Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungsmäßiger Antrag auf Prozeßkostenhilfe

 

Leitsatz (NV)

1. Die dem Antrag auf Prozeßkostenhilfe gemäß § 117 Abs. 2 ZPO beizufügenden Unterlagen und Belege müssen ausreichenden Nachweis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers im Zeitpunkt der Antragstellung erbringen.

2. Eine Beschwerde gegen die Versagung von Prozeßkostenhilfe kann nicht ausschließlich damit begründet werden, daß unterlassenes Vorbringen nachgeschoben wird.

 

Normenkette

ZPO § 117 Abs. 2

 

Tatbestand

Im Hauptverfahren ist die Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen gemäß § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) streitig.

In seinem Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich machte der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) u.a. Geld- und Sachzuwendungen in Höhe von 9000 DM als Unterhaltsaufwendungen für seine in Jugoslawien lebende Ehefrau und die dort lebenden vier Kinder geltend. Der Beklagte, Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) erkannte nur einen Betrag von 3000 DM für die Ehefrau an; Unterhaltsaufwendungen für die Kinder wurden mit der Begründung nicht berücksichtigt, es fehle an ausreichenden Bestätigungen der Empfänger.

Nach Abweisung des Einspruchs durch das FA legte der Kläger im anschließenden Klageverfahren Bescheinigungen seiner Ehefrau über den Erhalt von Beträgen über zusammen 12000 DM vor. Das FA erklärte sich daraufhin bereit, weitere Unterhaltsaufwendungen in Höhe von 775 DM zu berücksichtigen. Die darüber hinaus geltend gemach-ten Beträge könnten wegen der fehlenden Zwangsläufigkeit (Opfergrenze) nicht anerkannt werden.

Über die Klage ist noch nicht entschieden.

Mit Schriftsatz vom 27. Februar 1992 beantragte der Kläger beim Finanzgericht (FG), ihm unter Beiordnung seines Prozeßbevollmächtigten Prozeßkostenhilfe (PKH) zu bewilligen. Er fügte eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 15. Oktober 1991 bei, nach der er monatliche Einkünfte (Arbeitslosengeld) in Höhe von 1052 DM erhält. Zum Beleg fügte er den Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes vom 26. März 1991 bei.

Das FG wies den Antrag auf PKH durch Beschluß vom 12. Juni 1992 zurück. Es führte im wesentlichen aus, der als Beleg beigefügte Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes sei mehr als 14 Monate vor der Entscheidung über den PKH-Antrag ausgestellt worden. Auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers sei rund neun Monate alt. Die Unterlagen seien deshalb nicht geeignet, einen Nachweis über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu führen. Der Senat könne insbesondere nicht beurteilen, ob die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen noch, wie in den Unterlagen angegeben, vorlägen oder ob in der Zwischenzeit Änderungen eingetreten seien. Letzteres liege insbesondere deshalb nahe, weil jederzeit durch eine mögliche Arbeitsaufnahme die Angaben überholt sein könnten. Angesichts des Zeitablaufs wäre zumindest der Nachweis des zuletzt an den Kläger überwiesenen Arbeitslosengeldes erforderlich gewesen.

Im übrigen werde darauf hingewiesen, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Denn die Berechnungsmethode des FA (Opfergrenzenberechnung) entspreche einer zutreffenden norminterpretierenden Verwaltungsregelung.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, zu deren Begründung er im wesentlichen vorträgt.

Es sei befremdlich, daß seine Angaben als unzureichend angesehen worden seien, ohne zuvor durch einen kurzen richterlichen Hinweis hierauf aufmerksam zu machen. Im übrigen habe der vorgelegte Bewilligungsbescheid ,,im Zeitpunkt der Klageerhebung bzw. Unterschriftsleistung am 15.10. 1991" noch Gültigkeit gehabt. Unter Anrechnung auf das Arbeitslosengeld erhalte er, der Kläger, seit November 1991 infolge Arbeitsunfähigkeit von der AOK Krankengeld in Höhe von 45,60 DM brutto kalendertäglich; eine Kopie des ihm seit Februar 1992 vorliegenden Zahlscheines der AOK werde beigefügt.

