Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweilige Anordnung subsidiär gegenüber der Aussetzung der Vollziehung

 

Leitsatz (NV)

Hat der Steuerpflichtige einen Steuerbescheid angefochten und ist über seine Anfechtungsklage noch nicht entschieden, so kann vorläufiger Rechtsschutz nur über den Antrag auf Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung erlangt werden. Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist unzulässig, auch wenn der Antragsteller behauptet, der Steuerbescheid sei wegen Inanspruchnahme des falschen Steuerschuldners nichtig.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 2-3, § 114

 

Tatbestand

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) war Eigentümerin eines umfangreichen Grundvermögens, das aus in mehreren Bundesländern gelegenen Mietwohngrundstücken bestand. Über die in der Gemarkung A belegenen Grundstücke wurden in den Jahren 1979/80 von der Antragstellerin und ihrer Tochtergesellschaft, der der Grundbesitz veräußert worden war, mehrere notarielle Verkaufsangebote an die A-GmbH erteilt. Eine bei der Antragstellerin durchgeführte Steuerfahndungsprüfung kam zu dem Ergebnis, daß der Grundstückskaufvertrag zwischen der Antragstellerin und ihrer Tochtergesellschaft nicht durchgeführt worden sei, so daß es zu einer rechtswirksamen Grundstücksübertragung von der Antragstellerin auf diese nicht gekommen sei. Unbeschadet dessen habe die GmbH mit der Vermarktung der Grundstücke begonnen. Zwischen ihr und der Antragstellerin sei vereinbart worden, daß der unter ihnen für das gesamte Objekt ausgehandelte Kaufpreis in Höhe von DM . . . bis zum . . . Juni 1981 voll bezahlt werden solle, unabhängig davon, wieviele Wohnungen zu welchem Preis verkauft worden seien. Der durch die Vermarktung erzielte Gewinn solle der GmbH verbleiben. Darin sah die Steuerfahndung einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang i. S. von § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes Nordrhein- Westfalen (GrEStG NW).

Das damals zuständige Finanzamt (FA) X schloß sich den Feststellungen und der Rechtsauffassung der Steuerfahndung an und erließ einen Grunderwerbsteuerbescheid gegen die Antragstellerin über . . . DM (7 % vom Kaufpreis von . . . DM zuzüglich Maklerprovision von . . . DM). Über die Klage gegen den Grunderwerbsteuerbescheid und den bei ihm anhängigen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden.

Die Vollstreckung des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids im Wege der Pfändung von Bankguthaben der Antragstellerin führte zu Zahlungseingängen in Höhe von insgesamt . . . DM. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wurden die Pfändungsverfügungen am . . . Juni 1985 wieder aufgehoben. Zwischen dem damaligen Bevollmächtigten der Antragstellerin, Rechtsanwalt K, und der Oberfinanzdirektion (OFD) wurde aber vereinbart, daß der von den Drittschuldnern gezahlte Betrag vorerst als Tilgungsleistung beim FA verbleiben solle. Weiterhin wurden aufgrund der getroffenen Vereinbarung Grundschulden im Nennbetrag von . . .DM, die auf dem Grundbesitz einer Kommanditistin der Antragstellerin eingetragen waren, zur Sicherung der vorbezeichneten und anderer aus denselben Rechtsgründen gegen die Antragstellerin geltend gemachter Grunderwerbsteuerforderungen an das Land Nordrhein- Westfalen abgetreten. In Höhe des auf diese Weise gesicherten Teilbetrags von . . . DM wurde die Vollziehung des vorgenannten Grunderwerbsteuerbescheids vom FA ausgesetzt.

Mit ihrem im Juli 1987 beim FG gestellten Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung machte die Antragstellerin geltend, der gegen sie ergangene Grunderwerbsteuerbescheid sei nichtig, weil er sich an den falschen Adressaten wende. Das notarielle Angebot zum Abschluß von Kaufverträgen vom September 1979 habe nicht sie, sondern ihre Tochtergesellschaft abgegeben. Daher habe allenfalls diese den Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG NW verwirklicht. Der wegen Inanspruchnahme des falschen Steuerschuldners nichtige Verwaltungsakt habe ihr angesichts der bereits vorgenommenen Pfändungsmaßnahmen großen Schaden zugefügt. Ihre Kommanditistin bestehe auf Rückübertragung der abgetretenen Grundschulden. Die Zahlungsunfähigkeit der Antragstellerin stehe unmittelbar bevor, so daß nur durch eine schnelle Veränderung des bestehenden Unrechtszustandes der Konkurs abgewendet werden könne.

Die Antragstellerin beantragte, 1. die ihr abverlangten Sicherheiten - abgetretene Grundschulden auf dem Grundbesitz der Kommanditistin in Höhe von . . . DM - sofort an diese zurückzuübertragen, 2. die gepfändeten Beträge von insgesamt . . . DM an sie zurückzuüberweisen.

