Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des gemeinen Werts nicht börsennotierter Stammaktien auf der Grundlage des Börsenkurses der stimmrechtslosen Vorzugsaktien derselben AG: ernstliche Zweifel am Durchschnittsverfahren der Finanzverwaltung

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob die Ableitung des gemeinen Werts der nicht an der Börse notierten Stammaktien mit Stimmrecht vom Börsenkurs der stimmrechtslosen Vorzugsaktien desselben Unternehmens durch Anwendung der von der Finanzverwaltung aus der durchschnittlichen Wertdifferenz von an der Börse gehandelten Stammaktien und Vorzugsaktien errechneten pauschalen Zuschlägen erfolgen kann.

 

Orientierungssatz

Es ist grundsätzlich zulässig, daß der gemeine Wert nicht an der Börse notierter Stammaktien vom Börsenkurs an der Börse notierter Vorzugsaktien abgeleitet wird. Der Kurswert der Vorzugsaktien ist nur der Ausgangswert für die Wertermittlung. Eine Festsetzung des gemeinen Werts nichtnotierter Stammaktien mit dem Börsenkurs von Vorzugsaktien ist im Regelfall auch dann rechtmäßig, wenn diese Ableitung des gemeinen Werts vom Finanzamt nicht näher belegt wird. Der Ansatz eines höheren Werts für die Stammaktien ist aber nur gerechtfertigt, wenn der entsprechende Zuschlag durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Schätzung im Einzelfall gestützt wird.

 

Normenkette

BewG 1974 § 11 Abs. 2; BewG 1991 § 11 Abs. 2; FGO § 69 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

FG München (Beschluss vom 16.08.1996; Aktenzeichen 7 V 2416/96)

 

Tatbestand

I. Streitig ist der gemeine Wert der nicht an der Börse gehandelten Stammaktien der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin).

Die Antragstellerin ist eine AG. Im Jahre 1987 wurde das Grundkapital der Antragstellerin durch Ausgabe von stimmrechtslosen Vorzugsaktien im Nennwert von je 50 DM erhöht. Im Jahre 1990 wurde das Grundkapital durch Ausgabe weiterer stimmrechtsloser Vorzugsaktien erhöht. Die Vorzugsaktien sind mit einer Mehrdividende von zwei Prozentpunkten ausgestattet. Die Vorzugsaktien wurden im Jahre 1987 an der Börse eingeführt. Ihr Kurs betrug zum 31. Dezember 1989 321 DM, zum 31. Dezember 1990 270 DM, zum 31. Dezember 1991 225 DM und zum 31. Dezember 1992 202 DM.

Durch Änderungsbescheid vom 1. Dezember 1995 stellte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den gemeinen Wert der Stammaktien der Antragstellerin auf den 31. Dezember 1989 auf 738 DM je 100 DM Grundkapital fest. Durch Bescheid vom selben Tag stellte er den gemeinen Wert der Stammaktien für die Stichtage 31. Dezember 1990 bis 31. Dezember 1992 auf 648 DM, 540 DM und 501 DM fest. Den gemeinen Wert der Stammaktien hatte das FA jeweils aus dem Börsenkurs der Vorzugsaktien abgeleitet. Dabei hatte es entsprechend den Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 14. September 1990 und vom 16. Mai 1994 (Vermögensteuerkartei der Oberfinanzdirektionen München und Nürnberg, § 11 Abs. 1 und 2 des Bewertungsgesetzes --BewG-- Karte 1.4; vgl. auch Erlaß des Landes Nordrhein-Westfalen vom 19. Juli 1990, Steuererlasse in Karteiform, Bewertungsgesetz, § 113a Nr. 51) dem Börsenkurs der Vorzugsaktie zum jeweiligen Stichtag einen pauschalen Aufschlag hinzugerechnet (15 %, 20 % und 24 %). Der für die Wertableitung nichtnotierter Aktien aus dem Börsenkurs von Vorzugsaktien bzw. Stammaktien maßgebende Aufschlag oder Abschlag wird vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) anhand der Kurswertliste unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Wertabweichung von im Börsenhandel notierten Stamm- und Vorzugsaktien ermittelt. In die Auswertung werden nur solche Gesellschaften einbezogen, deren Stamm- und Vorzugsaktien an der Börse gehandelt werden. Dabei werden vorab solche Kurse ausgeschieden, die auf ungewöhnliche Verhältnisse zurückzuführen sind. Zusätzlich wird sichergestellt, daß ungewöhnliche Kursabweichungen zwischen Stamm- und Vorzugsaktien außer Betracht bleiben. Von den so ermittelten Werten wird ein Abschlag in Höhe von 30 % (für die Stichtage 31. Dezember 1989 bis 31. Dezember 1991) bzw. von 15 % für den Stichtag 31. Dezember 1992 vorgenommen.

