Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung bei Streit über Gewerbeertragsminderung aufgrund gewinnabführungsbedingter Teilwertabschreibung

 

Leitsatz (NV)

Die Entscheidung der Rechtsfrage, ob Teilwertabschreibungen aufgrund einer Gewinnabführung den vom Organträger zu versteuernden Gewerbeertrag mindern, war bis zum Ergehen des BFH-Urteils vom 2. Februar 1994 I R 10/93 (BFHE 173, 426, BStBl II 1994, 768) ernstlich zweifelhaft. Ob und bis zu welchem Zeitpunkt deshalb während der Dauer eines gerichtlichen Verfahrens wegen Aussetzung der Vollziehung des Gewerbesteuermeßbescheids Säumniszuschläge zur Gewerbesteuer entfallen, kann in diesem Verfahren jedoch nicht entschieden werden, falls für die Erhebung der etwaigen Säumniszuschläge nicht der Antragsgegner zuständig ist.

 

Normenkette

GewStG § 7; FGO § 69 Abs. 3; AO 1977 § 240

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) -- eine GmbH -- erwarb durch Vertrag vom 16. Juni 1989 zum Preis von ... DM die gesamten Anteile an der T GmbH (T), die später als TU-GmbH firmierte. Am 20. November 1989 schloß sie mit Wirkung ab 15. November 1989 mit der T einen Ergebnisabführungs- und Beherrschungsvertrag. Aufgrund dieses Vertrages war die T als Organgesellschaft verpflichtet, ihren gesamten Gewinn -- mit Ausnahme des Gewinns aus der Auflösung der Rücklagen, die vor Abschluß des Vertrages gebildet worden waren -- an die Antragstellerin als Organträger abzuführen. Anschließend (durch Vertrag vom 18. Dezember 1989) erwarb die Antragstellerin für ... DM den wesentlichen Teil des Betriebsvermögens der T. Die T erzielte durch die Veräußerung einen Ertrag von über ... DM.

Aufgrund des Ergebnisabführungsvertrages führte die T ihren Gewinn des Rumpfwirtschaftsjahres 15. November bis 31. Dezember 1989 in Höhe von ... DM, der vollständig aus dem Veräußerungsgeschäft vom 18. Dezember 1989 stammte, an die Antragstellerin ab. Diese nahm in ihrer Bilanz auf den 31. Dezember 1989 vom Buchwert ihrer Beteiligung an der T eine Teilwertabschreibung von ... DM mit der Begründung vor, durch die Veräußerung der wesentlichen Teile des Betriebsvermögens und die Gewinnabführung habe sich der Wert der Beteiligung nachhaltig entsprechend gemindert.

Das früher für die Besteuerung der Antragstellerin zuständige Finanzamt FA X setzte zunächst den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag 1989 für die zum Organkreis gehörenden Betriebe gegenüber der Antragstellerin als Organträger unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 0 DM fest. Nach Außenprüfungen bei der Antragstellerin und T vertrat es die Ansicht, die gewinn abführungsbedingte Teilwertabschreibung mindere zwar den Gewinn der Antragstellerin, nicht aber den von ihr als Organträger zu versteuernden Gewerbeertrag (= Gewerbeertrag des Organkreises). Es änderte dementsprechend den Gewerbesteuermeßbescheid für 1989 und setzte den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag auf ... DM fest. Gegen den Änderungsbescheid vom 10. Februar 1993 legte die Antragstellerin form- und fristgerecht Einspruch ein und beantragte gleichzeitig, die Vollziehung des Bescheides auszusetzen. Das FA X lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung durch Verwaltungsakt vom 1. April 1993 ab. Auf die Beschwerde der Antragstellerin setzte die Oberfinanzdirektion (OFD) aus Gründen, die für das weitere Verfahren ohne Interesse sind, die Vollziehung des Bescheides in Höhe von ... DM aus. Über den Einspruch ist bisher -- soweit dem beschließenden Senat bekannt ist -- noch nicht entschieden worden.

Nachdem die Antragstellerin ihren Sitz verlegt hatte und der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) für ihre Besteuerung zuständig geworden war, beantragte die Antragstellerin beim Finanzgericht (FG), die Vollziehung des Gewerbesteuermeßbescheides in Höhe des noch vollziehbaren Teilbetrages von ... DM aus zusetzen. Das FG lehnte den Antrag durch Beschluß vom 3. November 1993 ab und ließ die Beschwerde zu.

Gegen den Beschluß des FG hat die Antragstellerin fristgerecht Beschwerde eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde war zurückzuweisen. Sie ist nicht begründet. Das FG hat zutreffend entschieden, daß die Vollziehung des Gewerbesteuermeßbescheides vom 10. Februar 1993 nicht über den bereits von der OFD verfügten Betrag hinaus auszusetzen ist.

1. Gemäß § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheides (= Verwaltungsaktes) auf Antrag auszusetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen oder -- was im Streitfall nicht in Betracht kommt -- dessen Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheides ist ernstlich zweifelhaft, wenn bei Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, der gerichtsbekannten Tat sachen und des unstreitigen Sachverhalts erkennbar wird, daß aus gewichtigen Gründen Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen oder Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Bescheid als rechtswidrig erweisen könnte (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 17. Mai 1978 I R 50/77, BFHE 125, 423, 426, BStBl II 1978, 579; Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl. 1993, § 69 Anm. 77 m. w. N.).

2. Die Rechtmäßigkeit des Gewerbesteuermeßbescheides vom 10. Februar 1993 ist nicht ernstlich zweifelhaft, soweit der festgesetzte einheitliche Gewerbesteuermeß betrag ... DM nicht übersteigt.

a) Im Streitfall besteht keine Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen. Dies ergibt sich aus den Akten und ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

b) Auch hinsichtlich der zwischen den Verfahrensbeteiligten streitigen Rechtsfrage, ob Teilwertabschreibungen aufgrund einer Gewinnabführung den vom Organträger zu versteuernden Gewerbeertrag mindern, besteht keine Unsicherheit oder Unentschiedenheit. Die Rechtsfrage ist aus den Gründen des Senatsurteils vom 2. Februar 1994 I R 10/93 (BFHE 173, 426) zu verneinen.

Der beschließende Senat ist der Auffassung, daß bis zum Senatsurteil vom 2. Februar 1994 I R 10/93 aus gewichtigen Gründen unsicher war, wie diese Rechtsfrage zu entscheiden ist. Die Rechtmäßigkeit des Gewerbesteuermeßbescheides war daher nach Ansicht des Senats bis zu diesem Zeitpunkt in vollem Umfang ernstlich zweifelhaft. Ob und bis zu welchem Zeitpunkt deshalb Säumniszuschläge entfallen (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Dezember 1986 I B 121/86, BFHE 149, 6, BStBl II 1987, 389), kann der Senat jedoch in diesem Verfahren nicht entscheiden. Für die Erhebung der etwaigen Säumniszuschläge sind die hebe berechtigten Gemeinden und nicht das FA zuständig.

 

Fundstellen

BFH/NV 1995, 334

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