Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbegründetheit einer auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 und 3 FGO gestützten NZB

 

Leitsatz (NV)

1. Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten ist zwar kein Verfahrensmangel. Ein entsprechendes Vorbringen in der Begründung einer NZB kann aber dahin zu verstehen sein, daß hiermit die Nichtbeachtung des § 96 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz FGO gerügt wird.

2. Eine den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO genügende Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch Nichterhebung eines Zeugenbeweises setzt u. a. voraus, daß die in das Wissen des Zeugen gestellten Tatsachen angegeben werden.

3. Leistungsempfänger im ustrl. Sinne ist regelmäßig derjenige, der einen Anspruch auf die Leistung hat, wobei allerdings ein Dritter unabhängig von den zugrundeliegenden Rechtsbeziehungen Leistungsempfänger sein kann, wenn unter Mißachtung des betreffenden Anspruchs die Leistung vom Leistenden tatsächlich an den Dritten statt an den Anspruchsinhaber erbracht wird.

 

Normenkette

FGO § 96 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, Abs. 3 S. 3; UStG 1980 § 15

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Gründe

1. Soweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) rügt, die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) verstoße gegen den Inhalt der Akten, hat sie nicht einen Verfahrensfehler schlüssig geltend gemacht.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundes finanzhofs (BFH) ist ein Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten kein Verfahrensmangel (vgl. BFH-Beschlüsse vom 13. April 1976 VI B 12/76, BFHE 118, 546, BStBl II 1976, 503; vom 2. September 1987 II B 86/87, BFH/NV 1988, 785).

b) Die Rüge eines Verstoßes gegen den (klaren) Inhalt der Akten kann allerdings dahin zu verstehen sein, daß hiermit die Nichtbeachtung des § 96 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend gemacht wird, wonach das Gericht nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet. Diese Vorschrift verpflichtet das FG, den Inhalt der ihm vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschluß in BFH/NV 1988, 785).

Daß ein entsprechender Mangel vorliege, wird von der Klägerin zwar behauptet, aber nicht mit der erforderlichen Schlüssigkeit. Weder aus der diesbezüglichen Beschwerdebegründung noch aus dem Inhalt des angefochtenen Urteils oder dem Schreiben der Firma Z vom 22. April 1983 ergibt sich, daß das FG bei seiner Überzeugungsbildung das erwähnte Schreiben nicht zur Kenntnis genommen hätte.

2. Soweit die Klägerin rügt, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht dadurch verletzt, daß es einen Zeugenbeweis nicht erhoben habe, macht sie einen Verfahrensfehler ebenfalls nicht schlüssig geltend. Eine den formellen Anforderungen aus § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechende Rüge unterlassener Zeugenvernehmung setzt u. a. voraus, daß die in das Wissen des Zeugen gestellten Tatsachen angegeben werden (vgl. BFH-Beschluß vom 5. Juni 1991 II B 180/90, BFH/NV 1992, 397).

3. Soweit die Klägerin geltend macht, Divergenz liege im Hinblick auf die Entscheidung des BFH vom 1. Juni 1989 V R 72/84 (BFHE 157, 255, BStBl II 1989, 677) vor, sind zwar die Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Beschwerdebegründung erfüllt. Leistungsempfänger ist nach dieser Entscheidung, wie die Klägerin zutreffend darstellt, regelmäßig derjenige, der einen Anspruch auf die Leistung hat, wobei allerdings ein Dritter unabhängig von den zugrundeliegenden Rechtsbeziehungen Leistungsempfänger sein kann, wenn unter Mißachtung des betreffenden Anspruchs die Leistung vom Leistenden tatsächlich an den Dritten, nicht an den Anspruchsinhaber erbracht wird.

Das FG ist jedoch weder ausdrücklich noch sinngemäß von Rechtssätzen anderen Inhalts ausgegangen. Mit dem Ausnahmefall der Mißachtung bestehender Leistungsansprüche brauchte sich das FG nicht auseinanderzusetzen, da es zu der Über zeugung gelangt ist, daß die Leistungen wirklich an die Anspruchsinhaber, d. h. an die Gesellschafter der Klägerin, erbracht worden sind und nicht an die Klägerin.

4. Die Entscheidung ergeht im übrigen ohne Bekanntgabe der weiteren Begründung (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entla stung des Bundesfinanzhofs).

 

Fundstellen

Haufe-Index 418964

BFH/NV 1995, 364

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