Entscheidungsstichwort (Thema)

Glaubhaftmachung der den Antrag auf Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen

 

Leitsatz (NV)

Der schlüssige Vortrag der die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründenden Tatsachen ist durch die Vorlage präsenter Beweismittel glaubhaft zu machen. Dafür ist selbst eine eidesstattliche Versicherung des Anwalts oder des Steuerberaters dann nicht ausreichend, wenn weitere Mittel zur Glaubhaftmachung zur Verfügung stehen.

 

Normenkette

FGO § 56; ZPO § 294 Abs. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhoben gegen den Einkommensteuerbescheid für 1993 Klage, mit der sie schließlich nur noch die Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen in Höhe von je 4 300 DM sowie von Bestattungskosten in Höhe von 1 599,50 DM als außergewöhnliche Belastungen begehrten.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen.

Das Urteil wurde dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger am 27. November 1995 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 8. Januar 1996, der nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist am 10. Januar 1996 bei dem FG einging, haben die Kläger Revision eingelegt, die sie auf § 116 Abs. 1 Nrn. 1 und 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützen. Zugleich haben sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Am 27. Dezember 1995 sei unter der Telefaxnummer des FG versucht worden, die Revisionsschrift ab 18.36 Uhr und später nochmals ab 23. 18 Uhr dem FG zu übermitteln. Eine Verbindung sei jedoch nicht zustande gekommen. Dies könne durch Zeugnis und eidesstattliche Versicherung von Herrn H sowie durch die Telefaxprotokolle belegt werden.

Die Kläger rügen vorsorglich eine gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verstoßende Besetzung des erkennenden Senats, da der Vorsitzende die Mehrheit des Senats ohne gesetzliche Grundlage beeinflussen könne.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Mit Schreiben des Vorsitzenden des erkennenden Senats vom 27. September 1996 wurde den Klägern anheimgestellt, insbesondere die im Schriftsatz vom 8. Januar 1996 angegebenen Beweismittel zur Glaubhaftmachung ihres Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bis zum 11. Oktober 1996 beizubringen. Die Kläger haben darauf auch nach einer von ihnen beantragten Fristverlängerung nicht geantwortet.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat entscheidet in der Besetzung, die sich aus der von dem Vorsitzenden des erkennenden Senats getroffenen Regelung über die Mitwirkung der Senatsmitglieder an den Verfahren im Geschäftsjahr 1996 vom 21. Dezember 1995 ergibt. Diese Regelung entspricht den Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

Die Revision ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der Frist des § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO eingelegt wurde, die mit Ablauf des 27. Dezember 1995 endete, und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden kann.

Nach § 56 Abs. 1 FGO ist demjenigen, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind durch präsente Beweismittel glaubhaft zu machen (§ 56 Abs. 2 Satz 2 FGO, § 294 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung).

Die Kläger haben zwar einen Sachverhalt vorgetragen, bei dessen Vorliegen denkbar ist, daß die Kläger ohne eigenes bzw. ihnen zurechenbares Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten gehindert waren, die Rechtsmittelfrist einzuhalten. Die Kläger haben jedoch versäumt, die Tatsachen zur Begründung ihres Antrags glaubhaft zu machen.

Grundsätzlich kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommen, wenn der Eingang eines Schriftsatzes bei Gericht auf eine Betriebsstörung oder -unterbrechung des Telefaxgerätes zurückzuführen ist, die der Absender nicht zu vertreten hat (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 14. Juli 1993 III K 13--15/93, BFH/NV 1994, 483, und vom 22. November 1994 VII B 164/93, BFH/NV 1995, 422). Der schlüssige Vortrag der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen ist jedoch durch die Vorlage präsenter Beweismittel glaubhaft zu machen (vgl. BFH-Beschluß vom 25. April 1995 VIII R 86/94, BFH/NV 1995, 1002, m. w. N.). Dazu genügt eine einfache Erklärung des Prozeßbevollmächtigten nicht. Selbst eine eidesstattliche Versicherung des Anwalts oder Steuerberaters ist zumindest dann nicht ausreichend, wenn weitere Mittel zur Glaubhaftmachung zur Verfügung stehen (vgl. BFH in BFH/NV 1995, 1002). Vorliegend fehlen insbesondere die eidesstattliche Versicherung des Kanzleimitarbeiters des Prozeßbevollmächtigten sowie die Sendeprotokolle vom 27. Dezember 1995.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421939

BFH/NV 1997, 366

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