Das FG lehnte den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ab. Es führte aus, der Antrag sei nicht zulässig. Aus § 114 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ergebe sich, daß für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, wenn eine Aussetzung der Vollziehung in Betracht komme. Im Streitfall sei der Grunderwerbsteuerbescheid entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht nichtig, sondern allenfalls anfechtbar, so daß in der Hauptsache die Anfechtungsklage und als vorläufiger Rechtsschutz der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 FGO gegeben seien.

Die Antragstellerin habe keine Umstände vorgetragen, aus denen auf die Nichtigkeit des Grunderwerbsteuerbescheids geschlossen werden könne. Deshalb fehle es auch an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs. Die Inanspruchnahme der Antragstellerin durch den Grunderwerbsteuerbescheid sei nicht offensichtlich so fehlerhaft, daß der Bescheid nichtig sei. Durch den Hinweis des FA auf das Vertragsangebot ihrer Tochtergesellschaft an die GmbH vom September 1979 sei die Inanspruchnahme der Antragstellerin nicht ausgeschlossen. Denn die Antragstellerin sei zur Zeit der Abgabe dieses Angebots Eigentümerin der zum Kauf angebotenen Grundstücke gewesen. Der Kaufvertrag zwischen ihr und der Tochtergesellschaft sei nicht durchgeführt worden, und die Antragstellerin sei dem Verkaufsangebot der Tochtergesellschaft beigetreten. Ihre Inanspruchnahme erscheine deshalb nicht völlig unberechtigt, denn allein die Antragstellerin habe der GmbH die wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit i. S. von § 1 Abs. 2 GrEStG NW verschaffen können. Ob dieser Steuertatbestand tatsächlich gegeben sei, brauche im vorliegenden Verfahren nicht geprüft zu werden.

Mit der Beschwerde rügt die Antragstellerin, daß das FG in seiner ablehnenden Entscheidung nicht auf die durch Pfändung erlangten Beträge in Höhe von . . . DM eingegangen sei. Da diese als Zahlungen auf die Steuerschuld behandelt worden seien, bestehe die Gefahr, daß sie auch bei einer Entscheidung des FG, die die Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung gewähre, nicht an sie zurückerstattet würden. Es sei deshalb dringend erforderlich, daß durch den Erlaß einer einstweiligen Anordnung der Zustand vor den unrechtmäßigen Pfändungen wieder hergestellt werde, damit sie ihren Verpflichtungen nachkommen könne. In dem Verfahren gemäß § 69 FGO sei für die Wiederherstellung des alten Zustands kein Raum.

Mit den Pfändungen habe das FA gegen § 319 der Abgabenordnung (AO 1977) i. V. m. § 851 b der Zivilprozeßordnung (ZPO) verstoßen, denn es habe sich bei den gepfändeten Konten um Mietkonten und Mietnebenkonten gehandelt. Die darauf eingehenden Mieten und Nebenkosten würden benötigt, um den laufenden Kapitaldienst zu leisten und die Grundstücke zu bewirtschaften. Die Mißachtung der bestehenden Pfändungsschutzvorschriften werde nicht geheilt durch das nachträgliche Verhalten ihres damaligen Bevollmächtigten, Rechtsanwalt K. Dieser habe dem Verbleib der gepfändeten Mieteinnahmen bei der Finanzverwaltung nur notgedrungen unter dem Druck der laufenden Kontenpfändungen zugestimmt.

Der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund für den begehrten vorläufigen Rechtsschutz ergäben sich daraus, daß das FA mittels rechtswidriger Pfändungen höchst zweifelhafte Steuerforderungen realisieren wolle. Der streitbefangene Grunderwerbsteuerbescheid, den die Finanzverwaltung selbst als rechtlich zweifelhaft ansehe, sei zudem unter Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs erlassen worden. Sie sei durch die Pfändungsmaßnahme in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht, zumal nunmehr auch die Kommanditistin den Herausgabeanspruch auf die zur Sicherheit abgetretenen Grundschulden gegen sie geltend mache.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Durch Verordnung nach § 17 des Gesetzes über die Finanzverwaltung ist mit Wirkung vom 1. Januar 1988 - also während des Beschwerdeverfahrens - die Zuständigkeit des ursprünglich beteiligten FA X auf das FA Y dadurch übergegangen, daß das letztere FA für die Verwaltung der Grunderwerbsteuer für die Bezirke beider FÄ zuständig geworden ist (§§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 der Verordnung über die Zuständigkeiten der Finanzämter vom 16. Dezember 1987, BStBl I 1988, 47 ff., insbesondere 68). Damit kann und darf das FA X seine ihm bislang zustehende Verwaltungskompetenz nicht mehr ausüben; es hat seine Wahrnehmungszuständigkeit an das nunmehr zuständige FA Y verloren. Daraus folgt, daß das FA Y im Zeitpunkt der Zuständigkeitsveränderung in die Beteiligtenrolle des FA X eingetreten ist (gesetzlicher Parteiwechsel; vgl. Urteil des Senats vom 1. August 1979 VII R 115/76, BFHE 128, 251, BStBl II 1979, 714, m. w. N.; Gräber / von Groll, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 63 Rdnr. 6). Die Vorschriften des Beschwerdeverfahrens schließen den gesetzlichen Parteiwechsel nicht aus.