Gegen die so errechneten gemeinen Werte der an der Börse nicht notierten Stammaktien der Antragstellerin hat diese nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben. Sie beantragte, den gemeinen Wert auf den 31. Dezember 1989 um 45 DM je 100 DM Grundkapital niedriger festzusetzen, auf den 31. Dezember 1990 um 67 DM, auf den 31. Dezember 1991 um 58 DM und auf den 31. Dezember 1992 um 70 DM. Über die Klage ist noch nicht entschieden.

Anträge auf Aussetzung der Vollziehung wurden von den Finanzbehörden abgelehnt.

Das Finanzgericht (FG) hat durch seinen in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 1199 veröffentlichten Beschluß einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Bescheide über die Feststellung des gemeinen Werts der Stammaktien der Antragstellerin für die streitigen Stichtage als unbegründet abgelehnt. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide. Der gemeine Wert der Stammaktien sei aus dem Börsenkurs der Vorzugsaktien abzuleiten. Dabei müsse der unterschiedlichen Ausstattung der beiden Aktiengattungen Rechnung getragen werden. Es sei zu berücksichtigen, daß die an der Börse gehandelten Vorzugsaktien kein Stimmrecht gewährten und dadurch der Wert der Vorzugsaktien negativ beeinflußt werde und daß andererseits die Stammaktien eine um zwei Prozentpunkte niedrigere Dividende gewährten als die Vorzugsaktien, was sich auf den Wert der Stammaktien negativ auswirke. Dies bedeute, daß der Kurswert der Stammaktien wegen der Ausstattung mit Stimmrecht um einen Zuschlag zu erhöhen und dem Nachteil der geringeren Dividende durch einen entsprechenden Abschlag Rechnung zu tragen sei. Die Höhe der die Wertveränderungen ausgleichenden Zuschläge oder Abschläge könne nicht exakt ermittelt, sondern nur geschätzt werden. Es bestünden keine Bedenken gegen die Schlußfolgerung, daß der Vorteil des durch die Stammaktien vermittelten Stimmrechts den Nachteil der niedrigeren Dividende überwiege. Dies entspreche der Erfahrungstatsache, daß Stammaktien an der Börse in aller Regel deutlich höher notierten als Vorzugsaktien desselben Unternehmens. Es sei kein einleuchtender Grund ersichtlich, warum das allgemeine Verhältnis der Börsenpreise für Stammaktien und Vorzugsaktien nicht auch für die Bemessung der Höhe der Wertabweichung herangezogen werden solle. Für die Schätzung erscheine die Anlehnung an die Situation auf dem Aktienmarkt um so naheliegender, als sich nur der Nachteil der niedrigeren Dividende zuverlässig quantifizieren lasse. Demgegenüber könne für den Stimmrechtsvorteil nur auf die entsprechende Bewertung am allgemeinen Markt zurückgegriffen werden. Damit verbleibe als Maßstab für eine zutreffende Ableitung des Werts der Stammaktien aus dem Börsenkurs der Vorzugsaktien nur das Verhältnis der durchschnittlichen Kursunterschiede zwischen den beiden Aktiengattungen. Zwar erscheine es naheliegend, bei Bestimmung des Wertverhältnisses von Stamm- und Vorzugsaktien die Höhe des jeweiligen Dividendenunterschieds zu berücksichtigen. Je mehr die Dividendenerwartungen der Vorzugsaktien diejenigen der Stammaktien überstiegen, um so niedriger müßte der Saldo aus Zuschlag für das Stimmrecht und Abschlag für die Dividendenausstattung zugunsten der Stammaktien ausfallen. Indes habe die Auswertung gezeigt, daß ein Zusammenhang zwischen der Höhe des Kursunterschieds und der Ausstattung der Vorzugsaktien nicht bestehe. Bei dem im Streitfall relativ geringfügigen Dividendenunterschied könne eine Bemessung des Aufschlags auf den Wert der Vorzugsaktie unter besonderer Berücksichtigung der Dividendenausstattung für die Antragstellerin ohnehin nur von Nachteil sein. Im Streitfall habe das FA die von der Finanzverwaltung nach den dargelegten Grundsätzen ermittelten Aufschlagsätze zugrunde gelegt. Zwar seien die von der Antragstellerin wegen der geringeren Dividendenausstattung der Stammaktien vorgenommene Abschläge nicht zu beanstanden. Demgegenüber