Leitsatz (amtlich)

Teilt ein Richter des Finanzgerichts einem Verfahrensbeteiligten mit, die begehrte Akteneinsicht könne aus bestimmten Gründen nicht gewährt werden, liegt noch keine gerichtliche Entscheidung vor, gegen die dem Betroffenen die Beschwerde an dem Bundesfinanzhof zusteht.

 

Normenkette

FGO § 36 Nr. 2, § 128 Abs. 1

 

Tatbestand

Zwischen dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) und dem Beklagten und Beschwerdegegner (FA) schwebt vor dem FG ein Rechtsstreit darüber, ob der Kläger vom FA Auskunft aus den Steuerakten eines anderen Steuerpflichtigen - eines ehemaligen Rechtsanwalts B - verlangen könne.

Mit der Zustellung der Klageschrift wurde das FA um Übersendung der Vorgänge gebeten. Das FA legte daraufhin zwei Bände Steuerakten des Steuerpflichtigen B dem FG vor. Der Kläger beantragte unter Hinweis auf Vorschriften der ZPO und der VwGO Akteneinsicht. Ein Richter des FG teilte ihm unter dem 19. März 1974 mit, daß ihm vor dem Verhandlungstermin keine Akteneinsicht gewährt werden könne. In der mündlichen Verhandlung werde erst geklärt werden, ob der Antrag auf Akteneinsicht begründet sei.

Hiergegen legte der Kläger Beschwerde ein und machte geltend, mit seinen Anträgen auf Akteneinsicht solle das Prozeßergebnis keineswegs vorweggenommen werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

Die Ablehnung der Akteneinsicht zählt zwar nicht zu den prozeßleitenden Verfügungen, gegen die eine Beschwerde schon nach § 128 Abs. 2 FGO ausdrücklich entfällt. Gegen die Versagung der Akteneinsicht ist grundsätzlich die Beschwerde nach § 128 Abs. 1 FGO gegeben (Beschluß des BFH vom 29. September 1967 III B 31/67, BFHE 90, 312, BStBl II 1968, 82, und das dort angeführte Schrifttum).

Mit der Beschwerde können nach § 128 Abs. 1 FGO aber nur Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile oder Vorbescheide sind, und in bestimmten, hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen Entscheidungen des Vorsitzenden des Gerichts angegriffen werden. Die von nur einem Mitglied des FG verfaßte und unterzeichnete Mitteilung vom 19. März 1974 stellt noch keine Entscheidung des Gerichts über die Versagung der Akteneinsicht dar. Der Verfasser dieser Mitteilung versuchte dem Kläger darzulegen, aus welchen Gründen zu dem damaligen Zeitpunkt eine Akteneinsicht seiner Meinung nach nicht möglich sei. Wenn der Kläger meinte, diese Mitteilung nicht hinnehmen zu können, hätte er eine förmliche Entscheidung des Gerichts über seinen Antrag auf Akteneinsicht herbeiführen müssen. Diese Entscheidung hätte in der Besetzung von drei Berufsrichtern durch Beschluß ergehen müssen, weil anders Entscheidungen von Kollegialgerichten, zu denen auch die FG gehören, nicht zustande kommen können. Erst gegen eine derartige Entscheidung ist die Beschwerde nach § 128 Abs. 1 FGO möglich und nur für eine solche Beschwerde wird die sachliche Zuständigkeit des BFH nach § 36 Nr. 2 FGO begründet.

In der von drei Richtern des FG unterzeichneten Entschließung, daß der Beschwerde des Klägers nicht abgeholfen wird, ist ebenfalls keine selbständige und beschwerdefähige Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Akteneinsicht getroffen worden.

Nichtabhilfebescheide rechnen nicht zu den Entscheidungen im Sinne des § 128 Abs. 1 FGO, weil sie keine neue und selbständige Beschwer erzeugen können (BFH-Beschluß vom 26. April 1972 II B 31/72, BFHE 105, 333, BStBl II 1972, 575).

 

Fundstellen

BStBl II 1974, 716

BFHE 1975, 94

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