Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung von Prozeßzinsen

 

Leitsatz (NV)

Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Finanzbehörde in Fällen des § 236 Abs. 1 S. 1 AO 1977 mit der von Amts wegen vorzunehmenden Festsetzung von Prozeßzinsen und deren Auszahlung zuwartet, bis die Bemessungsgrundlagen hierfür endgültig geklärt sind, d.h. z.B. auch: bis das Verfahren über einen in diesem Zusammenhang bedeutsamen Abrechnungsbescheid bestands- bzw. rechtskräftig abgeschlossen ist.

 

Normenkette

AO 1977 § 3 Abs. 3, § 37 Abs. 1, § 218 Abs. 2, §§ 226, 236 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

In dem beim Finanzgericht (FG) anhängigen Klageverfahren begehrt der Kläger Festsetzung und Zahlung von Prozeßzinsen, die aus einem Teilerfolg im Klageverfahren wegen Festsetzung der Umsatzsteuer für 1975 und für 1977 bis 1979 stammen. Zu einer Auszahlung des aufgrund dieses Prozeßausgangs vom Beklagten, dem Finanzamt (FA), geschuldeten Erstattungsbetrages ist es bisher noch nicht gekommen, weil zwischen den Beteiligten Streit über die Abrechnung besteht: Das FA hat in diesem Zusammenhang antragsgemäß einen Abrechnungsbescheid nach § 218 der Abgabenordnung (AO 1977) erlassen und über den hiergegen eingelegten Einspruch noch nicht entschieden.

Der Kläger meint, die Prozeßzinsen müßten unabhängig von der Ungewißheit ihrer endgültigen Höhe festgesetzt und ausgezahlt werden. Das FA ist der Ansicht, dies habe von Amts wegen zu geschehen, wenn Anfang und Ende des Zinslaufs abschließend feststünden.

Den zusammen mit der Klageerhebung gestellten Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) hat das FG mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Hauptsachebegehrens abgelehnt.

Mit der dagegen eingelegten Beschwerde verfolgt der Kläger sein Begehren unter Aufrechterhaltung des bisher vertretenen Rechtsstandpunkts weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das FG das PKH-Begehren des Klägers abgelehnt.

Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Inwieweit die wirtschaftlichen Voraussetzungen für ein solches Begehren hier vorliegen, kann dahingestellt bleiben: Zu verneinen ist nach der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung jedenfalls die Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg des Klagebegehrens.

Gemäß § 236 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 ist, wenn - wie im Streitfall - eine festgesetzte Steuer durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung herabgesetzt wird, der zu erstattende Betrag grundsätzlich (vom Fall einer nachteiligen Kostenentscheidung nach § 137 FGO abgesehen) vom Tag der Rechtshängigkeit an bis zum Auszahlungstag zu verzinsen.

Die Bemessung dieses steuerlichen Nebenanspruchs (§ 37 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 3 AO 1977) richtet sich also nach dem Datum des Eintritts der Rechtshängigkeit einerseits und dem der Auszahlung andererseits. Hier steht nur die erste Bezugsgröße fest; über die andere muß in dem wegen der Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheids anhängigen Verfahren entschieden werden. Dort geht es insgesamt um die Frage, inwieweit eine bestehende Zahlungsverpflichtung erloschen ist (§ 47 AO 1977), d.h. auch um die Rechtmäßigkeit von Umbuchungen bzw. Aufrechnungen nach § 226 AO 1977 (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. Juni 1986 VII R 103/83, BFHE 147, 1, 3, BStBl II 1986, 702, 703, m.w.N.). Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Finanzbehörde mit der von Amts wegen vorzunehmenden Zinsfestsetzung und der anschließenden Zinszahlung zuwartet, bis die Bemessungsgrundlagen hierfür abschließend geklärt sind. Ein besonderes Rechtsschutzinteresse an einer anderen, vorläufigen Regelung ist nicht erkennbar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418694

BFH/NV 1993, 397

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