2. Das FG hat zutreffend entschieden, daß der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung im Streitfall unzulässig ist. Nach § 114 Abs. 5 FGO gelten die Vorschriften über den Erlaß einer einstweiligen Anordnung nicht für die Fälle des § 69 FGO. Die einstweilige Anordnung ist also gegenüber der Aussetzung der Vollziehung subsidiär. Das bedeutet, daß kein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung besteht, wenn eine Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO in Betracht kommt (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. Januar 1984 II B 35/83, BFHE 139, 508, BStBl II 1984, 210). Der von der Antragstellerin begehrte vorläufige Rechtsschutz - die Freigabe der zur Sicherung des Grunderwerbsteueranspruchs abgetretenen Grundschulden und die Rückzahlung der vom FA als Tilgungsleistung vereinnahmten . . . DM - kann im Wege der Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung des gegen sie ergangenen Grunderwerbsteuerbescheids erlangt werden.

a) Die Antragstellerin wendet sich gegen die Rechtmäßigkeit des Grunderwerbsteuerbescheids mit der Begründung, daß der vom FA angenommene Steuertatbestand (§ 1 Abs. 2 GrEStG NW) - jedenfalls durch sie - nicht verwirklicht worden sei. Sie hat demgemäß nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage beim FG erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist. Bei diesem Verfahren zur Hauptsache handelt es sich um eine Anfechtungsklage i. S. des § 40 Abs. 1 FGO, mit der als Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung korrespondiert (vgl. BFH-Beschluß vom 1. Oktober 1981 IV B 13/81, BFHE 134, 223, BStBl II 1982, 133, 134; Gräber/ Koch, a.a.O., § 69 Rdnr. 15; Tipke/ Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 114 FGO Tz. 2). Auch die Antragstellerin selbst geht von der Zulässigkeit eines Antrags auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 3 FGO aus. Denn sie hat mit Schriftsatz an das FG vom 19. Juni 1987 mit der Begründung, daß ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids bestünden und ihr die Leistung von Sicherheiten, die das FA bei seiner Aussetzung der Vollziehung verlangt hat, nicht zuzumuten sei, die Aussetzung der Vollziehung dieses Bescheids ohne Sicherheitsleistung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihre Klage beantragt. Ferner hat sie in diesem Verfahren die Anträge gestellt, die bereits vorgenommenen Pfändungs- und Vollstreckungsmaßnahmen bis zur Entscheidung über die Hauptsache aufzuheben und alles aus diesen Maßnahmen Erlangte an sie zurückzuerstatten.

Die im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach § 69 Abs. 3 FGO gestellten Anträge der Antragstellerin decken sich mit den Anträgen des vorliegenden Verfahrens, so daß für den Erlaß der begehrten einstweiligen Anordnung kein - weitergehendes - Rechtsschutzbedürfnis besteht. Für den Fall, daß dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung durch das FG entsprochen wird, wären die als Sicherheit für den Steueranspruch abgetretenen Grundschulden, die auf dem Grundbesitz der Kommanditistin eingetragen sind - hier in Höhe des nicht getilgten Restbetrages von . . . DM -, vom FA freizugeben. Einer Aufhebung der Pfändungsverfügungen bedarf es zwar nicht mehr - insoweit fehlt dem Antrag das Rechtsschutzbedürfnis -, weil diese vom FA bereits aufgehoben worden sind. Die aufgrund der Vereinbarung mit dem früheren Prozeßbevollmächtigten der Antragstellerin, Rechtsanwalt K, beim FA verbliebenen Zahlungen der Drittschuldner (Banken) in Höhe von insgesamt . . . DM stellen sich aber als freiwillige Tilgungsleistungen auf die Grunderwerbsteuerschuld dar. Auch hinsichtlich solcher freiwilliger Leistungen des Steuerschuldners kommt eine Aufhebung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 3 Satz 4 FGO in Betracht (BFH-Beschlüsse vom 22. Juli 1977 III B 34/74, BFHE 123, 112, BStBl II 1977, 838, und vom 29. November 1977 VII B 6/77, BFHE 124, 13, BStBl II 1978, 156; Gräber / Koch, a.a.O., § 69 Rdnr. 58). Das hat das FG bei der Auslegung der im Aussetzungsverfahren gestellten Anträge zu berücksichtigen. Die Antragstellerin kann demnach auch im Verfahren nach § 69 Abs. 3 FGO die begehrte Rückzahlung des vom FA vereinnahmten Betrages von . . . DM verlangen. Darin läge - ebenso wie in dem Erlaß einer einstweiligen Anordnung - eine nur vorläufige, auf die Zeit bis zur Entscheidung des Rechtsstreits in der Hauptsache beschränkte Rechtsschutzmaßnahme (vgl. Beschluß des Senats vom 22. Juli 1980 VII B 3/80, BFHE 131, 15, BStBl II 1980, 592). Zur Wiederherstellung des vor den Pfändungsmaßnahmen bestehenden Zustandes bedarf es somit entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht des Erlasses der begehrten einstweiligen Anordnung.

