Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlerberichtigung in einem Urteil

 

Leitsatz (NV)

Die Berichtigung von Fehlern in einem Urteil kann den Tenor betreffen. Die Unrichtigkeit kann sich dabei aus dem Zusammenhang des Urteils ergeben.

 

Normenkette

FGO § 107

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) berichtigte mit Beschluß vom 21. Oktober 1991 auf Antrag des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt - FA -) den Tenor seines zwischen den Beteiligten ergangenen Urteils vom 25. April 1991 gemäß § 107 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dahin, daß es anstatt ,,Der Vorbehalt der Nachprüfung bleibt bestehen" die Worte ,,Die teilweise Vorläufigkeit gemäß § 165 Abs. 1 AO hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge und des Grundfreibetrags bleibt bestehen" einfügte.

Mit der Beschwerde macht der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend, die Voraussetzungen des § 107 FGO seien nicht gegeben, weil die Möglichkeit eines Rechtsirrtums nicht auszuschließen sei. Der Kläger rügt außerdem die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Der Berichtigungsbeschluß sei ohne mündliche Verhandlung ergangen, obwohl der Kläger keine entsprechende Verzichtserklärung abgegeben habe. Der Kläger beantragt, den angefochtenen Beschluß ersatzlos aufzuheben.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Finanzgericht (FG) hat den Tenor des Urteils zu Recht gemäß § 107 Abs. 1 FGO berichtigt. Nach dieser Vorschrift sind außer Schreibfehlern und Rechenfehlern auch ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit vom Gericht zu berichtigen. Die Berichtigung dient der Verwirklichung einer erkennbar gewollten Aussage und ermöglicht die Berichtigung von Fehlern, die bei der Erklärung des Entscheidungswillens, nicht bei der Bildung des Entscheidungswillens, unterlaufen sind. Als offenbar ist anzusehen, was durchschaubar, eindeutig oder augenfällig ist. Die Möglichkeit eines Rechtsirrtums schließt die Berichtigung nach § 107 FGO aus. Die Unrichtigkeit kann sich dabei aus dem Zusammenhang des Urteils ergeben. Die Berichtigung kann den Tenor betreffen (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. September 1984 VIII B 157/83, BFHE 142, 13, BStBl II 1984, 834, vom 13. April 1989, IV B 131/85, BFH/NV 1990, 111). Sie ist nicht davon abhängig, daß die Unrichtigkeit für den Empfänger des unrichtigen Urteils erkennbar ist (vgl. BFH-Beschluß vom 8. Februar 1991 V B 141/90, BFH/NV 1992, 111, m. w. N.).

Nach diesen Grundsätzen ist die Berichtigung durch das FG nicht zu beanstanden. Daß der berichtigte Fehler auf einem Rechtsirrtum beruhen kann, ist nicht ersichtlich. Im Streitfall war der geänderte Einkommensteuerbescheid 1984 vom 27. März 1991 Verfahrensgegenstand. Dieser Bescheid war lediglich in Höhe der Kinderfreibeträge und des Grundfreibetrages nach § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) teilweise vorläufig. Zu keiner Zeit stand die Einkommensteuerfestsetzung 1984 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO 1977. Erörtert wurde ausschließlich die Vorläufigkeit gemäß § 165 Abs. 1 AO 1977. Die Frage, ob die Einkommensteuerfestsetzung 1984 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO 1977) durchzuführen war, hat sich zwischen den Beteiligten weder im Veranlagungs- noch Einspruchs- oder Klageverfahren gestellt. Weder Tatbestand noch Entscheidungsgründe des FG-Urteils enthalten entsprechende Anhaltspunkte.

Bei dieser Ausgangslage hält es der Senat für eindeutig, daß das FG nur die bisherige teilweise Vorläufigkeit, wie sie im Einkommensteuerbescheid 1984 vom 27. März 1991 zum Ausdruck kommt, hat beibehalten wollen.

2. Der Berichtigungsbeschluß des FG konnte, wie sich aus § 107 Abs. 2 Satz 1 FGO ergibt, ohne Rechtsverstoß auch ohne mündliche Verhandlung ergehen (vgl. Tipke / Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 107 FGO, Tz. 2). Die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung war entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht davon abhängig, daß die Beteiligten eine entsprechende Verzichtserklärung abgaben. Die in diesem Zusammenhang vom Kläger erhobene Rüge der Versagung des rechtlichen Gehörs greift deshalb nicht durch.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Zwar ist das Berichtigungsverfahren nach § 107 FGO kostenfrei; dies gilt aber nicht für das Beschwerdeverfahren (vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1992, 111).

 

Fundstellen

Haufe-Index 418420

BFH/NV 1992, 760

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