Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

§§ 4, 28 GewStG geben den Gemeinden, in deren Bereich sich Betriebstätten befinden, keinen unbedingten Anspruch auf Beteiligung an dem Gewerbesteuermeßbetrag.

Die Anwendung der im § 29 GewStG vorgesehenen Zerlegungsmaßstäbe führt nicht schon dann zu einem im Sinne des § 33 GewStG offenbar unbilligen Ergebnis, wenn dabei eine Gemeinde unberücksichtigt bleibt, in der sich nur eine Betriebstätte von geringer Bedeutung befindet.

 

Normenkette

GewStG §§ 4, 28, 29 Abs. 1 Ziff. 2, § 33

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtige (Stpfl.) betreibt die Werbung für andere Unternehmer auf Plakatsäulen und Plakatflächen, die sie in zahlreichen Gemeinden unterhält. Auch im Bereiche der Beschwerdeführerin (Bfin.) befinden sich derartige Einrichtungen der Stpfl. Das Finanzamt hat den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag der Stpfl. für das Jahr 1953 gemäß § 29 Abs. 1 Ziff. 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) nach dem Maßstab der Arbeitslöhne zerlegt. In einer Reihe von Gemeinden, zu denen auch die Bfin. gehört, hat die Stpfl. keine dort wohnhaften Arbeitnehmer beschäftigt, sondern die an ihren Einrichtungen vorzunehmenden Arbeiten durch auswärts - im Falle der Bfin. in der Sitzgemeinde - wohnende Arbeitnehmer vornehmen lassen. Daher ist bei der nach § 29 Abs. 1 Ziff. 2 GewStG erfolgten Zerlegung auf die Bfin. kein Anteil entfallen. Die Bfin. wünscht eine Zerlegung nach dem Verhältnis der auf die einzelnen Betriebstätten entfallenden Einnahmen oder nach der Anzahl der in den einzelnen Betriebstättengemeinden befindlichen Anschlagstellen. Die Zerlegung, nach dem Maßstab der Arbeitslöhne führe zu einem offenbar unbilligen Ergebnis im Sinne von § 33 GewStG. Im § 28 GewStG sei die Vornahme einer Zerlegung vorgeschrieben, wenn sich in mehreren Gemeinden Betriebstätten eines Steuerpflichtigen befänden. Mit diesem Grundsatz sei die Anwendung eines Zerlegungsmaßstabes nicht zu vereinbaren, bei der eine Gemeinde, in der sich Betriebstätten des Steuerpflichtigen befänden, von der Verteilung ausgeschlossen bleibe.

Die Oberfinanzdirektion hat die Beschwerde der Gemeinde gegen der Zerlegungsbescheid unter Hinweis auf die Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI B 9/42 vom 19. August 1942 (Reichssteuerblatt 1942 S. 908) als unbegründet zurückgewiesen. § 33 GewStG sei eng auszulegen. Nach dem das Zerlegungsverfahren beherrschenden äquivalenzprinzip führe die Anwendung des im § 29 Abs. 1 Ziff. 2 GewStG vorgesehenen Zerlegungsmaßstabs nicht zu einem offenbar unbilligen Ergebnis, weil der Bfin. keine Belastung infolge des Wohnens von Arbeitnehmern der Stpfl. in ihrem Bereich erwachsen würden. Daß der Bfin. durch das Vorhandensein der Einrichtungen der Stpfl. Lasten anderer Art entstünden, habe sie nicht vorgetragen. Mit Rücksicht auf die praktische Durchführbarkeit des Verfahrens seien im Gesetz Zerlegungsmaßstäbe vorgesehen, mit denen sich nur ein rohes Ergebnis erzielen lasse.

 

Entscheidungsgründe

Auch die weitere Beschwerde vermag nicht zum Erfolg zu führen.

Zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, daß die Stpfl. durch die Plakatsäulen und Anschlagtafeln in den Gemeinden, in denen sie aufgestellt sind, Betriebstätten im Sinne des § 16 Abs. 2 Ziff. 2 des Steueranpassungsgesetzes unterhält (vgl. Blümich-Boyens-Steinbring-Klein, 6. Aufl. Anm. 72 zu § 2 GewStG und Abschn. 24 Abs. 4 der Gewerbesteuer-Richtlinien 1951). Damit unterliegt die Stpfl. grundsätzlich der Gewerbesteuer in allen diesen Gemeinden nach § 4 GewStG. Die Gewerbesteuer ist in jeder Gemeinde nach dem Teil des Steuermeßbetrags zu erheben, der auf sie bei der nach §§ 28 ff. GewStG durchzuführenden Zerlegung entfällt. Aus § 28 GewStG läßt sich aber nicht entnehmen, daß jeder Gemeinde auch bei noch so geringer Bedeutung einer in ihrem Bereich befindlichen Betriebstätte ein Anspruch auf Beteiligung an dem einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag zusteht.

Nach der Wesensart des Betriebes der Stpfl. ist für die Zerlegung der Maßstab des § 29 Abs. 1 Ziff. 2 GewStG grundsätzlich vorgesehen. Nur wenn die Anwendung dieses Maßstabes zu einem offenbar unbilligen Ergebnis führt, ist gemäß § 33 GewStG nach einem anderen Maßstab zu zerlegen, der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt. Der Vorinstanz ist darin zuzustimmen, daß § 33 GewStG eng auszulegen und nur in Ausnahmefällen anzuwenden ist. Die Voraussetzungen des § 33 GewStG sind nicht bereits gegeben, wenn eine Betriebstättengemeinde bei der Anwendung des Maßstabs des § 29 unberücksichtigt bleibt. Es muß hinzukommen, daß dieses Ergebnis für sie offenbar unbillig ist. Die Erwägungen, aus denen die Vorinstanz für die Bfin. das Vorliegen einer offenbar Unbilligkeit unter Hinweis auf das äquivalenzprinzip verneint hat, sind nicht zu beanstanden (vgl. Blümich-Boyens-Steinbring-Klein, Anm. 3 zu § 33 GewStG, Hartmann-Kirmse, "Gewerbesteuer", Forkel-Verlag - II B Sammelnachträge Ziff. 97). Das Ergebnis der Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrags der Stpfl. kann nicht als für die Bfin. offenbar unbillig im Sinne des § 33 GewStG angesehen werden.

 

Fundstellen

BStBl III 1958, 379

BFHE 67, 275

StRK, GewStG:28 R 4

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