Entscheidungsstichwort (Thema)

Provisionen für Anwerbungen zur Beteiligung an einem Schneeballsystem

 

Leitsatz (NV)

Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, daß "Provisions"-Überschüsse für Anwerbungen zur Beteiligung am "Unternehmensspiel Life" jedenfalls als Einkünfte aus sonstigen Leistungen zu versteuern sind.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2, § 22 Nr. 3; FGO § 69 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Antragstellerin beteiligte sich ab Ende 1993 an dem "Unternehmensspiel Life". Der Veranstalter bot als Spielleiter die Mitgliedschaft in der Spielgemeinschaft gegen Zahlung eines Beitrags von 6 500 DM an. Die Mitglieder waren berechtigt, weitere Mitglieder zu werben. An den Beiträgen der von ihnen geworbenen Mitglieder waren sie beteiligt. Für die ersten drei geworbenen Mitspieler erhielt der Werbende je 1 500 DM, für jeden weiteren geworbenen Mitspieler jeweils 1 000 DM. Außerdem bekam der Werbende einen Anteil von den Beiträgen der geworbenen Mitglieder, die zu seinem "Stamm" gehörten. Dies waren alle neuen Mitglieder, deren Mitgliedschaft auf das (Vor-)Mitglied zurück geführt werden konnte. Der Veranstalter unterstützte die Anwerbungen durch seine Organisation. Es fanden Informationsveranstaltungen statt, bei denen das System vorgestellt und versucht wurde, die Anwesenden für eine Teilnahme zu gewinnen. Die neuen Mitglieder überwiesen ihre Beiträge auf ein Konto des Veranstalters. Dieser zahlte die "Provisionen" von diesem Konto per Scheck an die Mitspieler aus.

Die Antragstellerin erhielt aufgrund ihrer Beteiligung an dem Unternehmensspiel im Streitjahr 1994 Zahlungen in Höhe von ... DM. Sie ermittelte daraus einen Gewinn von ... DM und erklärte diesen im Rahmen der Einkommensteuer 1994 als Gewinn aus Gewerbebetrieb. Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) führte die Veranlagung erklärungsgemäß durch.

Gegen den Einkommensteuerbescheid 1994 vom 10. August 1995 legten die Antragsteller mit der Begründung Einspruch ein, daß es sich bei den Zahlungen an die Antragstellerin nicht um Provisionen, sondern um steuerfreie Spielgewinne handele. Außerdem beantragten sie, die Vollziehung des Bescheids auszusetzen. Nach Ablehnung des Antrags durch das FA beantragten sie beim Finanzgericht (FG) Aussetzung der Vollziehung.

Das FG lehnte den Aussetzungsantrag ebenfalls ab. Zur Begründung seiner Entscheidung verwies es auf die Ausführungen des FG Münster in den Beschlüssen vom 4. Juli/28. November 1995 13 V 1961/95 E, 2342/95 G, 3276/95 E, G (veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 267). Gegen seinen ablehnenden Beschluß hat das FG die Beschwerde zugelassen.

Mit ihrer Beschwerde tragen die Antragsteller im wesentlichen vor: Bei den Einnahmen der Antragstellerin handele es sich um Spielgewinne, da ihre Höhe nicht von dem Einsatz des Mitspielers abhänge, sondern im wesentlichen dem Zufall überlassen sei. Der Mitspieler könne lediglich andere Leute dazu gewinnen, zu den Informationsveranstaltungen mitzugehen. Eigene Werbung betreibe der Mitspieler regelmäßig nicht. Erst auf der Informationsveranstaltung würden andere Mitspieler durch den Spielleiter überzeugt, an dem Spiel teilzunehmen. Der Mitspieler habe auch ein Verlustrisiko, da er selbst es nicht sicherstellen könne, den geleisteten Spieleinsatz überhaupt wieder hereinzubekommen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Es verweist auf den Beschluß des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. Juni 1996 X B 15/96 (BFH/NV 1996, 743), nach dem keine ernstlichen Zweifel bestehen, daß die im Rahmen des Unternehmensspiels erhaltenen Zahlungen der Einkommensbesteuerung unterliegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung bestehen an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids keine ernstlichen Zweifel, die nach § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen könnten.

Der Senat hat zwar ernstliche Zweifel, ob -- wie vom FG angenommen -- der Überschuß, den die Antragstellerin aus ihrer Teilnahme an dem Unternehmensspiel im Streitjahr erzielt hat, einen gewerblichen Gewinn darstellt. Allerdings handelt es sich bei summarischer Beurteilung dabei um Einkünfte aus sonstigen Leistungen i. S. des § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes, die der Einkommensteuer unterliegen. Der Senat folgt insoweit der Auffassung des X. Senats des BFH und verweist hinsichtlich der Begründung auf den Beschluß in BFH/NV 1996, 743, der den Antragstellern und dem FA bekannt ist.

Anders als bei den nicht steuerbaren Einnahmen aus einem reinen Glücksspiel sind die Einnahmen aus dem Unternehmensspiel als Entgelt für eine -- neben dem Geldeinsatz -- von den Teilnehmern erbrachte Leistung anzusehen. Diese Leistung liegt in der Anwerbung weiterer Mitspieler. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Antragsteller weder auf die Intensität des Werbeeinsatzes noch darauf an, durch welchen weiteren Umstand neue Mitspieler letztlich überzeugt werden, ihrerseits an dem Unternehmensspiel teilzunehmen. Die entscheidende Leistung liegt in der Anwerbung neuer Interessenten zur Teilnahme an den Informationsveranstaltungen. Entschließt sich eine Person aus dem Interessentenkreis, bei dem Unternehmensspiel mitzumachen, erhält der Mitspieler, auf den die Anwerbung zurückzuführen ist, aus dem Spieleinsatz des neuen Mitspielers sein "Erfolgshonorar".

 

Fundstellen

BFH/NV 1997, 658

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