Entscheidungsstichwort (Thema)

Mehrfache Einlegung der Revision

 

Leitsatz (NV)

1. Wird in derselben Sache sowohl durch den Kläger als auch in dessen Namen durch einen Rechtsanwalt Revision eingelegt, ist hierüber vom BFH einheitlich zu entscheiden (Anschluß an Rechtsprechung des IX.Senats).

2. Die von einem Rechtsanwalt ohne Vorlage einer Prozeßvollmacht eingelegte Revision kann von diesem zurückgenommen werden (ständige Rechtprechung).

3. Die durch den Steuerpflichtigen selbst eingelegte Revision ist dann mangels Einhaltung des Vertretungszwanges als unzulässig zu verwerfen.

4. Die Kosten eines solchen Revisionsverfahrens sind dem Steuerpflichtigen, nicht dem vollmachtlosen Vertreter aufzuerlegen.

 

Normenkette

FGO § 62 Abs. 3, § 115 Abs. 1, §§ 124, 125 Abs. 2, § 128 Abs. 1, §§ 132, 135 Abs. 2, § 155; ZPO § 515 Abs. 3, § 556; BFHEntlG Art.1 Nr. 1

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) mit Urteil vom 27. Juni 1989 abgewiesen. Hiergegen haben die Klägerin mit Schriftsatz vom 15. Mai 1990 und Rechtsanwalt A mit Schriftsatz vom 8. Juni 1990, bei dem FG gleichzeitig am 11.Juni 1990 eingegangen, Revision eingelegt. Mit am 3. August 1990 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen Schreiben vom 2. August 1990 hat Rechtsanwalt A die Revision zurückgenommen, ohne eine Prozeßvollmacht der Klägerin vorgelegt zu haben.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Über die mehrfache Einlegung eines Rechtsmittels gegen ein- und dieselbe Entscheidung ist einheitlich zu entscheiden (BFH-Beschlüsse vom 19. Juli 1984 IX R 16/81, BFHE 141, 467, BStBl II 1984, 833, und vom 12. August 1986 IX B 56/86, BFH/NV 1987, 52).

Die durch Rechtsanwalt A eingelegte Revision ist wirksam zurückgenommen (vgl. Beschluß vom 22.Mai 1979 VII B 10/79, BFHE 128, 24, BStBl II 1979, 564). Das Verfahren ist insoweit aus Gründen der Rechtsklarheit einzustellen (Senatsbeschluß in BFHE 141, 467, BStBl II 1984, 833).

Die durch die Klägerin eingelegte Revision ist unzulässig.

Vor dem BFH muß sich - wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung in dem angefochtenen Urteil hervorgeht - jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen (Art.1 Nr.1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -). Dies gilt auch für die Einlegung der Revision (Art.1 Nr.1 Satz 2 BFHEntlG). Fehlt es, wie offensichtlich im Streitfall, an diesem Erfordernis der ordnungsgemäßen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art.1 Nr.1 BFHEntlG aufgeführten Berufsgruppen, so ist die betreffende Prozeßhandlung - im Streitfall die Einlegung der Revision - unwirksam.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung.

Die Kosten des Revisionsverfahrens waren der Klägerin und nicht dem vollmachtlosen Prozeßbevollmächtigten aufzuerlegen, weil nach dem Akteninhalt davon auszugehen ist, daß Rechtsanwalt A mit Wissen und Wollen der Klägerin Revision eingelegt hat (vgl. BFH-Urteil vom 4. Juli 1984 II R 188/82, BFHE 142, 3, BStBl II 1984, 831, und Beschluß vom 18. Mai 1988 X R 36/88, BFH/NV 1989, 119; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 62 Anm.91).

 

Fundstellen

BFH/NV 1993, 375

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