Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßkostenhilfe; Einsatz eigenen Vermögens

 

Leitsatz (NV)

Der Erlös aus dem Verkauf eines Hauses fällt jedenfalls dann nicht unter den Schutz des § 88 Abs. 2 BSHG, wenn durch die Verwertung des Vermögens weder eine angemessene Lebensführung erschwert noch die Aufrechterhaltung der angemessenen Alterssicherung beeinträchtigt wird.

 

Normenkette

FGO § 142

 

Tatbestand

In dem beim erkennenden Senat anhängigen Revisionsverfahren der Klägerin ist umstritten, ob Strafverteidigungskosten als Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder als außergewöhnliche Belastung i. S. des § 33 Abs. 1 EStG abziehbar sind.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klägerin Prozeßkostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren gewährt mit der Maßgabe, daß Monatsraten von jeweils 240 DM aufzubringen sind (Beschluß vom 17. September 1987).

Die Klägerin beantragt, ihr nunmehr auch für das Revisionsverfahren PKH zu gewähren.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist unbegründet.

Gemäß § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) darf einem Beteiligten PKH nur bewilligt werden, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt; denn die Revisionsklägerin kann die Kosten aus ihrem Vermögen aufbringen. Sie hat im Schriftsatz vom 29. Februar 1988 dargelegt, daß sie nicht nur ihre Rente von nunmehr 1 602,61 DM beziehe, sondern daß sie zwischenzeitlich auch ihr Hausgrundstück in S verkauft habe. Ein bisher zugeflossener Teilerlös sei für den Ausbau der neu angemieteten Wohnung verwendet worden. Nach Abwicklung des Veräußerungsgeschäftes verblieben ihr noch etwa 110 000 DM.

Es ist der Klägerin zumutbar, dieses Vermögen einzusetzen. Die Frage der Zumutbarkeit ist in entsprechender Anwendung des § 88 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) zu beurteilen, wie sich aus § 115 Abs. 2 ZPO ergibt (vgl. Gräber / Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 142 Anm. 5). Danach ist grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen (§ 88 Abs. 1 BSHG). Der der Klägerin verbleibende Verkaufserlös fällt nicht unter den Schutz des § 88 Abs. 2 BSHG. Unerheblich ist, ob der Erlös möglicherweise aus dem Verkauf eines Hausgrundstücks i. S. des § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG stammt. Gründe dafür, daß durch die Verwertung des Vermögens eine angemessene Lebensführung erschwert bzw. die Aufrechterhaltung der angemessenen Alterssicherung beeinträchtigt würde (vgl. § 88 Abs. 3 BSHG), sind nicht ersichtlich. Dies um so weniger, als die Revisionsklägerin auch eine monatliche Rente von rund 1 600 DM bezieht. Dabei war ferner zu berücksichtigen, daß die Klägerin die Kosten der Prozeßführung allenfalls zu einem Teil zu tragen haben wird. Wie der erkennende Senat in dem in der Hauptsache ergangenen Urteil X R 20/88 entschieden hat, sind nämlich die von der Klägerin geltend gemachten Strafverteidigungskosten dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung abziehbar; das FG hat lediglich noch zu überprüfen, ob die geltend gemachten Aufwendungen der Höhe nach notwendig und angemessen waren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 422974

BFH/NV 1990, 390

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