Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine einstweilige Anordnung gegen Einkommensteuerbescheid wegen Fortschreibung des Einheitswerts

 

Leitsatz (NV)

1. Lehnt das FA ab, für ein als Einfamilienhaus bewertetes Grundstück eine Artfortschreibung zum Zweifamilienhaus vorzunehmen, so ist hiergegen vorläufiger Rechtsschutz im Rahmen der Einheitswertfeststellung gegeben.

2. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gegen den auf der bisherigen Einheitswertfeststellung beruhenden Einkommensteuerbescheid mit dem Ziel, vorläufig einen Werbungskostenüberschuß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu erhalten, ist unzulässig, weil vorläufiger Rechtsschutz nur im Rahmen des Verfahrens gegen den Grundlagenbescheid (Einheitswertfeststellung) begehrt werden kann.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3, § 114; AO 1977 §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 1, § 361; EStG 1977 § 21a

 

Tatbestand

Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Beschwerdeführer) sind Eheleute. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines bebauten Grundstücks, das auf den 1. Januar 1977 als Einfamilienhaus bewertet ist. Seinen Antrag vom 23. Dezember 1982, für dieses Grundstück auf den 1. Januar 1978 eine Artfortschreibung zum Zweifamilienhaus vorzunehmen, lehnte der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) ab. Die hiergegen erhobene Klage wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen; über die vom Beschwerdeführer eingelegte Revision (Az. II R 87/85) ist noch nicht entschieden.

Außerdem haben die Beschwerdeführer die Einkommensteuerbescheide für 1978 bis 1983 angefochten, wobei sie die Anerkennung von Werbungskostenüberschüssen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 81 921 DM erstrebten. Dies Begehren hat das FA mit bestandskräftig gewordener Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 1985 als unzulässig abgewiesen. Die Aussetzung der Vollziehung der strittigen Einkommensteuerbeträge hat das FA nur bis zum 29. November 1985 gewährt. Ein Stundungsantrag wurde am 12. Dezember 1985 abgelehnt.

Den hierauf von den Beschwerdeführern bei dem FG gestellten Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung, das FA zu verpflichten, die Beschwerdeführer bis zur Entscheidung über die Revision im Verfahren II R 87/85 ,,einkommensteuerlich" so zu stellen, als wäre das Grundstück als Zweifamilienhaus zu bewerten, hilfsweise Vollstreckungsaufschub zu gewähren, wies das FG als unbegründet ab. Denn mangels Existenzgefährdung der Beschwerdeführer sei kein Anordnungsgrund i. S. des § 114 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gegeben. Außerdem könnten die Beschwerdeführer Aussetzung der Vollziehung des Einheitswertbescheids beantragen. Der Hilfsantrag sei als unmittelbar an das FG gerichteter Antrag unzulässig.

Mit der Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, verfolgen die Beschwerdeführer ihr Begehren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung weiter; hilfsweise beantragen sie Aussetzung der Vollziehung. Eine Beschwerdebegründung ist erst nach Ablauf der Beschwerdefrist eingegangen; hierauf wird Bezug genommen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Das FG hat das Begehren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht abgewiesen; dieses war mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig.

Für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung gegen die Einkommensteuerbescheide ist hier schon deshalb kein Raum, weil vorläufiger Rechtsschutz nur im Verfahren gegen den Grundlagenbescheid und nicht gegen den Einkommensteuerbescheid als Folgebescheid begehrt werden kann (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Dezember 1985 III B 84/85, BFH/NV 1986, 476 betreffend einheitliche Feststellungsbescheide).

Werden bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Besteuerungsgrundlagen durch einen Grundlagenbescheid festgestellt, sieht § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO die Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheids vor; dementsprechend ist dann auch die Vollziehung der Folgebescheide auszusetzen. Der Einheitswertbescheid ist hinsichtlich der Feststellung der Grundstücksart und der Höhe des Einheitswerts für die Ermittlung der Einkünfte aus einem eigengenutzten Haus i. S. des § 21 a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bindend (Urteile des BFH vom 7. Dezember 1982 VIII R 153/81, BFHE 138, 180, BStBl II 1983, 627, und vom 21. Oktober 1986 IX R 55/82, BFHE 148, 267, BStBl II 1987, 210). Er stellt damit einen Grundlagenbescheid für die Besteuerung der Einkünfte aus diesem Grundstück dar (vgl. die BFH-Urteile vom 26. Februar 1985 IX R 59/82, BFH/NV 1985, 6, und vom 27. November 1985 II R 217/83, BFH/NV 1986, 750). Lehnt es das FA ab, einen solchen Grundlagenbescheid zu erlassen oder - wie hier durch Fortschreibung - zu ändern, so ist hiergegen vorläufiger Rechtsschutz nur im Rahmen der Einheitswertfeststellung gegeben. Der erkennende Senat kann es bei dem Begehren der Beschwerdeführer auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Verfahren gegen die Einkommensteuerbescheide für seine hier zu treffende Entscheidung offenlassen, ob dies durch einstweilige Anordnung oder entsprechend dem Beschluß des Großen Senats des BFH vom 14. April 1987 GrS 2/85 (BFHE 149, 493, BStBl II 1987, 637) zum vorläufigen Rechtsschutz gegenüber einem negativen Gewinnfeststellungsbescheid durch Aussetzung der Vollziehung zu geschehen hätte.

Soweit der II. Senat in einem nicht veröffentlichten Beschluß vom 21. Januar 1987 II S 24/86 die Aussetzung der Vollziehung eines Einheitswertbescheids wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses als unzulässig angesehen hat, steht dieser Beschluß der Entscheidung des erkennenden Senats nicht entgegen, da sich in dem vom II. Senat entschiedenen Fall die angefochtene Artfeststellung hinsichtlich der Grundsteuer zugunsten des Antragstellers auswirkte und hinsichtlich der Einkommensteuer bereits vom FA vorläufiger Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung gewährt worden war.

Die hilfsweise begehrte Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuerbescheide scheidet aus, weil diese Bescheide bestandskräftig sind.

 

Fundstellen

BFH/NV 1988, 316

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