Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassene Zeugenvernehmung

 

Leitsatz (NV)

Die Verfahrensrüge unterlassener Zeugenvernehmung (§ 76 FGO) greift dann nicht durch, wenn der Kläger in einem Erörterungstermin weder einen Antrag auf Zeugenvernehmung gestellt noch angekündigt hat, einen solchen Antrag in der mündlichen Verhandlung stellen zu wollen, zugleich aber auf mündliche Verhandlung verzichtet hat. In einem solchen Fall kommt der Verzicht auf mündliche Verhandlung einem ausdrücklichen Verzicht auf das Rügerecht gleich, ohne daß es darauf ankommt, ob sich dem FG eine Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen.

 

Normenkette

FGO §§ 76, 79 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 155; ZPO § 295

 

Gründe

Die gerügte Divergenz zu der Entscheidung des Senats vom 24. August 1989 IV R 80/88 (BFHE 158, 254, BStBl II 1990, 17) besteht nicht. Der Senat hat dort unter Hinweis auf zwei nicht veröffentlichte Entscheidungen ausgeführt, daß derartige Aufwendungen nur dann beruflich veranlaßt sein können, wenn der Bürgschaftserklärung kein wirtschaftliches Eigengewicht zukommt und die Möglichkeit auszuschließen ist, daß persönlich-private Gründe für die Übernahme der Bürgschaft allein oder mitentscheidend waren. Diese Grundsätze hat das Finanzgericht (FG) seiner Entscheidung ersichtlich zugrunde gelegt und im einzelnen begründet, daß die Bürgschaftsübernahme im Streitfall gerade nicht beruflich veranlaßt war, weil das bekannte hohe Haftungsrisiko für eine private Veranlassung spreche und der Zusammenhang mit dem angestrebten Erwerb des Betriebsgrundstücks der Bürgschaftszusage ein eigenes wirtschaftliches Gewicht vermittelt habe, das die Annahme eines bloßen Hilfsgeschäfts verbiete.

Auch die Verfahrensrüge unterlassener Zeugenvernehmung (§ 76 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) greift nicht durch. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) diesen Verfahrensmangel ordnungsgemäß gerügt hat. Denn mit dem Hinweis, die angebotenen Beweismittel hätten die berufliche Veranlassung der Bürgschaftsübernahme ergeben, hat der Kläger weder das Beweisthema angegeben noch dargelegt, in welchem Schriftsatz der Beweisantritt erfolgt sein soll (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 120 Anm. 40, m. w. N.). Nach Auffassung des Senats hat der Kläger jedenfalls auf sein Recht, das Übergehen eines Beweisantrags zu rügen, verzichtet (§ 155 FGO i. V. m. § 295 der Zivilprozeßordnung; s. auch Senatsurteil vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727 zu 1. a der Entscheidungsgründe). Im finanzgerichtlichen Verfahren hatte zunächst ein Erörterungstermin nach § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 FGO stattgefunden, in dem der Kläger, ausweislich der Niederschrift des Berichterstatters, weder einen Antrag auf Zeugenvernehmung gestellt noch angekündigt hat, einen solchen Antrag in der mündlichen Verhandlung stellen zu wollen. Er hat vielmehr unmißverständlich auf mündliche Verhandlung verzichtet und sich damit der Möglichkeit begeben, eine Beweisaufnahme herbeizuführen. Damit kommt der Verzicht auf mündliche Verhandlung einem ausdrücklichen Verzicht auf das Rügerecht gleich. Es kann dann auch nicht mehr auf die Frage ankommen, ob sich dem FG eine Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen. Der VII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat dazu weiter entschieden, daß das FG bei einem Verzicht der Beteiligten auf mündliche Verhandlung, den Grundsatz des § 90 Abs. 1 FGO auch dann nicht verletzt, wenn es im Widerspruch zu § 76 Abs. 1 FGO von einer angebotenen Beweisaufnahme absieht (BFH-Urteil vom 9. Februar 1982 VII R 103/79, nicht veröffentlicht, juris). Der Senat schließt sich dieser Auffassung unter den Voraussetzungen des Streitfalls an.

Im übrigen wird von einer Begründung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 422374

BFH/NV 1997, 884

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge