Entscheidungsstichwort (Thema)

Angemessenheit der Höhe der Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers

 

Leitsatz (NV)

  1. Es liegt in der Frage, ob die Höhe der Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschäftsführers unter Hinweis auf Gehaltsstudien und die Gesamtausstattung späterer Fremdgeschäftsführer auf einen Betrag von weniger als 50 % des Gewinns vor Abzug der Geschäftsführervergütung beschränkt werden kann, wenn der wirtschaftliche Erfolg der Gesellschaft nahezu ausschließlich auf der Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers beruht und die Gesellschaft nur durch die Zurverfügungstellung des Kapitals und die Übernahme der Haftung dazu beiträgt, sie einen Gewinnanteil von ca. 50 % erhält und sich ihr eingesetztes Kapital angemessen verzinst, keine solche von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
  2. Die Frage, ob allgemein zugängliche Gehaltsstrukturuntersuchungen auch auf Gesellschaften anzuwenden sind, deren Unternehmenserfolg in besonderem Maße von der Person des Gesellschafter-Geschäftsführers abhängt, ist im Wesentlichen eine Tatfrage. Das Revisionsgericht kann sie jedenfalls dann nicht im Rahmen eines Revisionsverfahrens prüfen, wenn das FG die aus den Gehaltsstrukturuntersuchungen entnommenen Durchschnittswerte durch Zuschläge auf den Streitfall angepasst hat. Die Frage, ob die Zuschläge den Wert der Kreativität des Geschäftsführers angemessen abgelten, ist ebenfalls eine Tatfrage.
 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2; KStG § 8 Abs. 3 S. 2

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Höhe der Gesamtausstattung des Geschäftsführers im Streitjahr angemessen war.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine im Jahre 1979 gegründete GmbH. Im Streitjahr war an ihr U, der zugleich ihr Alleingeschäftsführer war, zu 75 % beteiligt, während die restlichen Anteile von seinem Sohn M gehalten wurden. Die geschäftliche Entwicklung der Klägerin gestaltete sich wie folgt:

1988

1989

1990

1991

1992

Umsätze/DM

6 768 080

5 720 541

8 280 572

7 446 839

8 284 394

Jahresüberschuss/DM

183 701

216 573

246 872

821 256

606 800

Über die Tätigkeit des U als Geschäftsführer schloss die Klägerin mit diesem am 20. Dezember 1979 einen Anstellungsvertrag. In diesem wurde mit U ein monatliches Festgehalt und eine Tantieme in Höhe von 40 % des in der Steuerbilanz ausgewiesenen Gewinns vor Körperschaft-, Vermögen- und Gewerbesteuer vereinbart. Zudem wurde ihm eine lebenslängliche monatliche Alterspension in Höhe von 50 % seines letzten Gehaltes sowie der Abschluss einer Direktversicherung zugesagt. Mit Änderungsvertrag vom 20. Dezember 1984 wurde der Pensionsanspruch ab dem Geschäftsjahr 1984 auf 75 % des jeweiligen Gehaltes erhöht. Das Festgehalt wurde in der Folge mehrfach angehoben und betrug im Streitjahr DM 20 000/Monat. Die Gesamtausstattung des U setzte sich im Streitjahr danach wie folgt zusammen:

Festes Gehalt

DM

280 000

Tantieme

DM

364 200

Altersversicherung

DM

55 863

(Zuführung Pensionsrückstellung)

Direktversicherung

DM

3 912

Sonstige Vorteile

DM

4 572

Gesamt

DM

708 547

Am 31. Januar 1991 verstarb U. Er wurde von seiner Frau und seinem Sohn M als Erbengemeinschaft beerbt. Die Klägerin schloss daraufhin zunächst am 4. Februar 1991 und später dann am 3. April 1992 Geschäftsführerverträge mit der Witwe des U. Am 13. März 1992 veräußerten die Erbengemeinschaft und M ihre Anteile für DM 3 700 000 an die Firma B GmbH. Am 25. März 1992 schloss dann die Klägerin einen neuen Geschäftsführervertrag mit einem fremden Dritten ab. Die einzelnen Verträge enthielten folgende Gesamtausstattung der jeweiligen Geschäftsführer:

