Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert bei Streitigkeiten, die die Aussetzung von Gewinnfeststellungsbescheiden betreffen

 

Leitsatz (NV)

1. In Verfahren, in denen es um die Aussetzung der Vollziehung von Gewinnfeststellungsbescheiden geht, wird der Wert des Streitgegenstandes grundsätzlich mit 10 v. H. des Betrages angesetzt, um den in der Hauptsache gestritten wird.

2. Betrifft die Hauptsache die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften, so wird der Streitwert hierfür nach einem Vomhundertsatz des streitigen Gewinns oder Gewinnanteils bemessen.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 5; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt - zusammen mit dem Beigeladenen - eine Gemeinschaftspraxis für Allgemeinmedizin. Im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus dieser freiberuflichen Tätigkeit machte er für die Streitjahre 1976 bis 1979 Gewinnminderungen als Folge von Rücklagen gemäß § 1 Abs. 1 des Entwicklungsländer-Steuergesetzes (EntwLStG) geltend.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte die beantragten Gewinnminderungen in den Bescheiden über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Praxiseinkünfte ab.

Nachdem der Kläger gegen die Bescheide Einsprüche eingelegt hatte, beantragte er beim FA, deren Vollziehung auszusetzen. Diesen Antrag lehnte das FA mit Bescheid vom 24. November 1981 ab. Beschwerde und Klage hatten keinen Erfolg.

Mit der Revision vertritt der Kläger die Auffassung, daß sein Aussetzungsbegehren zu Unrecht abgelehnt worden sei.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und die Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, weil die für die Zulässigkeit der Revision erforderliche Höhe des Streitwerts nicht erreicht sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig.

Da das FG die Revision nicht zugelassen hat und auch kein Fall der zulassungsfreien Revision (vgl. § 116 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) gegeben ist, hätte die Revision nur statthaft sein können, wenn der Wert des Streitgegenstandes 10 000 DM überstiegen hätte (§ 115 Abs. 1 FGO i. V. m. Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -). Dies ist hier nicht der Fall.

In Verfahren, in denen es um die Aussetzung der Vollziehung eines Abgabenbescheides geht, wird der Wert des Streitgegenstands grundsätzlich mit 10 v. H. des Betrags angesetzt, um den im Hauptsacheverfahren gestritten wird (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16. März 1976 VII E 4/75, BFHE 118, 298, BStBl II 1976, 385).

Betrifft der Streit in der Hauptsache die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften, so wird der Wert eines solchen Hauptsachestreits nach einem Vomhundertsatz des strittigen Gewinns oder Gewinnanteils bemessen (BFH-Beschluß vom 11. September 1975 IV B 22/71, BFHE 116, 530, BStBl II 1976, 22). Dieser Satz beträgt in der Regel 25 v.H.; er ist bei hohen Gewinnanteilen angemessen zu erhöhen (BFH-Urteil vom 15. November 1967 IV R 139/67, BFHE 90, 399, BStBl II 1968, 152).

Der in der Hauptsache streitige Teil des Gewinns betrug in der Revisionsinstanz:

1976 40 081 DM,

1977 40 000 DM,

1978 50 000 DM und

1979 30 853 DM

insgesamt 160 934 DM.

Auf den hiernach streitigen Gewinnbetrag von 160 934 DM ist zur Ermittlung des Hauptsachestreitwerts ein Pauschsatz von 35 v. H. anzuwenden; das ergibt einen Wert von (160 934 DM x 35 v. H. =) 56 326 DM. Der im Aussetzungsverfahren anzusetzende Streitwert beträgt 10 v. H. hiervon, also 5 632 DM.

Der vom FA in seinem Schriftsatz vom 14. November 1984 vorgenommenen Berechnung des Streitwerts, die nicht von den Grundsätzen über die Anwendung von Pauschsätzen auf die strittigen Gewinnbeträge, sondern von der genauen Auswirkung der jeweils streitigen Gewinnminderung auf die Festsetzung der Einkommensteuer ausgeht, vermag der Senat nicht zu folgen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sollen bei der Streitwertbemessung für Verfahren, die die einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns betreffen, die oft schwierigen Einzelberechnungen der tatsächlichen einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen grundsätzlich ausgeschlossen werden (Beschluß in BFHE 116, 530, BStBl II 1976, 22).

Auch der Auffassung des Klägers, bei der Bemessung des Streitwerts seien die Auswirkungen der Rücklagenbildung auf die Zeit nach den Streitjahren zu berücksichtigen, konnte nicht gefolgt werden. Für den Streitwert sind ausschließlich die - durch die Sachanträge gekennzeichneten - Gewinnunterschiede der Streitjahre maßgebend. Gewinnauswirkungen für spätere Jahre haben außer Betracht zu bleiben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414252

BFH/NV 1987, 453

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