Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Hamburger Zweitwohnungsteuer

 

Leitsatz (NV)

Die gegen einen Zweitwohnungsteuerbescheid mit der Begründung erhobene Klage, das Hamburgische Zweitwohnungsteuergesetz sei verfassungswidrig, hat keine hinreichenden Erfolgsaussichten, die die Gewährung von Prozeßkostenhilfe rechtfertigen könnten. Denn an der Verfassungsmäßigkeit des Hamburgischen Zweitwohnung steuergesetzes bestehen bei summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel.

 

Normenkette

Hamburgisches ZwStG §§ 1, 3, 5; FGO § 142; ZPO § 114; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 11, 105 Abs. 2a

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Tatbestand

Der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) studiert in Hamburg Rechtswissenschaften. Er ist mit Erstwohnung bei seinen Eltern in X gemeldet. In Hamburg ist er mit Nebenwohnung gemeldet, und zwar zunächst ab 1. Dezember 1991 bis zum 28. Februar 1994 in der A-Straße und ab 1. Juli 1994 in der B-Straße.

Der Beklagte, Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) veranlagte den Kläger nach dem Hamburgischen Zweitwohnungsteuergesetz (ZwStG) vom 23. Dezember 1992 (Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1992, 330) durch Änderungsbescheid vom 17. März 1995 betreffend die Wohnung A-Straße zu einer Zweitwohnungsteuer für 1993 von 504 DM und für 1994 von 84 DM sowie mit Bescheid vom 15. August 1994 betreffend die Wohnung B-Straße zu einer Zweitwohnungsteuer für 1995 und 1996 von je 372 DM.

Mit seiner nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage vom 10. November 1995 macht der Kläger die Verfassungswidrigkeit des ZwStG geltend, die sich nicht nur unter dem Gesichtspunkt von Verhältnismäßigkeits- und Sozialstaatsprinzip, sondern auch im Hinblick auf die fehlende Gesetzgebungszuständigkeit des Landes Hamburg und weitere Grundrechtsverletzungen (Art. 3 Abs. 1 und Art. 11 des Grundgesetzes -- GG --) ergäbe.

Im Anschluß an die Klage, über die das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden hat, beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 31. Januar 1996 Prozeßkostenhilfe (PKH) und Beiordnung der Prozeßbevollmächtigten.

Das FG lehnte den Antrag wegen fehlender Erfolgsaussicht ab (§ 142 der Finanzgerichtsordnung -- FGO -- i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --). Es könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger die Kosten der Prozeßführung nicht aufbringen könne. Er mache jedenfalls nicht geltend, daß der Steuerbescheid gesetzwidrig sei, sondern halte das ZwStG für verfassungswidrig. Verfassungsrechtliche Bedenken habe das FG jedoch bereits mit seinem Urteil vom 7. April 1995 VII 106/94 (Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1995, 775) verneint, das auf den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung vom 6. Dezember 1983 2 BvR 1275/79 (BVerfGE 65, 325) entwickelten Rechtsgrundsätzen zur Zweitwohnungsteuer beruhe und mit dem Beschluß des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 31. Mai 1995 II B 126/94 (BFHE 177, 316, BStBl II 1995, 572, BFH/ NV 1996, 94) übereinstimme. Im übrigen erscheine die Rechtsverfolgung mutwillig, soweit der Kläger das Klageverfahren nicht bis zur Entscheidung des BFH über die Revision gegen das Urteil des FG in EFG 1995, 775 ruhenlassen wolle. Die Beiordnung der Prozeßbevollmächtigten erscheine darüber hinaus nach § 142 FGO i. V. m. § 121 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht erforderlich, da vom Kläger als Student der Rechtswissenschaften im achten Semester erwartet werden könne, daß er sich allgemein auf die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes berufe und einen Ruhensantrag im Hinblick auf den Musterprozeß stelle.

Mit seiner Beschwerde beantragt der Kläger, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses den Antrag auf PKH und Beiordnung der Prozeßbevollmächtigten stattzugeben.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat dem Kläger zu Recht die Gewährung von PKH versagt. Nach § 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter PKH, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten sind gegeben, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein vollständiges oder teilweises Obsiegen des Antragstellers in dem Hauptsacheverfahren spricht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 8. Juni 1995 X B 168/94, BFH/NV 1996, 64, und vom 16. Dezember 1986 VIII B 115/86, BFHE 148, 215, BStBl II 1987, 217). Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß diese Voraussetzungen im Streitfall nicht erfüllt sind und die Klage keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat. Denn die vom Kläger angegriffenen Zweitwohnungsteuerbescheide halten jedenfalls einer summarischen Überprüfung stand.