Vertrag

Festgehalt

Tantieme

Altersvorsorge

Direktversicherung

4.2.1991

DM 12 000*

40 %

75 % des letzten Gehalts

Ja

14 Monate

3.4.1992

DM 17 350*

ja, Prämie DM 3 000

13 Monate

(16 h/Woche)

25.3.1992

DM 10 000*

13 Monate

gestaffelt von 5 - 20 %

Im Anschluss an eine Außenprüfung entstand zwischen den Beteiligten Streit darüber, ob die Gesamtausstattung des U im Streitjahr noch angemessen gewesen sei. Der Betriebsprüfer vertrat dazu die Auffassung, dass lediglich eine Gesamtausstattung in Höhe von DM 270 000 bis 350 000 nach einem innerbetrieblichen Vergleich angemessen sei. Da nach dem Vergütungsrahmen der für das Streitjahr einschlägigen Kienbaum-Studie ausnahmsweise auch ein Betrag von bis zu DM 500 000 anerkannt werden könne, sei ein Betrag in Höhe von DM 100 000 als unangemessen anzusehen und als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) zu behandeln. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) folgte dieser Einschätzung und erließ für das Streitjahr einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage, die das Finanzgericht (FG) allerdings als unbegründet abwies. Zur Begründung führte es aus, dass die Grenze der Angemessenheit im Streitfall jedenfalls ab einer Gesamtausstattung des U von DM 608 000 überschritten sei. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Prüfung der Angemessenheit der Bezüge von Gesellschafter-Geschäftsführern (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1994 I R 50/94, BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549) führte es aus, dass im Streitfall bereits die Aufteilungsrelation von festen zu variablen Gehaltsanteilen nicht den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspreche, da das Festgehalt im Streitjahr nur 44 %, die Tantieme aber 56 % betragen habe. Schon diese Aufteilung spreche als Indiz für das Vorliegen einer vGA. Dazu trete der Umstand, dass die Gesamtausstattung des U im Streitjahr erheblich über den Vergütungen gelegen habe, die in den bekannten Gehaltsstrukturuntersuchungen dargelegt würden. Danach sei maximal von einer Ausstattung von DM 500 000 auszugehen, wobei aber zusätzlich noch die besonderen Umstände des Streitfalles zu berücksichtigen seien, weil der Erfolg der Klägerin wesentlich von der Tätigkeit des U abhängig gewesen sei. Das FA habe diesen Umstand aber dadurch hinreichend berücksichtigt, dass es ca. DM 608 000 Gesamtbezug als angemessen betrachtet habe. Dass das FA die besonderen Leistungen des U angemessen berücksichtigt habe, ergebe sich schließlich auch daraus, dass den späteren Geschäftsführern erheblich geringere Gesamtvergütungen zugesagt worden seien, obwohl die Umsätze in den Folgejahren nahezu gleich geblieben und die Jahresüberschüsse noch gestiegen seien. Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu.

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen.

1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Soweit die Klägerin als grundsätzliche Frage geprüft wissen will, ob die Höhe der Gesamtausstattung des U als Gesellschafter-Geschäftsführer unter Hinweis auf Gehaltsstudien fremder Unternehmen und der Gesamtausstattung späterer Fremdgeschäftsführer auf einen Betrag von weniger als 50 % des Gewinns vor Abzug der Geschäftsführervergütung beschränkt werden kann, wenn der wirtschaftliche Erfolg der Gesellschaft nahezu ausschließlich auf der Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers beruht und die Gesellschaft außer der Ausstattung mit Kapital und der Übernahme der Haftung nichts zum wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft beiträgt, sie durch die Begrenzung gleichwohl vom erwirtschafteten Gewinn einen Anteil von rund der Hälfte erhält und sich ihr eingesetztes Kapital angemessen verzinst, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO vor. Dabei geht der Senat davon aus, dass die von der Rechtsprechung des BFH zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F. entwickelten Grundsätze zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung, soweit sie nicht systematisch der Neufassung des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzuordnen sind, uneingeschränkt fortgelten (vgl. nur BFH-Beschlüsse vom 17. Januar 2001 IV B 155/00, BFH/NV 2001, 802; vom 27. März 2001 VIII B 124/00, BFH/NV 2001, 907, und vom 14. August 2001 XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51; ebenso Spindler, Der Betrieb ―DB― 2001, 61). Die Frage nach der Angemessenheit des Gehalts, das eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer bezahlt, ist im Wesentlichen eine Tat- und keine Rechtsfrage. Es handelt sich insoweit um eine Schätzung, d.h. um eine Schlussfolgerung tatsächlicher Art (BFH-Beschluss vom 14. Juli 1999 I B 91/98, BFH/NV 1999, 1645). Im Übrigen ist ―zumindest im Grundsätzlichen― geklärt, dass aus revisionsrechtlicher Sicht gegen die Heranziehung von Gehaltsstrukturuntersuchungen keine Bedenken bestehen (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 176, 523, BStBl II 1995, 549, und vom 2. Dezember 1992 I R 54/91, BFHE 170, 119, BStBl II 1993, 311; BFH-Beschlüsse vom 1. Dezember 1993 I B 158/93, BFH/NV 1994, 740, und vom 24. Oktober 1995 I B 14/95, BFH/NV 1996, 339).

