Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzureichende Bevollmächtigung durch die Gesellschafter einer GbR

 

Leitsatz (NV)

1. Hat von einer GbR nur einer der (hier: beiden) lediglich gemeinschaftlich vertretungsberechtigten Gesellschafter Prozeßvollmacht erteilt, liegt keine wirksame Bevollmächtigung vor.

2. Der (angebliche) Prozeßbevollmächtigte kann zwar die von ihm eingelegte Revision wirksam zurücknehmen; er hat jedoch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

 

Normenkette

BGB § 709 Abs. 1, § 714; FGO § 62 Abs. 3, § 136 Abs. 2

 

Tatbestand

Im finanzgerichtlichen Verfahren war in der Sache streitig, ob der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) Investitionszulage nach § 19 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) zu gewähren war.

Die Klage war von dem Rechtsanwalt S als solche "der Herren A und B als Mitgesellschafter der atypisch stillen Gesellschaft A und B" eingereicht worden. Die von S vorgelegte Prozeßvollmacht war lediglich von Herrn A unterzeichnet.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage wegen unzureichender Bevollmächtigung des S als unzulässig ab. Dabei ging es davon aus, daß die Klage von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts A und B (GbR), vertreten durch die Gesellschafter, erhoben worden sei. Die Kosten des Klageverfahrens erlegte das FG S auf, da dieser nicht wirksam bevollmächtigt gewesen sei. Angesicht der bestehenden Gesamtvertretung hätte die Prozeßvollmacht auch vom Gesellschafter B unterzeichnet werden müssen.

Gegen dieses Urteil legte S unter Bezeichnung des Rechtsstreits als solchen "der Herren A und B als Mitgesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts A und B gegen ... " Revision ein, die er mit Schriftsatz vom 13. August 1996 jedoch wieder zurücknahm.

Eine Prozeßvollmacht des Mitgesellschafters B reichte S trotz zweimaliger Aufforderung durch die Geschäftsstelle des Senats (vom 7. August und vom 23. September 1996) nicht ein.

 

Entscheidungsgründe

1. Das Revisionsverfahren ist einzustellen, da S das Rechtsmittel -- auch als vollmachtloser Vertreter (s. dazu unten Nr. 2) -- wirksam zurückgenommen hat (s. hierzu z. B. Koch in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 62 Anm. 66, mit weiteren Hinweisen). Der Senat trifft diese Feststellung durch förmlichen Beschluß, da er über die Kostentragung ohnedies durch Beschluß zu entscheiden hat (s. Senatsbeschluß vom 17. Juli 1991 III R 226/90, BFH/NV 1991, 833).

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat allein S zu tragen. Er hat das Rechtsmittel eingelegt, ohne dazu bevollmächtigt gewesen zu sein.

Der Senat geht zunächst -- wie vor ihm auch schon das FG für das Klageverfahren -- davon aus, daß Rechtsmittelführerin die GbR als solche sein sollte und nicht etwa deren Gesellschafter A und B persönlich. Für diese Annahme spricht insbesondere, daß auch nur die GbR, und nicht ihre Gesellschafter, gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 BerlinFG (investitionszulagen-)anspruchsberechtigt gewesen wäre. Die möglicherweise anders lautende Formulierung in der Revisionsschrift steht dieser Annahme nicht entgegen (§ 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --; vgl. auch von Groll in Gräber, a. a. O., Vor § 33 Anm. 14f.).

Mangels besonderer abweichender Vereinbarungen stand die Geschäftsführung der GbR beiden Gesellschaftern gemäß § 709 Abs. 1 BGB nur gemeinschaftlich zu und waren die Gesellschafter demnach auch nur gemeinschaftlich i. S. von § 714 BGB zur Vertretung nach außen berechtigt. Dies hat zur Folge, daß S erst dann ausreichend bevollmächtigt gewesen wäre, wenn auch der Gesellschafter B die beim FG eingereichte Vollmachtsurkunde unterzeichnet hätte oder den Aufforderungen der Geschäftsstelle des Senats nachgekommen wäre und eine zusätzliche Vollmachtsurkunde eingereicht hätte (s. hierzu z. B. den Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 6. Oktober 1987 VIII R 330/83, BFH/NV 1988, 184).

Dafür, daß der Gesellschafter B den Gesellschafter A intern ermächtigt hätte, auch für ihn zu handeln, ergeben sich keine Anhaltspunkte.

Schließlich kommen auch die Grundsätze, die bei Revisionen von Ehegatten gelten, wenn nur ein Ehegatte Prozeßvollmacht erteilt hat (s. hierzu z. B. BFH-Beschlüsse vom 29. März 1983 VIII R 140/82, nicht veröffentlicht -- NV --, und vom 15. Dezember 1983 VIII R 183/83, NV) im Streitfall nicht zur Anwendung. Denn anders als dort haben im Streitfall nicht die beiden Gesellschafter persönlich Revision eingelegt. Rechtsmittelführerin ist trotz der (möglicherweise) unzutreffenden Bezeichnung in der Revisionsschrift die Gesellschaft als solche.

Dies führt dazu, daß S die Kosten des Revisionsverfahrens allein zu tragen hat (s. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1988, 184, und in BFH/NV 1991, 833).

 

Fundstellen

BFH/NV 1997, 605

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