Der Kläger bestreitet selbst nicht, die vom FA der Zweitwohnungsteuer unterworfenen Wohnungen in der A-Straße und in der B- Straße in Hamburg als Zweitwohnungen angemietet sowie als Nebenwohnungen angemeldet zu haben und damit nach dem Wortlaut des § 1 ZwStG der Zweitwohnungsteuer zu unterliegen. Auch gegen die Höhe der gemäß § 5 ZwStG nach Maßgabe der Nettokaltmiete festgesetzten Zweitwohnungsteuer erhebt der Kläger keine Einwendungen. Der Kläger begründet die Anfechtung der Zweitwohnungsteuerbescheide vielmehr ausschließlich mit der von ihm behaupteten Verfassungswidrigkeit des ZwStG. Entgegen der Auffassung des Klägers ist jedoch davon auszugehen, daß das ZwStG, das als revisibles Recht der Überprüfung durch den Senat unterliegt (s. § 1 Nr. 5 des Hamburgischen Abgabengesetzes vom 17. Februar 1976; § 5 des Hamburgischen Gesetzes zur Ausführung der Finanzgerichtsordnung vom 17. Dezember 1965), verfassungsmäßig ist (s. Senatsbeschlüsse in BFHE 177, 316, BStBl II 1995, 572; BFH/NV 1996, 94).

Die vom Kläger in Zweifel gezogene Gesetzgebungsbefugnis der Freien und Hansestadt Hamburg folgt aus Art. 105 Abs. 2a GG. Danach haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Die von der Stadt Hamburg erhobene Zweitwohnung steuer erfüllt alle Kriterien einer örtlichen Aufwandsteuer i. S. des Art. 105 Abs. 2a GG. Aufwandsteuern sind nach der Rechtsprechung des BVerfG (vgl. BVerfG-Beschluß in BVerfGE 65, 325, 346 f., m. w. N.) Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Das Innehaben einer weiteren Wohnung (Zweitwohnung) für den persönlichen Lebensbedarf neben der Hauptwohnung ist ein Zustand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Diese wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu besteuern ist das aus §§ 1, 3 und 5 ZwStG erkennbare Ziel des ZwStG. Dabei ist es nach Auffassung des Senats unerheblich, ob es sich um ein Innehaben der Zweitwohnung zum Zwecke der Erholung oder für Zwecke der Ausbildung (Studium) handelt oder nicht, da hierdurch das Wesen der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer nicht beeinträchtigt wird.

Entgegen der Auffassung des Klägers wird der Charakter der Zweitwohnungsteuer als örtliche Aufwandsteuer auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß sich die Hauptwohnung nicht im Gemeindegebiet befindet. Dieser Umstand führt insbesondere nicht dazu, daß das Steuerobjekt -- wie der Kläger meint -- "aus der Natur der Sache nur Gegenstand einer nicht örtlich begrenzten -- überörtlichen -- Anknüpfung" sein kann. Denn steuerpflichtiger Tatbestand ist ausschließlich das Innehaben der Zweitwohnung. Da gemäß § 3 Abs. 1 ZwStG jeder Inhaber einer Zweitwohnung in Hamburg -- unabhängig davon, wo er seine Hauptwohnung innehat -- der persönlichen Steuerpflicht unterliegt, handelt es sich bei der Zweitwohnungsteuer entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht um eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende "Auswärtigensteuer".

Die Zweitwohnungsteuer ist auch einer bundesrechtlich geregelten Steuer nicht gleichartig. Dies gilt sowohl hinsichtlich der vom Kläger angesprochenen Umsatzsteuer, die im Gegensatz zum ZwStG den Leistungsaustausch, aber nicht den durch das Innehaben einer Zweitwohnung veranlaßten Aufwand erfaßt, als auch hinsichtlich der Einkommensteuer (vgl. Senatsbeschluß in BFH/NV 1996, 94, m. w. N.). Ebensowenig ist ein Verstoß gegen die durch Art. 11 GG gewährleistete Freizügigkeit zu erkennen. Insbesondere wird der Zuzug des Klägers nach Hamburg, um sich dort zu Ausbildungszwecken aufzuhalten, nicht dadurch eingeschränkt, daß das Innehaben einer Zweitwohnung einer besonderen Steuer unterworfen ist. Insoweit kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß es dem Kläger auch ohne weiteres möglich ist, durch die Verlegung des Hauptwohnsitzes nach Hamburg die Zweitwohnungsteuer zu vermeiden. Daher ist auch der vom Kläger geltend gemachte Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip und das Sozialstaatsprinzip nicht erkennbar.

Aus dem vom Kläger zitierten Beschluß des BVerfG vom 29. Juni 1995 1 BvR 1800/94, 1 BvR 2480/94 (Deutsches Steuerrecht 1995, 1270; Betriebs-Berater 1995, 2047) folgt für den Streitfall kein anderes Ergebnis. Denn in dieser Entscheidung ging es, worauf das FG zutreffend hingewiesen hat, um die Frage, ob eine Ferienwohnung als Zweitwohnung oder als Kapitalanlage genutzt wurde. Im Streitfall ist dagegen unstreitig, daß der Kläger die Wohnungen in der A-Straße sowie in der B-Straße zu eigenen Wohnzwecken nutzt bzw. genutzt hat.

Da der Beschwerde des Klägers gegen die Versagung der PKH schon wegen fehlender Erfolgsaussichten seiner Klage nicht stattgegeben werden kann, kann dahingestellt bleiben, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers deshalb mutwillig ist, weil der Kläger das Klageverfahren nicht ruhenlassen will und ob die Beiordnung der Prozeßbevollmächtigten erforderlich erscheint oder nicht. Auf die vom Kläger insoweit gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das FG kommt es folglich mangels Entscheidungserheblichkeit nicht an.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421859

BFH/NV 1997, 455

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