Entscheidungsstichwort (Thema)

Einlegung und Begründung einer Revision

 

Leitsatz (NV)

1. Zur Auslegung eines eingelegten Rechtsmittels als Revision.

2. Zu einer ordnungsmäßigen Revisionsbegründung reicht es nicht aus, daß der Prozeßbevollmächtigte auf ein Schreiben einer nicht vor dem BFH vertretungsberechtigten Person Bezug nimmt.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nrn. 1, 5; FGO § 120

 

Tatbestand

Mit Schreiben vom 29. April 1985 beanspruchte der Kläger und Revisionskläger (Kläger) beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) die ,,Zahlung der Berlin-Zulage vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des Berlinförderungsgesetzes". Nachdem das FA dies abgelehnt hatte, machte der Kläger unter dem 1. September 1986 ,,erneut seine rechtlichen Ansprüche geltend", und zwar (neben Nachforderungen für 1977 bis 1980) für die Lohnabrechnungszeiträume 1970 bis 1976 in Höhe von insgesamt 13 007,44 DM.

Mit Bescheid vom 12. November 1986 lehnte das FA eine Festsetzung der Berlin-Zulagen für diesen Zeitraum ab, weil die Antragsfrist abgelaufen sei. Nach weiterem Schriftwechsel verwarf das FA schließlich den vom Kläger eingelegten Einspruch.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) ließ der Kläger durch seinen (damaligen) Prozeßbevollmächtigten ,,das zulässige Rechtsmittel" einlegen. In der Rechtsmittelschrift wurde ferner angekündigt, daß ,,die Begründung des Rechtsmittels" einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten bleibe. ,,Zur Begründung der Revision" reichte dann der Prozeßbevollmächtigte des Klägers ein ebenfalls als ,,Revisionsbegründung" bezeichnetes, angeblich vom Kläger stammendes Schreiben vom 6. Januar 1988 mit dem Bemerken ein, daß der Inhalt dieses Schreibens zur Revisionsbegründung gemacht werde.

 

Entscheidungsgründe

Bei dem eingelegten Rechtsmittel handelt es sich um eine Revision. Zwar hat der Kläger in der Rechtsmittelschrift lediglich ,,das zulässige Rechtsmittel" eingelegt. Gemäß Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) findet die Revision aber nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat. Da der Kläger auch keine Gründe für eine gemäß § 116 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne Zulassung statthafte Revision geltend gemacht hat, war nicht die Revision, sondern die Nichtzulassungsbeschwerde statthaft. Sowohl der Prozeßbevollmächtigte des Klägers als auch der Kläger selber haben aber im Rahmen der Revisionsbegründung eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß Revision eingelegt werden sollte. Diesem zum Ausdruck gekommenen eindeutigen Parteiwillen kommt bei der Beurteilung des eingelegten Rechtsmittels entscheidende Bedeutung zu.

Die Revision ist wegen Verstoßes gegen Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG unzulässig.

Sie ist ferner unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Revisionsbegründungsfrist ordnungsgemäß begründet worden ist (§ 120 FGO). Denn gemäß Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG hätte die Revisionsbegründung durch eine vor dem BFH vertretungsberechtigte Person, also den damaligen Prozeßbevollmächtigten des Klägers, erfolgen müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Denn der Prozeßbevollmächtigte hat insoweit lediglich ein Schreiben des Klägers eingereicht und erklärt, daß er dessen Inhalt zur Revisionsbegründung mache. Eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung muß aber erkennen lassen, daß der Prozeßbevollmächtigte den Prozeßstoff überprüft hat und die volle Verantwortung für den Inhalt der Revisionsbegründung übernimmt. Aus diesem Grunde hat der BFH eine Revision dann nicht als ordnungsgemäß begründet angesehen, wenn der prozeßbevollmächtigte Rechtsanwalt eine vom Revisionskläger persönlich verfaßte Revisionsbegründungsschrift zwar unterzeichnet, aber zum Ausdruck gebracht hat, daß er sie nicht überprüft und für sie die Verantwortung übernommen hat. Im vorliegenden Fall hat der Prozeßbevollmächtigte das zur Revisionsbegründung gemachte, angeblich vom Kläger stammende Schreiben vom 6. Januar 1988 nicht einmal unterzeichnet; eine Unterzeichnung dieses Schreibens ist darüber hinaus überhaupt nicht ersichtlich. Eine Bezugnahme auf ein von einer nicht vertretungsberechtigten Person gefertigtes Schreiben entspricht den gesetzlichen Anforderungen einer Revisionsbegründung aber in keinem Fall. Dies gilt selbst dann, wenn sich der Prozeßbevollmächtigte den Inhalt eines solchen Schreibens zu eigen macht (BFH-Beschluß vom 16. Oktober 1984 IX R 177/83, BFHE 143, 196, BStBl II 1985, 470). Im Streitfall hat sich der Prozeßbevollmächtigte die angeblichen Ausführungen des Klägers nicht einmal ausdrücklich zu eigen gemacht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416412

BFH/NV 1989, 717

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