1b) Zu Recht hat das FG auch ausgeführt, daß die im vorliegenden Verfahren geltend gemachte Nichtigkeit des Grunderwerbsteuerbescheids die Zulässigkeit des Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung nicht zu begründen vermag. Nach der Rechtsprechung des BFH kann zwar unter den Voraussetzungen des § 114 FGO vorläufiger Rechtsschutz durch Erlaß einer einstweiligen Anordnung gewährt werden, wenn im Hauptsacheverfahren Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakt erhoben wird (BFHE 134, 223, BStBl II 1982, 133, 134; vgl. auch Tipke / Kruse, a.a.O., § 114 FGO Tz. 2, und Gräber / Koch, a.a.O., § 69 Rdnr. 5). Der als materielle Voraussetzung für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung glaubhaft zu machende Anordnungsanspruch (§ 114 Abs. 3 FGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) ist in diesem Falle der zur Hauptsache verfochtene Anspruch auf Feststellung der Nichtigkeit des Bescheids. Wie oben ausgeführt, hat die Antragstellerin aber den gegen sie ergangenen Grunderwerbsteuerbescheid mit der Anfechtungsklage angefochten. Ein der Entscheidung in BFHE 134, 223, BStBl II 1982, 133 vergleichbarer Sachverhalt liegt nicht vor, weil dort wegen der eingetretenen Bestandskraft des Verwaltungsakts als Hauptsacheverfahren nur noch die Klage auf Feststellung seiner Nichtigkeit - und damit als vorläufiger Rechtsschutz die einstweilige Anordnung - in Betracht kam. Der im vorliegenden Verfahren behauptete Nichtigkeitsgrund - Inanspruchnahme des falschen Steuerschuldners - stellt lediglich eine weitere Begründung für die von der Antragstellerin im Hauptverfahren geltend gemachte Rechtswidrigkeit des Steuerbescheids dar. Nach § 125 Abs. 1 AO 1977 ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offenkundig ist (zur Auslegung dieser Vorschrift vgl. BFHE 134, 223, BStBl II 1982, 133). Die Inanspruchnahme einer falschen (Rechts-)Person als Steuerschuldner kann schon deshalb keinen Nichtigkeitsgrund darstellen, weil es an der Offenkundigkeit dieses Fehlers mangelt. Der Senat nimmt im übrigen wegen der mangelnden Schlüssigkeit der von der Antragstellerin behaupteten Nichtigkeit des Bescheids auf die zutreffenden Ausführungen der Vorentscheidung Bezug.

Auf die Rechtswidrigkeit der Pfändungen kann für die Zulässigkeit des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens nach § 114 FGO im Streitfall schon deshalb nicht abgestellt werden, weil diese bereits vom FA am 20. Juni 1985 wieder aufgehoben worden sind. Eine Rückzahlung der Geldbeträge, die das FA aufgrund der Pfändungsmaßnahmen erlangt hat und die aufgrund anschließender Vereinbarung bei ihm verblieben sind, kann die Antragstellerin, wie oben ausgeführt, bereits im Wege der Aufhebung der Vollziehung des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids erreichen. Im übrigen stellen auch die Forderungspfändungen anfechtbare Verwaltungsakte dar, gegen deren nachteilige Rechtsfolgen die Antragstellerin mit Anträgen auf Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 3 FGO vorläufigen Rechtsschutz hätte erlangen können (vgl. Beschluß des Senats vom 16. November 1977 VII S 1/77, BFHE 123, 427, BStBl II 1978, 69; Gräber / Koch, a.a.O., § 69 Rdnr. 34; Tipke / Kruse, a.a.O., § 69 FGO Tz. 3, § 114 FGO Tz. 10; anderer Ansicht FG Münster, Beschluß vom 30. Oktober 1985 III 5122/85 V, Entscheidungen der Finanzgerichte 1986, 302).

 

Fundstellen

BFH/NV 1989, 36

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