Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehlerberichtigung in einem Urteil (§ 107 FGO)

 

Leitsatz (NV)

Die Berichtigung von Fehlern in einem Urteil nach § 107 FGO kann Tenor, Rubrum oder Urteilsgründe betreffen.

Die Berichtigung eines ,,offenbaren, mechanischen" Fehlers hängt nicht davon ab, daß die Unrichtigkeit für den Empfänger des unrichtigen Urteils erkennbar ist (BFHE 149, 413, BStBl II 1988, 164).

 

Normenkette

FGO § 107

 

Verfahrensgang

FG Düsseldorf

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) berichtigte mit Beschluß vom 26. Juni 1990 den Tenor eines Urteils vom 25. Oktober 1989 in einem Klageverfahren wegen Umsatzsteuer des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen das Finanzamt (FA) als Beklagten (hier: Beschwerdegegner). Das FG folgte dabei einem auf § 107 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützten Antrag des FA.

Nach dem Beschluß des FG ergab sich die Berichtigung des Tenors aus zwei offenbaren Unrichtigkeiten. Das FG führte dazu aus: ,,Der Senat hatte im Originalurteil die erste Steuerberechnung wegen eines Fehlers durch eine zweite Steuerberechnung ersetzt. Gleichwohl sind die bei der ersten Steuerberechnung ermittelten Umsatzsteuerbeträge in den Tenor übernommen worden. Dies war richtigzustellen. Darüber hinaus sind bei der Übertragung des Zahlenmaterials der ersten Steuerberechnung in die zweite Steuerberechnung zwei Zeilen ausgelassen worden, nämlich jene beiden Zeilen über die Umsatzsteuer aus dem PKW-Verkauf im Jahre 1979, der eine Umsatzsteuer von . . . DM zur Folge hatte. Es handelt sich hierbei um einen offensichtlichen Auslassungsfehler, der ebenfalls nach § 107 FGO richtigzustellen war."

Mit der Beschwerde gegen diesen Beschluß macht der Kläger geltend: Offenbar unrichtig sei nur, daß das Ergebnis der Steuerberechnung auf S. 7 des ursprünglichen Urteils nicht in den Urteilstenor übertragen worden sei. Dabei wäre dann zu prüfen, welche Beträge die richtigen seien. Ob nun Übertragungsfehler, ein Denkfehler, ein mechanischer Fehler oder was auch immer vorliege, könne ,,von hier aus" nicht geprüft werden; insofern sei er auch nicht offensichtlich.

Die Errechnung des richtigen Umsatzsteuerbetrages selbst sei aber mehr als nur ein bloßer Rechenakt, so daß sich die offenbaren Unrichtigkeiten höchstens auf den Übertragungs- und Additionsfehler beschränken könnten, wie sie offensichtlich zwischen Bl. 7 der ersten Ausfertigung des Urteils und dem Urteilstenor vorlägen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde des Klägers gegen den Berichtigungsbeschluß ist unbegründet.

Nach § 107 FGO sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit vom Gericht zu berichtigen. Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Sinn dieser Vorschrift sind nur Erklärungsmängel, also keine Mängel bei der Bildung des Erklärungswillens des Gerichts. Die Berichtigung nach § 107 FGO kann nur dazu führen, daß Übereinstimmung des erkennbar gewollten Inhalts der Aussage des Gerichts mit dem erklärten Text des Urteils hergestellt wird. Wie bei der vergleichbaren Vorschrift des § 129 der Abgabenordnung (AO 1977) schließt die Möglichkeit eines Rechtsirrtums die Berichtigung nach § 107 FGO aus. Nur mechanische Fehler, die ohne weitere Prüfung erkannt und berichtigt werden können, fallen unter diese Berichtigungsvorschriften. Ein offenbarer Fehler liegt vor, wenn er auf der Hand liegt, wenn er durchschaubar, eindeutig oder augenfällig ist (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. September 1984 VIII B 157/83, BFHE 142, 13, BStBl II 1984, 834). Nach dem Gesetzeswortlaut ist eine Fehlerberichtigung nicht davon abhängig, daß die Unrichtigkeit für den Empfänger des unrichtigen Urteils erkennbar ist (vgl. auch BFH-Urteil vom 8. April 1987 II R 236/84, BFHE 149, 413, BStBl II 1988, 164). Schließlich kann die Berichtigung sowohl Tenor als auch Rubrum wie Urteilsgründe betreffen (vgl. BFH-Beschluß vom 13. April 1989 IV B 131/85, BFH/NV 1990, 111).

Nach diesen Grundsätzen ist die Berichtigung durch das FG nicht zu beanstanden. Daß die berichtigten Fehler auf einem Rechtsirrtum beruhen konnten, ist nicht ersichtlich.

Daß hinsichtlich des ursprünglichen Tenors nicht der in den Urteilsgründen für 1979 berechnete Umsatzsteuerbetrag, sondern der Betrag aus einem zwischenzeitlich durchgestrichenen Entwurf (,,erste Steuerberechnung" lt. FG-Beschluß) eingesetzt war, wird durch einen Vergleich der ,,ersten Steuerberechnung" mit der ,,zweiten Steuerberechnung" und dem Urteilstenor augenscheinlich.

Darüber hinaus ergibt der Vergleich der beiden Steuerberechnungen aber ebenso, daß in der ,,zweiten Steuerberechnung" die Zeile ,,Umsatzsteuer aus Verkauf PKW 1979: . . . DM" vergessen worden war. Daß es sich um eine mechanische Diskrepanz und nicht um einen Rechtsirrtum handelte, wird dadurch bestätigt, daß im Tatbestand des Urteils der Verkauf des dem Unternehmen zugerechneten PKW im Frühjahr 1979 geschildert wird und daß weder im Tatbestand noch in den Entscheidungsgründen irgendwelche Angaben vorhanden sind, die den Ansatz dieses Umsatzes im Jahre 1979 in Frage stellen könnten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Zwar ist das Berichtigungsverfahren nach § 107 FGO kostenfrei; das gilt aber nicht für das Beschwerdeverfahren (vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1990, 111).

 

Fundstellen

Haufe-Index 417612

BFH/NV 1992, 111

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