2. Soweit die Klägerin entschieden wissen will, ob die allgemein zugänglichen Gehaltsstrukturuntersuchungen auch auf solche Gesellschaften anzuwenden seien, deren Unternehmenserfolg in besonderem Maße wegen seiner Innovationen und technischen Weiterentwicklungen von der Person ihres Gesellschafter-Geschäftsführers abhängt, handelt es sich ebenfalls im Wesentlichen um eine Tatfrage (vgl. zur Prüfung bei "kreativen" Dienstleistungsgesellschaften nur BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 1645). Selbst wenn der Senat unter Berücksichtigung der Tatsache, dass im Revisionsverfahren Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze zu prüfen sind, die von der Klägerin aufgeworfene Frage als Rechtsfrage beurteilen würde, wäre diese im Hauptsacheverfahren nicht klärungsfähig. Denn das FG hat zwar die Ergebnisse der Gehaltsstrukturuntersuchungen zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen zur Angemessenheit der Gesamtausstattung gemacht, es hat aber die dort empirisch für Unternehmen mit einem vergleichbaren Arbeitnehmerbestand ermittelten Durchschnittsgehälter nicht unverändert übernommen, sondern sie für das Streitjahr mehr als verdoppelt. Selbst unter Zugrundelegung eines im Rahmen der Kienbaum-Studie ermittelten und danach außergewöhnlich hohen Geschäftsführergehalts von DM 500 000 hat es noch einen Zuschlag von über DM 100 000 (bei Berücksichtigung der von der Betriebsprüfung angesetzten Werte der Zuführung zu den Pensionsrückstellungen) vorgenommen. Damit wird deutlich, dass es die in den Gehaltsuntersuchungen ermittelten Durchschnittswerte im Streitfall gerade nicht angesetzt hat. Damit kann die Frage, ob das FG dies hätte zulässigerweise tun dürfen, nicht in einem Revisionsverfahren geklärt werden (BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 1645).

3. Darüber hinaus hat das FG ―in durchaus sachgerechter Weise― im Rahmen eines betriebsinternen Gehaltsvergleichs auch auf die Gehälter von nach dem Tode des U angestellten Geschäftsführern abgestellt, diese aber im Rahmen seiner Prüfung ebenfalls um das Doppelte erhöht. Die damit noch offene Frage, ob mit den bezeichneten Zuschlägen der Wert der Kreativität des Geschäftsführers angemessen abgegolten wird, ist wiederum eine nicht revisible Tatfrage (so ausdrücklich BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 1645).

4. Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, dass die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten sei. Der neu gefasste Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO umfasst zwar neben den Fällen der sog. Divergenzrevision nach altem Recht auch die Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung der FG. Die Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erfordert aber zumindest, dass der Beschwerdeführer die dort genannten Voraussetzungen ―also die Rechtswidrigkeit einer Entscheidung des FG bzw. die fehlerhafte Auslegung revisiblen Rechts durch die Vorinstanz, wobei der Fehler von einigem Gewicht und geeignet sein muss, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu schädigen― schlüssig darlegt (vgl. nur BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 51, m.w.N.). Daran fehlt es aber im Streitfall, denn die Klägerin hat nach dem zuvor Gesagten gerade nicht darlegen können, dass die angefochtene Entscheidung rechtswidrig sei oder die fehlerhafte Auslegung revisiblen Rechts beinhalte.

 

Fundstellen

BFH/NV 2002, 1174

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