Abschließend heißt es in der von der Prozeßbevollmächtigten des Klägers unterzeichneten Beschwerdebegründung, daß der Kläger gebeten worden sei, ihnen, den Prozeßbevollmächtigten, durch Vorlage von Kontoauszügen mitzuteilen, in welchem Umfang Anrechnungen des Arbeitslosengeldes auf das Krankengeld erfolgt seien; diese weiteren Belege würden ggf. nachgereicht.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, daß die vom Kläger eingereichte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie der als Beleg beigefügte Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes über das Arbeitslosengeld der Vorschrift des § 117 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) nicht genügen. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift, dem Gericht die Beurteilung zu ermöglichen, ob die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von PKH vorliegen, sind die Unterlagen unzureichend. Entgegen der Auffassung des FG kommt es zwar nicht darauf an, ob die Unterlagen einen entspre- chenden Nachweis im Zeitpunkt der finanzgerichtlichen Entscheidung erbringen; insoweit wären ggf. Unterlagen vom Gericht nachzufordern gewesen. Entscheidend ist vielmehr, daß die vorgelegten Unterlagen auch im Zeitpunkt der Antragstellung nicht den an sie zu stellenden Anforderungen entsprachen. Denn der Antrag auf PKH ist am 27. Februar 1992 gestellt worden. Die beigefügte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse stammt aber bereits vom 15. Oktober 1991; der als Beleg für die Bezüge des Klägers beigefügte Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes über das Arbeitslosengeld datiert sogar vom 26. März 1991. Beide Schriftstücke liefern mithin keinen ausreichenden Nachweis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt der Antragstellung, zumal der Kläger seine Bedürftigkeit mit Arbeitslosigkeit begründet hat, deren Vorliegen naturgemäß nur zeitnah beurteilt werden kann.

Dem steht nicht entgegen, daß der Bewilligungsbescheid des Arbeitsamtes nach dem Vortrag des Klägers ,,im Zeitpunkt der Klageerhebung bzw. der Unterschriftsleistung am 15.10. 1991" noch Gültigkeit hatte. Entscheidend könnte insoweit allenfalls sein, ob er im Zeitpunkt der Antragstellung, also im Februar 1992, noch Gültigkeit hatte; dies hätte der Kläger ggf. bei der Antragstellung belegen müssen. Im übrigen war es offensichtlich so, daß der Bescheid in diesem Zeitpunkt überholt war; denn nach dem Vorbringen des Klägers in der Beschwerdebegründung erhält er seit November 1991 infolge Arbeitsunfähigkeit von der AOK Krankengeld in Höhe von 45,60 DM brutto kalendertäglich, unter Anrechnung auf das Arbeitslosengeld.

Die Unterlassung des Klägers, eine zeitnahe Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorzulegen und ausreichende Belege beizufügen, ist auch nicht dadurch geheilt worden, daß er im Beschwerdeverfahren eine Kopie des ihm seit Februar 1992 vorliegenden Zahlscheins der AOK über das Krankengeld überreicht hat. Denn einmal hat er nicht belegt, in welchem Umfang Anrechnungen des Arbeitslosengeldes auf das Krankengeld erfolgt sind; zum anderen kann eine Beschwerde gegen die Versagung der PKH auch nicht ausschließlich damit begründet werden, daß unterlassenes Vorbringen nachgeschoben wird (Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluß vom 11.Oktober 1988 - 17 W 35/88, Monatsschrift für Deutsches Recht 1989, 918; Baumbach/Hartmann, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 127 Anm.20; vgl. ferner Senatsbeschluß vom 18. Mai 1990 III B 62/89, BFH/NV 1991, 260).

Für den Fall, daß der Kläger einen neuen Antrag auf PKH beim FG einreicht, in dem er seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ordnungsgemäß zeitnah erklärt und belegt, weist der Senat auf seine Rechtsprechung hin, nach der einem Steuerpflichtigen für ein nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtiges Kind ein Unterhaltsfreibetrag nach § 33a Abs. 1 EStG 1986 zusteht, wenn ihm bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht des Kindes ein Kinderfreibetrag/Ausbildungsfreibetrag zustehen würde.

Soweit lediglich die Gewährung eines Unterhaltsfreibetrages in Höhe des Kinderfreibetrages für noch nicht 16 Jahre alte Kinder in Frage steht, genügt insoweit der Existenznachweis des Kindes in geeigneter Weise (Urteile des Bundesfinanzhofs vom 8. Juni 1990 III R 107/88, BFHE 161, 103, BStBl II 1990, 898, und vom 15. April 1992 III R 80/90, BFHE 168, 316, BStBl II 1992, 896).

 

Fundstellen

Haufe-Index 418865

BFH/NV 1993, 325

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