ist in den Fällen, in denen die Höhe des (laufenden, nichttarifbegünstigten) Gewinns streitig ist, grundsätzlich von einem Satz von 25 v. H. und in den Fällen, in denen die Höhe eines (tarifbegünstigten) Veräußerungsgewinns streitig ist, grundsätzlich von einem Satz von 15 v. H. auszugehen. Entsprechend höhere Prozentsätze sind jedoch anzuwenden, wenn die Höhe der streitigen Gewinne und Gewinnanteile die Vermutung begründen, daß ein Streitwert in Höhe von 25 v. H. bzw. 15 v. H. den tatsächlichen Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Einkommensbesteuerung der von der einheitlichen Gewinnfeststellung betroffenen Personen nicht gerecht wird (vgl. z. B. BFH-Beschlüsse vom 25. August 1966 IV 3/64, BFHE 86, 569, BStBl III 1966, 611; vom 8. November 1973 IV B 6/72, BFHE 110, 487, BStBl II 1974, 138; BFH-Urteile vom 2. Februar 1967 IV 224/64, BFHE 88, 23, BStBl III 1967, 274; vom 8. Juni 1967 IV R 46/66, BFHE 89, 235, BStBl III 1967, 610).

Diese Rechtsprechung beruht auf der Überlegung, daß einerseits zwar Umstände, die im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren erkennbar und ggf. anhand der in diesem Verfahren vorliegenden Steuerakten überprüfbar sind und die im Regelfall die einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen der einheitlichen Gewinnfeststellung bestimmen (wie z. B. die Höhe der streitigen Gewinnanteile), bei der Ermittlung des Streitwerts zu berücksichtigen sind, um den Streitwert den tatsächlichen einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen der einheitlichen Gewinnfeststellung für die Einkommensbesteuerung der betroffenen Personen nahezubringen, daß aber andererseits der Streitwert für das einheitliche Gewinnfeststellungsverfahren nicht nach den wirklichen einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen im Einzelfalle zu bemessen ist, weil sich diese Auswirkungen nicht ohne Beiziehung der Einkommensteuerakten der betroffenen Personen ermitteln und überprüfen lassen. Hieraus folgt dann aber weiter, daß bei der Ermittlung des Streitwerts für das einheitliche Gewinnfeststellungsverfahren solche Umstände außer Betracht bleiben müssen, die sich nur durch die Beiziehung der Einkommensteuerakten zuverlässig bestimmen und überprüfen lassen.

Nach diesen Rechtsgrundsätzen kann bei der Ermittlung des Streitwerts für ein einheitliches Gewinnfeststellungsverfahren die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit, daß allen oder einzelnen von der einheitlichen Gewinnfeststellung betroffenen Personen die Steuervergünstigungen nach § 21 Abs. 1 BHG 1964 (jetzt § 21 Abs. 1 des Berlinförderungsgesetzes - BerlinFG -) zustehen, nicht berücksichtigt werden. Denn nach § 21 Abs. 1 Satz 1 BHG 1964 ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer für Einkünfte aus Berlin (West) nur bei Personen, die ihren ausschließlichen Wohnsitz in Berlin (West) haben (Nr. 1) oder bei mehrfachem Wohnsitz während des ganzen Veranlagungszeitraums einen Wohnsitz in Berlin (West) haben und dort veranlagt werden (Nr. 2) oder, ohne einen Wohnsitz im Geltungsbereich des Gesetzes zu haben, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Berlin (West) haben (Nr. 3). Danach ist die Steuervergünstigung nicht nur von Umständen abhängig, die im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren ohne weiteres erkennbar sind (Einkünfte aus Berlin), sondern auch von Umständen, die ohne Beiziehung der Einkommensteuerakten nicht zuverlässig bestimmbar und überprüfbar sind (Wohnsitz, gewöhnlicher Aufenthalt usw.) und die deshalb nach dem oben angeführten Grundsatz bei der Streitwertermittlung für das einheitliche Gewinnfeststellungsverfahren außer Betracht bleiben müssen. Dagegen läßt sich nicht mit Erfolg einwenden, aus den Gewinnfeststellungsakten sei regelmäßig erkennbar, bei welchen FÄ die vom Gewinnfeststellungsbescheid betroffenen Personen nach der Sachdarstellung desjenigen, der die einheitliche Gewinnfeststellungserklärung eingereicht hat, zur Einkommensteuer veranlagt werden. Denn zum einen bleibt ungewiß, ob diese Sachdarstellung zutrifft. Und zum anderen läßt sich aus der Tatsache, daß ein Steuerpflichtiger in Berlin (West) zur Einkommensteuer veranlagt wird, noch nicht zwingend schließen, daß er den persönlichen Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 BHG 1964 (jetzt § 21 Abs. 1 BerlinFG) genügt. Die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit der FÄ (§§ 71 ff. der Reichsabgabenordnung - AO -; §§ 17 ff. der Abgabenordnung - AO 1977 -) knüpfen nicht im einzelnen an dieselben Voraussetzungen wie § 21 Abs. 1 BerlinFG an (z. B. bei mehrfachem Wohnsitz) und unterliegen überdies in gewissem Umfange der Disposition der Beteiligten (vgl. § 78 AO; § 27 AO 1977).

Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist die Streitwertermittlung der Kostenstelle beim BFH im Streitfalle nicht zu beanstanden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 72549

BStBl II 1978, 435

BFHE 1979, 10

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