Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Umdeutung der Revision in eine NZB
Leitsatz (NV)
Eine Revision kann regelmäßig nicht in eine Nichtzulassungsbeschwerde umgedeutet werden.
Normenkette
FGO § 115
Verfahrensgang
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat nach Schätzung der Besteuerungsgrundlagen die Klage wegen Fristversäumnis als unzulässig ver worfen, ohne die Revision zuzulassen. Das Urteil des FG wurde dem Prozeßbevollmächtigten der Kläger und Revisionskläger (Kläger) am 27. März 1995 zugestellt. In seiner Rechtsmittelschrift vom 27. April 1995 führte der Prozeßbevollmächtigte lediglich aus: "Gegen das Urteil lege ich hiermit Revision ein. Revisionsbegründung und Antrag folgen."
Zugleich mit der Mitteilung des Aktenzeichens der Streitsache beim Bundesfinanzhof (BFH) wies die Geschäftsstelle des Senats den Prozeßbevollmächtigten auf die Rechtsmittelbelehrung des FG sowie darauf hin, daß das FG die Revision nicht zugelassen habe. Daraufhin bat der Prozeßbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 29. Mai 1995, "den Schriftsatz vom 27. 4. 95 als Nichtzulassungsbeschwerde zu werten". Gleichzeitig machte er Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Nach Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) findet abweichend von § 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Revision nur statt, wenn das FG oder auf die Beschwerde der BFH sie zugelassen hat oder wenn ein Fall der zulassungsfreien Revision gemäß § 116 FGO gegeben ist. Hierauf sind die Kläger in der Rechtsmittelbelehrung der Entscheidung des FG besonders hingewiesen worden.
Mit dem Schriftsatz vom 27. April 1995 hat der Prozeßbevollmächtigte der Kläger ausdrücklich Revision eingelegt. Angesichts des eindeutigen Wortlauts des von einem Rechtskundigen eingelegten Rechtsmittels ist eine Umdeutung der Revision in eine Nichtzulassungsbeschwerde im Streitfall nicht möglich.
Bereits im Beschluß vom 27. Januar 1967 VI R 216/66 (BFHE 88, 73, BStBl III 1967, 291) hat der BFH dargelegt, daß wegen der erheblichen rechtlichen und verfahrensmäßigen Unterschiede von Nichtzulassungsbeschwerde und Revision eine Revisionsschrift regelmäßig nicht in eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision umgedeutet werden kann. So kann u. a. die Nichtzulassungsbeschwerde -- anders als die Revision (vgl. § 120 Abs. 1 FGO) -- nur innerhalb eines Monats eingelegt und begründet werden (vgl. § 115 Abs. 3 FGO; vgl. auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rz. 55, m. w. N.). Die Frist zur Begründung der Beschwerde kann -- anders als die Frist zur Begründung der Revision (vgl. § 120 Abs. 1 Satz 2 FGO) -- nicht verlängert werden (vgl. § 54 Abs. 2 FGO i. V. m. § 224 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --, BFH-Beschluß vom 30. Dezember 1986 VIII B 39/86, BFH/NV 1988, 711). Damit scheidet auch im vorliegenden Fall eine Umdeutung schon deshalb aus, weil innerhalb der Beschwerdefrist, die am 27. April 1995 ablief, eine Begründung des Rechtsmittels nicht erfolgt ist.
Auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde kommt nicht in Betracht. Die Fristversäumnis könnte nur dann als unverschuldet i. S. des § 56 Abs. 1 FGO angesehen werden, wenn sie der Prozeßbevollmächtigte, dessen Verschulden sich die Kläger gemäß § 155 FGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müssen, auch durch die äußerste, den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht hätte verhindern können (BFH-Beschluß vom 7. Februar 1977 IV B 62/76, BFHE 121, 171, BStBl II 1977, 291). Das war hier nicht der Fall. Der Prozeßbevollmächtigte hätte aus der dem Urteil beigefügten Rechtsmittelbelehrung ohne weiteres den Schluß ziehen können und müssen, daß die Revision mangels entsprechender Zulassung im vorinstanzlichen Urteil gerade nicht zugelassen war und deshalb die Zulassung der Revision einer Beschwerde bedurfte (BFH-Beschluß vom 24. November 1994 X R 115/94, BFH/NV 1995, 626).
Gründe, die eine zulassungsfreie Revision gemäß § 116 FGO gerechtfertigt erscheinen lassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO; die Streitwertfestsetzung auf §§ 13, 25 des Gerichtskostengesetzes (GKG).
Da die Kläger im Klageverfahren beantragt hatten, die Steuerfestsetzung um einen nicht bezifferten und aus dem Klagevorbringen nicht errechenbaren Betrag herabzusetzen, war -- entgegen der Auffassung des FG -- der Streitwert nicht nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG mit 8 000 DM anzunehmen, sondern gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG nach Ermessen zu bestimmen (vgl. BFH-Beschluß vom 13. August 1986 VIII R 181/85, BFH/NV 1987, 114). Der Senat schätzt den Streitwert auf die Hälfte der festgesetzten Steuer.
Fundstellen
Haufe-Index 421733 |
BFH/NV 1997, 238 |