könnte der Zuschlag der Antragstellerin wegen des Stimmrechtsvorteils in Höhe von 10 % nicht als zutreffend anerkannt werden. Mangels anderer geeigneter Schätzungsgrundlagen könnte dafür wiederum nur auf den allgemeinen Markt zurückgegriffen werden, der das Stimmrecht erheblich höher als den Nachteil der niedrigeren Dividenden werte. Die Beschwerde hat das FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Mit der Beschwerde wird beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung Aussetzung der Vollziehung der Bescheide über die Feststellung des gemeinen Werts der Stammaktien in Höhe der mit der Klage geltend gemachten Differenzbeträge zu gewähren. Diese Beträge ergäben sich durch Vornahme eines Abschlags vom jeweiligen Börsenkurs der börsennotierten stimmrechtslosen Vorzugsaktien der Antragstellerin in Höhe von jeweils 13 DM wegen der --verglichen mit den börsennotierten Vorzugsaktien-- um zwei Prozentpunkte geringeren Dividendenausstattung. Das fehlende Stimmrecht bei den Vorzugsaktien sei durch Berechnung eines Zuschlags in Höhe von 10 % für das Stimmrecht zu berücksichtigen. Durch die Ausstattung mit einer um zwei Prozentpunkte höheren Dividende entfalle auf ein Grundkapital von 100 DM eine Mehrdividende von 2 DM, was einem Zinssatz von 8 % unter Zugrundelegung der Formel der ewigen Rente einem Barwert von 25 DM entspreche. Dieser Barwert ergebe dann bei Berücksichtigung der Kurswerte zu den jeweiligen Stichtagen eine Mehrrendite von ca. 4 % (31. Dezember 1989), ca. 4,6 % (31. Dezember 1990), ca. 5,5 % (31. Dezember 1991) und ca. 6,1 % (31. Dezember 1992), die sich bei Berücksichtigung der gewährten Mindestrendite in Höhe von 4 % noch erhöhe. Die Wertschätzung des mit einer Aktie verbundenen Stimmrechts könne indessen angesichts des Kursunterschieds bei den im amtlichen Handel und im geregelten Markt notierten Anteilen nicht nachvollzogen werden.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Zu Unrecht hat das FG das Vorliegen der Voraussetzungen für die beantragte Aussetzung der Vollziehung verneint. An der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen im geltend gemachten Umfang ernstliche Zweifel. Die Aussetzung der Vollziehung ist daher antragsgemäß zu gewähren (§ 69 Abs. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Im Streitfall liegt zwar für die Vorzugsaktien der Antragstellerin, nicht aber für die Stammaktien ein Börsenkurs vor. Da es sich bei Vorzugsaktien und Stammaktien wegen ihrer Ausstattung mit unterschiedlichen Rechten nicht um Aktien derselben Gattung handelt, kann der Kurswert der Vorzugsaktien nicht zugleich als Kurswert der Stammaktien angesehen werden. Da für die Stammaktien mithin ein Börsenkurs im amtlichen Handel nicht vorliegt, sind diese mit dem gemeinen Wert anzusetzen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 BewG). Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG ist der gemeine Wert aus Verkäufen abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen. Die Ableitung des gemeinen Werts der Anteile aus Verkäufen hat Vorrang vor der Schätzung unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft. Dabei kann der gemeine Wert von Aktien grundsätzlich auch aus an der Börse erfolgten Verkäufen abgeleitet werden, wenn weder am Stichtag noch innerhalb der letzten 30 Tage vor dem Stichtag ein im amtlichen Börsenhandel notierter Kurs vorliegt. Weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck der Vorschrift des § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG erfordern es, daß es sich um Verkäufe der zu bewertenden Anteile handelt; entscheidend ist vielmehr, daß es sich um Anteile derselben Gesellschaft handelt. Es ist daher grundsätzlich zulässig, daß der gemeine Wert nicht an der Börse notierter Stammaktien vom Börsenkurs an der Börse notierter Vorzugsaktien abgeleitet wird (Senatsurteil vom 9. März 1994 II R 39/90, BFHE 173, 561, BStBl II 1994, 394, 396).

