Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Erfolgsaussichten einer auf Verfahrensmängel gestützten NZB

 

Leitsatz (NV)

Eine auf Verfahrensmängel gestützte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision kann nur dann Erfolg haben, wenn der gerügte Verfahrensmangel auch tatsächlich vorliegt.

Versäumt es der Steuerpflichtige, die geltend gemachte Vorsteuer belegmäßig nachzuweisen, ist damit nicht ohne weiteres ein Verfahrensfehler des FG verbunden.

 

Normenkette

FGO §§ 76, 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3, § 119 Nr. 3

 

Tatbestand

Der Antragsteller wurde für das Streitjahr (1990) im Schätzungswege zur Umsatzsteuer veranlagt; die festgesetzte Steuer betrug . /. ... DM (Steuerbescheid vom 7. Oktober 1992). Einspruch und Klage, mit denen der Antragsteller einen höheren Vorsteuerüberschuß begehrte, hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mangels Bezeichnung des Streitgegenstands als unzulässig ab; in den Entscheidungsgründen führte es aus, der Streitgegenstand hätte nur durch Einreichung der Steuererklärung ausreichend bezeichnet werden können.

Wegen der Nichtzulassung der Revision hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt und für das Beschwerdeverfahren Prozeß kostenhilfe (PKH) beantragt.

Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Antragsteller mangelnde Sachaufklärung und unzureichende Gewährung rechtlichen Gehörs. Er meint, er habe die Kassation des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids beantragt und damit den Streitgegenstand hinreichend bezeichnet. Erforderlichenfalls hätte das FG die Umsatzsteuererklärung von ihm (dem Antragsteller) ausdrücklich anfordern müssen. Schließlich habe es seinen Beweisantritt im Schriftsatz vom 29. Juni 1993 übergangen, in dem er die Vorlage sämtlicher Belege aus dem Jahr 1990 angeboten habe.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 Satz 1 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --, § 142 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). In der Beschwerdeschrift muß der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Er muß nicht nur schlüssig gerügt werden, sondern auch tatsächlich vorliegen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Anm. 33).

Verfahrensmängel sind Verstöße des FG gegen Vorschriften des Gerichtsverfahrensrechts. Ein Verfahrensfehler liegt nur vor, wenn das FG unter Zugrundelegung seiner materiell-rechtlichen Auffassungen gegen Verfahrensrecht verstoßen hat.

Die Verfahrensmängel, die der Antragsteller geltend macht, sind mangelhafte Sachverhaltsaufklärung (§ 76 FGO) und Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 119 Nr. 3 FGO).

Der Senat läßt dahingestellt, ob diese Verfahrensmängel nicht bereits deshalb entfallen, weil das FG mit seiner Entscheidung, der Antragsteller habe den Streitgegenstand nicht hinreichend bezeichnet und deshalb eine Sachurteilsvoraussetzung aus § 65 FGO nicht erfüllt, möglicherweise einen materiellen Rechtsfehler (error in iudicando) und keinen Verfahrensfehler (error in procedendo) begangen hat (vgl. einerseits BFH-Beschluß vom 8. Februar 1993 I B 127-128/92, BFH/NV 1993, 551 und andererseits Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Anm. 25 a).

Selbst wenn der Streitgegenstand hinreichend bezeichnet war und die gegenteilige Auffassung des FG kein materieller Rechtsfehler sein sollte, hat es weder durch mangelhafte Sachaufklärung noch durch die Versagung von rechtlichem Gehör Verfahrensvorschriften verletzt.

Entgegen dem Vortrag des Antragstellers hatte er beim FG nicht die Kassation des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids beantragt, sondern seine Änderung durch Gewährung weiteren Vorsteuerabzugs.

Es war Sache des Antragstellers und nicht des FG, den begehrten Vorsteuerabzug geltend zu machen und seine Voraussetzungen nachzuweisen. Hierzu genügte der Verweis auf "sämtliche Belege über betrieblich veranlaßte Aufwendungen aus dem Jahr 1990" im Schriftsatz vom 29. Juni 1993 nicht. Der Antragsteller hätte vielmehr die ihm erteilten Rechnungen mit dem gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer (Vorsteuer) vorlegen müssen. Das hat er nicht getan. Demzufolge hat allenfalls der Antragsteller und nicht das FG den Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt.

Das FG hat dem Antragsteller auch nicht das rechtliche Gehör versagt. Es hat ihn aufgefordert, die Klagebegründung nachzureichen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Der Antragsteller hat hierauf Fristverlängerung beantragt, um die "lückenlos und chronologisch zu erstellenden Fakten und Beweismittel" anzugeben (Schriftsatz vom 24. Mai 1993). Er kam aber diesem Vorsatz bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung nicht nach, obwohl ihm klar hätte sein müssen, daß er die geltend gemachte Vorsteuer belegmäßig nachweisen mußte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419922

BFH/NV 1995, 317

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