Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Vertretungszwang für einen Antrag an den BFH auf Prozeßkostenhilfe für eine Revision; Verfahrensmäßige Trennung von vorläufiger und endgültiger Grunderwerbsteuerbefreiung

 

Leitsatz (NV)

1. Bei einem Antrag an den BFH auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe für eine Revision braucht der Antragsteller ausnahmsweise nicht durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten zu sein, wie Art. 1 Nr. 1 BFH-EntlG dies grundsätzlich vorschreibt.

2. Vorläufige Steuerbefreiung und endgültige Steuerbefreiung bzw. Nacherhebung der Steuer im Rahmen der Grunderwerbsteuerbefreiung für den Erwerb von Wohnraum erfolgen in getrennten Verfahren; hat das FA die vorläufige Steuerbefreiung zu Unrecht gewährt, so ist das demnach kein verfahrensrechtliches Hindernis für die Nacherhebung der Steuer.

 

Normenkette

BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; GrEStEigWoG § 1 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2

 

Tatbestand

Der Antragsteller begehrt Prozeßkostenhilfe für die Revision gegen ein Urteil des Finanzgerichts (FG).

Der Antragsteller hatte am 5. August 1977 für . . . DM ein früher landwirtschaftlich genutztes Anwesen gekauft. Antragsgemäß hatte das Finanzamt (FA) nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen vom 11. Juli 1977 (GrEStEigWoG) den Erwerb insoweit freigestellt, ,,als die Gegenleistung auf das Wohnhaus mit Umgriff entfällt". Diese Gegenleistung errechnete das FA auf . . . DM; danach verblieb eine Gegenleistung von . . . DM, von welcher das FA . . . DM Steuer berechnete und mit Bescheid vom 7. Dezember 1977 festsetzte.

Am 18. August 1980 veräußerte der Antragsteller das vorgenannte Grundstück weiter. Das FA erhob die Steuer - soweit sie auf die Gegenleistung von . . . DM entfiel - gemäß § 3 GrEStEigWoG nach mit der Begründung, das Vertragsobjekt habe während der Benutzung durch den Antragsteller nicht zu mehr als 66 2/3 v.H. Wohnzwecken gedient. Laut Einkommensteuererklärung 1978 des Antragstellers sei es zu 45 v.H. gewerblich vermietet gewesen.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg

Die Klage hat das FG abgewiesen.

 

Entscheidungsgründe

1. Der Antrag, mit welchem der Antragsteller Prozeßkostenhilfe für die Revision gegen das FG-Urteil begehrt, ist zulässig. Im vorliegenden Verfahren braucht der Antragsteller (ausnahmsweise) nicht durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten zu sein, wie Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) dies grundsätzlich vorschreibt (vgl. den Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Juli 1985 V S 3/85, BFHE 143, 528, BStBl II 1985, 499).

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung - nämlich die Revision gegen das FG-Urteil - bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -, § 114 der Zivilprozeßordnung - ZPO -).

Nach Auffassung des FG hat das erworbene Gebäude nicht - wie § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 GrEStEigWoG voraussetzen - dem Antragsteller ein Jahr lang ununterbrochen zu mehr als 66 2/3 v.H. zu Wohnzwecken gedient. Das FG-Urteil läßt keinen Rechtsfehler erkennen, welcher in einem Revisionsverfahren zu seiner Aufhebung führen könnte. Daß selbst bei uneingeschränkter, also durch die Regeln des Revisionsrechts nicht begrenzter Überprüfung des Falles keine Erfolgsaussichten für den Kläger bestehen, hat der Senat bereits in seinem Beschluß vom 9. April 1986 II S 7/86 ausgeführt. Er hat dort (S. 6 der Beschlußausfertigung) auch darauf hingewiesen, daß es zweifelhaft sei, ob das vom Antragsteller erworbene landwirtschaftliche Anwesen überhaupt noch als Einfamilienhaus oder Zweifamilienhaus i.S. des GrEStEigWoG angesehen werden könne. Aus dieser Äußerung des BFH kann der Antragsteller jedoch keine Rechte herleiten, wie er offenbar meint. Unrichtig ist daher seine jetzt in der Begründung des Antrages auf Prozeßkostenhilfe vertretene Auffassung, die Vorentscheidungen, welche das erworbene landwirtschaftliche Anwesen als Einfamilienhaus angesehen hätten, seien ,,von Anfang an nichtig" und müßten daher aufgehoben werden. Der Senat hat in der Entscheidung II S 7/86 darauf hingewiesen, daß dieser eventuelle Fehler die Nacherhebung der Steuer, um die es hier geht, nicht hindern würde (BFH-Urteil vom 13. Februar 1985 II R 74/82, BFHE 143, 163, BStBl II 1985, 374).

Unter diesen Umständen kommt es nicht mehr darauf an, daß der Antragsteller seinem Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe auch keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beigefügt hat, wie dies durch § 142 Abs. 1 FGO und § 117 Absätze 2 und 4 ZPO vorgeschrieben ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415144

BFH/NV 1988, 740

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