2. Aus der Verwendung des Wortes "ableiten" in § 11 Abs. 2 BewG folgt, daß der gemeine Wert der Gesellschaftsanteile nicht mit dem tatsächlich vorliegenden Kaufpreis übereinstimmen muß. Die Ableitung des gemeinen Werts der Stammaktien aus dem Börsenkurs der Vorzugsaktien bedeutet also nicht, daß der Kurswert der an der Börse gehandelten Vorzugsaktien unverändert als Verkaufspreis für die Wertfindung der nicht börsenfähigen Stammaktien zugrunde gelegt werden muß. Der Kurswert der Vorzugsaktien ist nur der Ausgangswert für die Wertermittlung. Die unterschiedliche rechtliche Ausstattung beider Aktiengattungen ist bei der Ableitung grundsätzlich zu berücksichtigen, d.h. werterhöhende oder wertmindernde Ausstattungsmerkmale führen zu einer Erhöhung oder Herabsetzung des Ausgangswerts, die durch entsprechende Zu- oder Abschläge zu verwirklichen ist.

3. Im Streitfall sind nur die Stammaktien mit Stimmrecht ausgestattet, demgegenüber besitzen die Vorzugsaktien das Recht auf eine Mehrdividende in Höhe von zwei Prozentpunkten. Die Ausstattung der Stammaktien mit dem Stimmrecht ist ein gegenüber den Vorzugsaktien werterhöhendes, die geringere Dividendenberechtigung ein wertminderndes Ausstattungsmerkmal. Bei einem Vergleich der Stammaktien mit den Vorzugsaktien überwiegt jedoch regelmäßig der Vorteil des durch die Stammaktie vermittelten Stimmrechts und der damit verbundenen Einflußnahme auf die Unternehmensentwicklung den Nachteil der niedrigeren Dividende. In aller Regel übersteigt daher der Kurswert der mit dem Stimmrecht verbundenen Aktien den Kurswert der stimmrechtslosen Aktien (vgl. Senatsurteil in BFHE 173, 561, BStBl II 1994, 394, 397; Binz/Sorg, Deutsches Steuerrecht - -DStR-- 1994, 993; Binz/Sorg, Betriebs-Berater --BB-- 1987, 1996). Daraus aber folgt, daß der gemeine Wert nicht börsenfähiger Stammaktien --wenn nicht im Einzelfall außergewöhnliche Umstände vorliegen-- regelmäßig zumindest dem Börsenkurs der Vorzugsaktien entspricht. Eine Festsetzung des gemeinen Werts nichtnotierter Stammaktien mit dem Börsenkurs von Vorzugsaktien desselben Unternehmens ist daher im Regelfall auch dann rechtmäßig, wenn diese Ableitung des gemeinen Werts nicht näher belegt wird.

4. Eine Festsetzung des gemeinen Werts nichtnotierter Stammaktien mit einem höheren Wert als dem Kurswert der Vorzugsaktien desselben Unternehmens ist dagegen nur dann gerechtfertigt, wenn der entsprechende Zuschlag durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Schätzung gestützt wird. Gegen die vom FA im Streitfall vorgenommenen Schätzungen, die zu höheren Werten der Stammaktien als den Kurswerten der Vorzugsaktien geführt haben, bestehen jedoch erhebliche rechtliche Bedenken.

Die vom FA angewendeten Zuschläge sind von der Finanzverwaltung - -wenn auch unter Außerachtlassung von Extremfällen-- aus dem Verhältnis der Kurswerte aller börsengängigen Aktien von Unternehmen ermittelt worden, bei denen sowohl die Stammaktien als auch die Vorzugsaktien börsennotiert sind. Gegen diese Methode ist einzuwenden, daß sie die Verhältnisse der einzelnen Gesellschaft und die konkrete unterschiedliche Ausstattung der beiden Aktiengattungen außer Betracht läßt und damit notwendigerweise mit Ungenauigkeiten verbunden ist, die das im Rahmen einer Schätzung sonst vertretbare Ausmaß möglicherweise überschreiten. Demgegenüber ist als für diese Methode sprechend zu berücksichtigen, daß sich die wertmäßigen Auswirkungen der unterschiedlichen Ausstattungsmerkmale der Aktiengattungen kaum quantifizieren lassen und deshalb möglicherweise aussagekräftigere Schätzmethoden bzw. -grundlagen nicht oder nur unter unverhältnismäßig großem Aufwand finden lassen. In diesem Zusammenhang könnten ggf. die genaueren Kriterien von Bedeutung sein, nach denen der BMF die Kurse bestimmter Aktien bei seiner Berechnung der durchschnittlichen Wertabweichungen nicht berücksichtigt. Auch die von der Antragstellerin selbst vorgenommene Berechnung ist insoweit nicht ohne weiteres aussagekräftiger. Zwar hat sie die wertmindernde niedrigere Dividendenberechtigung der Stammaktien in nachvollziehbarer Weise quantifiziert, den für die endgültige Bewertung der Stammaktien jedoch letztlich maßgeblichen Zuschlag für die Ausstattung mit Stimmrechten aber ebenfalls durch einen pauschalen Zuschlag ausgedrückt, der keinen Bezug zu den konkreten Verhältnissen der Antragstellerin hat. Möglicherweise läßt sich den Schwierigkeiten der Schätzung und den daraus resultierenden Bedenken gegen deren Rechtmäßigkeit nur durch eine verstärkte Anwendung des Vorsichtprinzips zugunsten der Steuerpflichtigen (z.B. durch höhere Abschläge) begegnen.

5. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts sind zu bejahen, wenn bei summarischer Überprüfung des Bescheids neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (s. Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182). Danach braucht der Senat im vorliegenden summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, ob die vom FA vorgenommene Schätzung des Zuschlags gegenüber dem Kurswert der Vorzugsaktien rechtlich hinnehmbar ist. Die vorstehenden Erwägungen zeigen, daß insoweit neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die eine Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung der Rechtsfrage bewirken.

An der Rechtmäßigkeit der vom FA vorgenommenen Schätzung des Zuschlags gegenüber dem Kurswert der Vorzugsaktien bestehen mithin ernstliche Zweifel. Die von der Antragstellerin beantragte Aussetzung der Vollziehung ist daher im begehrten Umfang zu gewähren. Nicht zu erörtern braucht der Senat in diesem Zusammenhang die Frage, ob der Umstand, daß die Stammaktien der Antragstellerin nur von zwei Personen gehalten werden, werterhöhend zu berücksichtigen ist (Paketzuschlag). Im Streitfall begegnet der Wert der Stammaktien (nur) bis zur Höhe des Werts der Vorzugsaktien keinen ernstlichen Zweifeln. Im summarischen Verfahren kann davon ausgegangen werden, daß ein derartiger Zuschlag --falls ein solcher überhaupt anzusetzen wäre-- nicht höher anzusetzen wäre als die Differenz zwischen dem Kurswert der Vorzugsaktien und dem von der Antragstellerin bei der Berechnung ihres Antrags angenommenen Wert der Stammaktien.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66295

BFH/NV 1997, 334

BFHE 183, 224

BFHE 1998, 224

BB 1997, 1522 (Leitsatz)

DB 1997, 1547-1549 (Leitsatz und Gründe)

DStR 1997, 1163-1165 (Leitsatz und Gründe)

DStRE 1997, 643 (Leitsatz)

HFR 1997, 736-737 (Leitsatz und Gründe)

StE 1997, 448 (Leitsatz)

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