Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur A.d.V.von Grundlagen- und Folgebescheiden; steuerrechtliche Einkunftsqualifikation ohne bindende Auswirkung auf berufsständische Fragen

 

Leitsatz (NV)

1. An der Aussetzung der Vollziehung eines Grundlagenbescheids besteht kein Rechtsschutzinteresse, wenn die Aussetzung keinerlei steuerliche Auswirkungen haben kann.

2. § 69 Abs. 2 S 4 FGO, wonach die Vollziehung eines Folgebescheids insoweit auszusetzen ist, wie die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird, kommt dann nicht zur Anwendung, wenn der Bestand des Grundlagenbescheids keinen Einflußauf die Höhe der durch den Folgebescheid festgesetzten Steuer hat (z. B. bloße Umqualifizierung von Einkünften).

3. Die Aussetzung der Vollziehung eines Gewinnfeststellungsbescheids, in welchem gewerbliche Einkünfte angenommen wurden, hat keine bindenden Auswirkungen auf berufsständische Fragen in Zusammenhang mit § 57 Abs. 4 StBerG.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 2 S. 4; StBerG § 57 Abs. 4

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) war in den Streitjahren (1976 bis 1980) als Steuerberater tätig. Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) nahm an, er habe diese Tätigkeit im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ausgeübt, die er zusammen mit seinem Schwiegervater durch schlüssiges Verhalten gegründet habe. Da dem Schwiegervater die Qualifikation als Steuerberater fehlte, bewertete das FA die Einkünfte der Gesellschafter der GbR als gewerbliche. Es erließ entsprechende Gewinnfeststellungsbescheide.

In dem noch anhängigen Klageverfahren streiten die Beteiligten darüber, ob zwischen dem Antragsteller und seinem Schwiegervater eine GbR bestand.

Nachdem das FA die Aussetzung der Vollziehung der streitigen Gewinnfeststellungsbescheide abgelehnt hatte, beantragte der Antragsteller beim Finanzgericht (FG), die Vollziehung dieser Bescheide auszusetzen. Das FG hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen, weil der Antragsteller nicht beschwert sei.

Das FG hat die Beschwerde gegen seine Entscheidung zugelassen.Mit der Beschwerde macht der Antragsteller geltend, er sei durch die Ablehnung seines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung beschwert. Sein Schwiegervater sei nicht als Gesellschafter an seiner Steuerberaterpraxis beteiligt gewesen. Eine solche Gesellschaft habe wegen des Verbots des § 5 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) nicht entstehen können. Eine Beschwer des Antragstellers werde nicht dadurch ausgeräumt, daß er als Gewerbetreibender keine höhere Einkommensteuer zu bezahlen habe. Da er als Gewerbetreibender eine höhere Umsatzsteuer zu zahlen habe und seine solche höhere Umsatzsteuer seinen Mandanten nicht nachträglich in Rechnung stellen könne, müsse sich schon daraus eine Beschwer ergeben. Auch eine Belastung seiner Einkünfte mit Gewerbesteuer und die Möglichkeit, sich einer solchen Belastung erwehren zu müssen, stelle sich als zusätzliche Beschwer dar. Durch die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit würde der Antragsteller seine Berufspflicht gemäß § 57 StBerG verletzen und Gefahr laufen, sich durch deren Anerkennung einer Verfolgung wegen Berufspflichtverletzung auszusetzen. Der Antragsteller hat keinen förmlichen Antrag gestellt.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das FG hat den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der mit der Klage angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide zutreffend als unzulässig abgelehnt, da es an einem Rechtsschutzinteresse des Antragstellers fehlt.

Für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 69 Abs. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) muß wie für jeden an ein Gericht gerichteten Antrag ein Rechtsschutzinteresse bestehen (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. März 1968 V B 32/67, BFHE 92, 164, BStBl II 1968, 470). Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Antragsteller kein Rechtsschutzinteresse an der Aussetzung der Vollziehung der von ihm angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide hat, denn die Aussetzung der Vollziehung dieser Grundlagenbescheide hätte für den Antragsteller keinerlei steuerliche Auswirkungen. Sie würden weder zu einer Aussetzung der Vollziehung der auf ihnen beruhenden Einkommensteuerbescheide noch zu einer Aussetzung der Vollziehung von gegen den Antragsteller gerichteten Umsatzsteuerbescheiden oder Gewerbesteuerbescheiden führen.

Zwar wird in § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO bestimmt, daß die Vollziehung eines Folgebescheids insoweit auszusetzen ist, wie die Vollziehung eines Grundlagenbescheids ausgesetzt wird. Diese Vorschrift kommt jedoch dann nicht zur Anwendung, wenn der Bestand des Grundlagenbescheids keinen Einfluß auf die Höhe der durch den Folgebescheid festgesetzten Steuer hat. Das ist im Streitfall hinsichtlich der Einkommensteuerbescheide der Fall, die auf den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheiden beruhen; denn nach den Feststellungen des FG und dem Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren ist die für die Streitjahre gegen den Antragsteller festgesetzte Einkommensteuer, bei der vom Vorliegen einer gewerblich tätigen GbR zwischen ihm und seinem Schwiegervater entsprechend dem angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid ausgegangen worden ist, nicht höher und nicht niedriger als die Einkommensteuer, die festzusetzen wäre, wenn die Gewinnfeststellungsbescheide nicht existierten und die dem Antragsteller jetzt als gewerbliche Einkünfte zugerechneten Einkünfte demzufolge als solche aus selbständiger Arbeit dem Antragsteller zugerechnet werden müßten.

Die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide könnte auch nicht zu einer Aussetzung der Vollziehung der gegen den Antragsteller gerichteten Umsatzsteuerbescheide oder Gewerbesteuerbescheide führen, weil jene Bescheide hinsichtlich dieser Bescheide keine Grundlagenbescheide sind, mit anderen Worten, weil diese Bescheide auf jenen Bescheiden nicht beruhen.

Ein Rechtsschutzinteresse des Antragstellers hinsichtlich seines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf § 57 Abs. 4 StBerG; denn eine Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide hätte keinerlei bindende Auswirkungen auf die berufsständische Frage, ob der Antragsteller mit seinem Schwiegervater eine gewerblich tätige GbR gegründet und damit gegen § 57 Abs. 4 StBerG verstoßen hat.

 

Fundstellen

BFH/NV 1986, 357

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